Ausgabe September 2012

Das Jahrhundertverbrechen der Woche

Kaum war das Jungengesicht Jamie Dimons von der JP Morgan Chase Bank aus den CNN-Nachrichten verschwunden, da folgte ihm auf den Bildschirmen schon dasjenige Bob Diamonds nach, des (jetzt ehemaligen) Vorstandsvorsitzenden der Barclays Bank. Dieser wird beschuldigt, der eigentliche Verantwortliche für den größten Finanzskandal der britischen Geschichte zu sein. Die Kommentatoren schäumten vor Wut über die „stinkende Kloake“, die da aufgedeckt worden sei – „aufgedeckt“, man höre und staune, vier lange Jahre nach der Enthüllungsgeschichte des „Wall Street Journals“ über Libor-Manipulationen. Diese London interbank offered rate – abgekürzt Libor – basiert auf dem Durchschnitt der Zinssätze, zu denen Banken einander Geld leihen. So jedenfalls die Theorie. Dieser Interbankensatz wird jeden Morgen durch eine ausgewählte Gruppe von Banken neu festgelegt. Jede Bank „benennt“ dazu die Zinssätze, für die sie ihrer Meinung nach den kollektiven Geldpool anzapfen könnte, von Übernachtkrediten bis zu solchen mit zwölfmonatiger Laufzeit.
Am Libor orientieren sich Investoren weltweit – die „Financial Times“ schätzt, dass er Geschäftsverträgen im Wert von insgesamt 350 Billionen US-Dollar zugrunde liegt. Er gilt auch als Indikator dafür, wie gesund eine Bank ist.

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In der November-Ausgabe ergründen Carolin Amlinger und Oliver Nachtwey die Anziehungskraft des demokratischen Faschismus. Frank Biess legt die historischen Vorläufer von Trumps autoritärer Wende offen – ebenso wie die Lebenslügen der Bundesrepublik. Daniel Ziblatt zieht Lehren aus der Weimarer Republik für den Umgang mit den Autokraten von heute. Annette Dittert zeigt, wie Elon Musk und Nigel Farage die britische Demokratie aus den Angeln zu heben versuchen. Olga Bubich analysiert, wie Putin mit einer manipulierten Version der russischen Geschichte seinen Krieg in der Ukraine legitimiert. Ute Scheub plädiert für die Umverteilung von Wohlstand – gegen die Diktatur der Superreichen. Sonja Peteranderl erörtert, inwiefern sich Femizide und Gewalt gegen Frauen mit KI bekämpfen lassen. Und Benjamin von Brackel und Toralf Staud fragen, ob sich der Klimakollaps durch das Erreichen positiver Kipppunkte verhindern lässt.

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