Ausgabe November 2012

Aufforderung zum Patientenbetrug

Derweil sich ganz Deutschland sehr zu Recht darüber erregte, dass Spenderorgane offenbar immer häufiger an der offiziellen Warteliste vorbei verteilt werden, wurde an anderer Stelle weitgehend unbemerkt dem Betrug und der Korruption im Ärztewesen Tür und Tor geöffnet. Bereits am 22. Juni dieses Jahres hat der Große Senat in Strafsachen des Bundesgerichtshofes (BGH) festgestellt, dass Kassenärzte keine Amtsträger sind. Die Konsequenz: Damit können sie sich nach dem geltenden Strafrecht weder der aktiven oder passiven Bestechung noch der Vorteilsnahme strafbar machen. Denn nur für den Fall ihrer Amtsträgerschaft wären die Bestechungsparagraphen des Strafrechts auch auf die Vertragsärzte der gesetzlichen Krankenkassen anwendbar. Sie dürfen sich somit von Kliniken, Pharmaindustrie und anderen straflos korrumpieren lassen.

Zugleich vertritt der Bundesgerichtshof die Auffassung, dass Vertragsärzte auch keine Beauftragten der Krankenkassen im geschäftlichen Verkehr sind – und auch deshalb strafrechtlich nicht wegen Bestechung zur Rechenschaft gezogen werden können.

Tatsächlich ist ein Vertragsarzt kein Befehlsempfänger der Krankenkasse, sondern er hat als Kassenarzt die Aufgabe, mit seinen ärztlichen Fähigkeiten und Möglichkeiten dem Patienten zu helfen und Schaden von ihm abzuwenden.

November 2012

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