Ausgabe Dezember 2010

Thatchers Enkel

Großbritannien ist nach wie vor eine Klassengesellschaft; die regierende Kaste und die herrschende Klasse sind eng miteinander verschwistert. Dies zeigt sich besonders deutlich an der seit Mai amtierenden Koalitionsregierung aus Konservativen und Liberaldemokraten. „Tory Blair“, wie Premierminister David Cameron von der Presse getauft wurde, führt eine klassische Bourgeoisregierung: Die meisten Kabinettsminister (16 von 23) haben in Oxford oder Cambridge studiert, 18 von ihnen und 23 der 29 Regierungsmitglieder sind Vermögens(multi)millionäre. Sie sind in den zahlreichen Old-Boys-Clubs, die im Königreich seit jeher den Ton angeben, aufs Beste vernetzt.

Versprochen hat diese Regierung, das Land vor dem Abgrund zu retten. Heraus kam der härteste und konzentrierteste Angriff auf den Kern des britischen Wohlfahrtsstaats seit Kriegsende. Margaret Thatcher kann stolz sein auf ihre Enkel.

Seit dem Antritt der neuen Regierung wurden die Briten mit immer neuen Horrormeldungen auf Trab gehalten. Bereits im Juni wurde ein Nothaushalt verabschiedet, am 20. Oktober kamen dann die exakten Sparpläne auf den Tisch des Hauses – und siehe da, viele zeigten sich fast erleichtert. Der Grund: Statt Kürzungen von durchschnittlich 25 oder gar 40 Prozent, von denen im Sommer die Rede war, sind es jetzt nur noch durchschnittlich 19 Prozent.

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In der Dezember-Ausgabe ergründet Thomas Assheuer, was die völkische Rechte mit der Silicon-Valley-Elite verbindet, und erkennt in Ernst Jünger, einem Vordenker des historischen Faschismus, auch einen Stichwortgeber der Cyberlibertären. Ob in den USA, Russland, China oder Europa: Überall bilden Antifeminismus, Queerphobie und die selektive Geburtenförderung wichtige Bausteine faschistischer Biopolitik, argumentiert Christa Wichterich. Friederike Otto wiederum erläutert, warum wir trotz der schwachen Ergebnisse der UN-Klimakonferenz nicht in Ohnmacht verfallen dürfen und die Narrative des fossilistischen Kolonialismus herausfordern müssen. Hannes Einsporn warnt angesichts weltweit hoher Flüchtlingszahlen und immer restriktiverer Migrationspolitiken vor einem Kollaps des globalen Flüchtlingsschutzes. Und die Sozialwissenschaftler Tim Engartner und Daniel von Orloff zeigen mit Blick auf Großbritannien und die Schweiz, wie wir dem Bahndesaster entkommen könnten – nämlich mit einer gemeinwohlorientierten Bürgerbahn. 

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