Ausgabe August 2008

G 8 zu Umwelt und Klimaschutz

Aus der Zusammenfassung des Gipfels von Toyako vom 9. Juli 2008 (Auszug)

Ein Jahr nach dem G8-Gipfel im mecklenburgischen Heiligendamm versammelten sich die Regierungschefs der sieben führenden Industriestaaten und Russlands vom 7. bis 9. Juli turnusgemäß im japanischen Toyako. Neben den Themen Handel, Nahrungsmittelpreise und die Situation in Simbabwe stand die Klimapolitik im Mittelpunkt der Gespräche. Dabei wurde erneut lediglich eine unverbindliche Absichtserklärung abgegeben, nämlich die CO2-Emissionen bis 2050 um 50 Prozent zu reduzieren. Gleichzeitig priesen die Staatschefs die Atomenergie und kritisierten den deutschen Ausstiegsbeschluss (vgl. hierzu auch den Beitrag von Michael Krätke in diesem Heft).

Die öffentlichen Reaktionen in Deutschland fielen fast durchweg kritisch aus. „Wenig politische Bindungskraft für eine konkrete Reduzierung“, monierte die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“. Das globalisierungskritische Netzwerk Attac sprach von einer „dreisten Propagandashow für die Öl- und Atomindustrie“ und „einer aggressiven Politik zugunsten der kurzfristigen Gewinninteressen großer Konzerne“.

Wir dokumentieren im Folgenden die Passage über Umwelt und Klimapolitik aus der „Chair’s Summary“ des Gipfels in eigener Übersetzung. – D. Red.

Wir streben danach, mit allen Teilnehmern der UN-Klimarahmenkonvention (United Nations Framework Convention on Climate Change, UNFCCC) die Vision zu teilen, gemeinsam im Rahmen der UNFCCC-Verhandlungen das Ziel zu prüfen und zu beschließen, wonach bis 2050 eine Reduktion globaler Emissionen um mindestens 50 Prozent erreicht werden soll. Dabei ist zu berücksichtigen, dass dieser globalen Herausforderung nur mit einer globalen Antwort begegnet werden kann, speziell durch den Beitrag aller entwickelten Industrienationen und übereinstimmend mit dem Prinzip gemeinsamer, aber differenzierter Verantwortung und entsprechender Leistungsfähigkeiten. Grundlegender Fortschritt in Richtung eines solchen langfristigen Ziels erfordert die Beschleunigung der Entwicklung existierender Technologien und ist abhängig von der Entwicklung und dem Einsatz von Technologien mit geringem Kohlendioxidausstoß.

Wir verstehen, dass sich das Verhalten der entwickelten Industrienationen von dem der großen Entwicklungsländer unterscheiden wird. In dieser Hinsicht erkennen wir unsere Führungsrolle an und beabsichtigen ambitionierte, gesamtwirtschaftliche, mittelfristige Ziele zu implementieren, um einen absoluten Rückgang der Emissionen zu erreichen und, wo zutreffend, zuerst den Anstieg der Emissionen so bald wie möglich zu beenden, entsprechend den vergleichbaren Anstrengungen aller entwickelter Industrienationen und unter Beachtung ihrer national unterschiedlichen Bedingungen. Wir werden auch dabei helfen, die Reduktionspläne großer Entwicklungsländer mit Hilfe von Technologie, Finanzierung und Kapazitätenschaffung zu unterstützen. Zugleich müssen sich alle Volkswirtschaften zu bedeutenden Reduktionsmaßnahmen verpflichten, die in internationalen, bis Ende 2009 auszuhandelnden Verträgen verankert werden, um ein effektives und ambitioniertes globales Klimaregime nach 2012 zu garantieren. Unter anderem können sektorale Ansätze hilfreiche Instrumente sein, um nationale Ziele zur Emissionsreduktion zu erreichen.

Wir haben verschiedene Themen wie die Verbesserung der Energieeffizienz, verstärkte Nutzung sauberer Energien, Anpassung, Technologie, Finanzen, marktgesteuerte Mechanismen und Zollnachlässe besprochen. Im Bezug auf Energieeffizienz begrüßen wir die neuerliche Entscheidung, die Internationale Partnerschaft für Energieeffizienz (International Partnership for Energy Efficiency Cooperation, IPEEC) zu gründen. Mit Blick auf erneuerbare Energien betonen wir die Bedeutung der nachhaltigen Produktion und Verwendung von Biotreibstoffen, inklusive wissenschaftlicher Standards und Indikatoren. Zudem haben wir uns verpflichtet, die Erforschung und Entwicklung von Biotreibstoffen der zweiten Generation voranzutreiben. Hinsichtlich der Kernenergie beobachten wir, dass eine wachsende Zahl von Ländern ihr Interesse an Kernenergie bekundet hat – als Maßnahme, dem Klimawandel und den Bedenken hinsichtlich der Energiesicherheit zu begegnen. Japan schlug vor, eine internationale Initiative zu beginnen, welche auf der „drei S“-basierten Kernenergieinfrastruktur (Safeguards against proliferation, Safety of nuclear energy, Security against nuclear terrorism – Sicherheitsmaßnahmen gegen Weiterverbreitung, Sichere Kernenergie, Sicherheit vor Atomterrorismus) beruht. Im Bezug auf Anpassung vereinbarten wir, die Kooperation mit Entwicklungsländern fortzusetzen und auszubauen, einschließlich verstärkter Unterstützung bei ihren Bemühungen, sich dem Klimawandel anzupassen. Technologisch einigten wir uns darauf, eine internationale Initiative zu erschaffen, um eine Roadmap für innovative Technologien zu entwickeln. Wir betonen die Bedeutung von Forschung und Entwicklung (R&D) und verpflichten uns, Investitionen in R&D zu erhöhen. Bisher haben G8-Mitglieder für den Zeitraum der nächsten Jahre über zehn Mrd. US-Dollar pro Jahr zugesagt. Finanziell begrüßen und unterstützen wir die Gründung des Klimainvestitionsfonds und des Strategischen Klimafonds. G8-Mitgliedstaaten haben bisher ungefähr sechs Mrd. US-Dollar als Direktinvestitionsbeitrag zugesagt und heißen die Unterstützung durch andere Spender willkommen. Marktmechanismen wie der Emissionshandel in und zwischen Ländern, Steuerbegünstigungen, Regulation auf der Grundlage von Leistung, Gebühren oder Steuern und Kennzeichnung werten wir als kosteneffektive Mittel, die den Emissionsausstoß zu reduzieren helfen. Wir betonen, dass die Bestrebungen im Rahmen der WTO-Verhandlungen, Zollbarrieren und andere Barrieren für Umweltprodukte und Dienstleistungen abzuschaffen, ausgebaut werden sollten. Es sollte erwägt werden, die Reduktion und Abschaffung von Handelsbarrieren für solche Produkte und Dienste auf freiwilliger Basis vorzunehmen.

Wir stellen den bedeutenden Fortschritt fest, der von den multilateralen Entwicklungsbanken mit Blick auf das Clean Energy Investment Framework (CEIF) erreicht wurde und begrüßen ihr gemeinsames Bestreben, öffentliche und private Investitionen in Höhe von über 100 Mrd. US-Dollar einzuwerben.

Wir stellen außerdem fest, wie wichtig es ist, ökologische Themen wie Forstwirtschaft, Biodiversität, die „drei R“ (Reduce, Reuse, Recycle – Reduzierung, Wiederverwendung, Recycling) und Bildung für nachhaltige Entwicklung anzugehen.

Wir haben Führungskräfte anderer großer Industrienationen getroffen und den positiven Beitrag des Major Economies Leaders Meeting zum UNFCCC unterstützt.

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