Ausgabe Februar 2013

Giftzahn gegen das braune Gift

Als am 30. Januar 1933 nicht nur in Berlin, sondern in ganz Deutschland die Fackeln brannten, zur Feier der nationalsozialistischen Machtübernahme, da wusste einer ganz genau, was die Stunde geschlagen hatte, nämlich der Wiener Kritiker Karl Kraus.

Noch im selben Jahr stellte er „Die Dritte Walpurgisnacht“ fertig, seine Abrechnung mit dem Faschismus. Bis heute ist ihr erster Satz – „Mir fällt zu Hitler nichts ein“ – der bekannteste, der sich wie viele geflügelte Worte großer Geister längst verselbstständigt hat. Doch zu Recht stellte bereits Hermann Gremliza klar, dass das nicht des Dichters „kleinlautes letztes Wort gewesen [ist], sondern der erste Satz eines Werkes von 291 Seiten, das bis heute alle Darstellungen faschistischer Unkultur bei weitem überragt.“

Eigentlich wollte Kraus seine Schrift noch 1933 veröffentlichen. Weil die Publikation, ob der Schärfe der enthaltenen Angriffe auf das NS-Regime, jedoch zahlreiche Menschenleben hätte gefährden können, blieb sie lange unveröffentlicht.

Verstummt vor dem Phänomen Nationalsozialismus, wie bis heute oft fälschlicherweise behauptet wird, ist Karl Kraus jedoch nicht, im Gegenteil: Er hat das kommende Unheil deutlicher gesehen als fast alle seiner Zeitgenossen.

Sie haben etwa 14% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 86% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (1.00€)
Digitalausgabe kaufen (9.50€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe Januar 2026

In der Januar-Ausgabe skizziert der Journalist David Brooks, wie die so dringend nötige Massenbewegung gegen den Trumpismus entstehen könnte. Der Politikwissenschaftler Philipp Lepenies erörtert, ob die Demokratie in den USA in ihrem 250. Jubiläumsjahr noch gesichert ist – und wie sie in Deutschland geschützt werden kann. Der Politikwissenschaftler Sven Altenburger beleuchtet die aktuelle Debatte um die Wehrpflicht – und deren bürgerlich-demokratische Grundlagen. Der Sinologe Lucas Brang analysiert Pekings neue Friedensdiplomatie und erörtert, welche Antwort Europa darauf finden sollte. Die Journalistinnen Susanne Götze und Annika Joeres erläutern, warum die Abhängigkeit von Öl und Gas Europas Sicherheit gefährdet und wie wir ihr entkommen. Der Medienwissenschaftler Roberto Simanowski erklärt, wie wir im Umgang mit Künstlicher Intelligenz unsere Fähigkeit zum kritischen Denken bewahren können. Und die Soziologin Judith Kohlenberger plädiert für eine »Politik der Empathie« – als ein Schlüssel zur Bekämpfung autoritärer, illiberaler Tendenzen in unserer Gesellschaft.

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema

Micha Brumlik: Ein furchtloser Streiter für die Aufklärung

von Meron Mendel

Als die Hamas am 7. Oktober 2023 Israel überfiel und anschließend der Krieg der Netanjahu-Regierung in Gaza begann, fragten mich viele nach der Position eines Mannes – nach der Micha Brumliks. Doch zu diesem Zeitpunkt war Micha bereits schwer krank. Am 10. November ist er in Berlin gestorben.