Ausgabe November 2010

Die automobile Republik

Fragen des Verkehrs sind in modernen Menschen tief verwurzelt. Kein Mensch, der in Europa aufgewachsen ist, käme heute mehr auf die Idee, dass Dinge wie Einbahnstraßen, Zebrastreifen, Autobahnen, Ampeln, Parkuhren usw. sukzessive mit der Automobilisierung gewachsene und daher historisch junge Einrichtungen unserer Lebenswelt sind: Die erste deutsche Ampel leuchtete 1924 in Berlin, die ersten Zebrastreifen wurden 1952 in München auf die Straße gemalt, die ersten Parkuhren führte Duisburg 1954 ein. Gefühlt sind solche Einrichtungen für heute lebende Menschen „schon immer“ da. Schließlich regeln sie unser Alltagsleben und unsere Bewegung durch öffentliche Räume so tief und mit derselben Selbstverständlichkeit ihres Da- und So-Seins, wie etwa die Infrastruktur der Abwasserentsorgung sicherstellt, dass unsere Ausscheidungen auf immer im Unsichtbaren verschwinden, oder die Stromversorgung gewährleistet, dass es hell wird, wenn man auf den Lichtschalter drückt.

Nun sind die dem Auto geschuldeten Infrastrukturen gerade mal 100 Jahre alt, aber es hat sicherlich nicht viele technologische Innovationen in der Moderne gegeben, die so tief nicht nur ins Bewusstsein, sondern auch in Verhaltensnormen, in den Lebensstil, kurz: in den Habitus eingelassen sind wie alles, was mit dem Auto zu tun hat.

Sie haben etwa 3% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 97% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (3.00€)
Digitalausgabe kaufen (10€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe Dezember 2025

In der Dezember-Ausgabe ergründet Thomas Assheuer, was die völkische Rechte mit der Silicon-Valley-Elite verbindet, und erkennt in Ernst Jünger, einem Vordenker des historischen Faschismus, auch einen Stichwortgeber der Cyberlibertären. Ob in den USA, Russland, China oder Europa: Überall bilden Antifeminismus, Queerphobie und die selektive Geburtenförderung wichtige Bausteine faschistischer Biopolitik, argumentiert Christa Wichterich. Friederike Otto wiederum erläutert, warum wir trotz der schwachen Ergebnisse der UN-Klimakonferenz nicht in Ohnmacht verfallen dürfen und die Narrative des fossilistischen Kolonialismus herausfordern müssen. Hannes Einsporn warnt angesichts weltweit hoher Flüchtlingszahlen und immer restriktiverer Migrationspolitiken vor einem Kollaps des globalen Flüchtlingsschutzes. Und die Sozialwissenschaftler Tim Engartner und Daniel von Orloff zeigen mit Blick auf Großbritannien und die Schweiz, wie wir dem Bahndesaster entkommen könnten – nämlich mit einer gemeinwohlorientierten Bürgerbahn. 

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema