Der Fall Strauss-Kahn und die Geschichte des IWF
Wie soll ich eine Geschichte erzählen, die wir doch schon allzu gut kennen? Ihr Name war Afrika. Seiner Frankreich. Er kolonisierte sie, beutete sie aus, machte sie mundtot. Und noch Jahrzehnte später, als es angeblich längst vorbei war, regelte er selbstherrlich ihre Angelegenheiten, etwa in der Elfenbeinküste, einem Land, das seinen Namen dem Elfenbein – einst sein wichtigstes Ausfuhrerzeugnis –, aber nicht der eigenen Identität verdankt.
Sie hieß Asien. Er Europa. Ihr Name war Schweigen. Seiner war Macht. Ihr Name: Elend. Der seine: Reichtum. Ihr Name war Ihr, aber was gehörte Ihr? Sein Name war Sein, und in seinen Augen war alles seins, sie inbegriffen, und er dachte, er könne sie nehmen, ohne zu fragen und folgenlos. Es war eine uralte Geschichte, doch ihr Ausgang hat sich im Lauf der letzten Jahrzehnte etwas verändert. Und diesmal erschüttern die Folgen allerlei Grundfesten, die der Erschütterung offenkundig dringend bedurften.
Wer würde wohl je eine derart platte und plumpe Fabel zu Papier bringen wie die Geschichte, die wir da eben hörten? Der mit außergewöhnlicher Macht ausgestattete Chef des Internationalen Währungsfonds (IWF) – einer Weltorganisation, die, ungeachtet der Reformversuche Strauss-Kahns, Massenarmut und wirtschaftliche Ungerechtigkeit produziert – ist angeblich über ein „Zimmermädchen“, eine Immigrantin aus Afrika, hergefallen, in der Luxussuite eines New Yorker Hotels.