Ausgabe August 2004

Volksbefragung als Gründungsakt

Die Wahlen zum Europäischen Parlament (EP) litten aufgrund nationaler Selbstbefangenheit an europapolitischer Themenarmut. Daher kam vielen Politikern die Debatte über eine Volksabstimmung zur ausgearbeiteten, aber noch nicht ratifizierten europäischen Verfassung gerade recht. Bedauerlich für die viel beschworene Demokratiefrage der Europäischen Union (EU) ist allerdings, dass die plakative Zuspitzung auf ein Ja oder Nein zu einer Verfassung völlig unangemessen erscheint. Denn: Eine Volksabstimmung ist eine höchst bedeutsame Form demokratischer Legitimation und Partizipation; sie beansprucht und symbolisiert wie kein anderes demokratisches Verfahren die republikanische Verbundenheit der Bürgerinnen und Bürger und muss als Grundsatzdebatte über die Demokratie und die Staatsziele behandelt werden. Die Debatte um ihre Angemessenheit im simplen Schema eines auch noch parteipolitisch okkupierten "dafür" oder "dagegen" verunglimpft die demokratische Bedeutung, die eine solch anspruchsvolle Willensäußerung des Souveräns hat.

Im Allgemeinen vollzieht das Volk durch repräsentative Verfahren (Wahlen) die demokratische Legitimation der Politik.

Sie haben etwa 10% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 90% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (1€)
Digitalausgabe kaufen (10€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe Oktober 2025

In der Oktober-Ausgabe wertet Seyla Benhabib das ungehemmte Agieren der israelischen Regierung in Gaza als Ausdruck einer neuen Ära der Straflosigkeit. Eva Illouz ergründet, warum ein Teil der progressiven Linken auf das Hamas-Massaker mit Gleichgültigkeit reagiert hat. Wolfgang Kraushaar analysiert, wie sich Gaza in eine derart mörderische Sackgasse verwandeln konnte und die Israelsolidarität hierzulande vielerorts ihren Kompass verloren hat. Anna Jikhareva erklärt, warum die Mehrheit der Ukrainer trotz dreieinhalb Jahren Vollinvasion nicht zur Kapitulation bereit ist. Jan Eijking fordert im 80. Jubiläumsjahr der Vereinten Nationen mutige Reformen zu deren Stärkung – gegen den drohenden Bedeutungsverlust. Bernd Greiner spürt den Ursprüngen des Trumpismus nach und warnt vor dessen Fortbestehen, auch ohne Trump. Andreas Fisahn sieht in den USA einen „Vampirkapitalismus“ heraufziehen. Und Johannes Geck zeigt, wie rechte und islamistische Rapper Menschenverachtung konsumierbar machen.

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema