Ausgabe Juli 2013

Modell Lettland

Hurra, brüllt eine wirklichkeitsferne Bürokratie. Bravo, assistieren wohlfeile Medien: Lettland darf im kommenden Jahr den Euro einführen. Vorgeschlagen von einer von niemandem gewählten EU-Kommission und der Europäischen Zentralbank, deren Legitimation aus der Geld-Druckmaschine kommt. Ohne nationales Referendum, doch – das ist jetzt schon sicher – abgesegnet von einem EU-Finanzministertreffen im Juli, dessen Agenda wesentlich von den großen Banken bestimmt wird.

Natürlich darf Lettland in den fatalen Club aus Bankrotteuren und Profiteuren, weil es ein „Musterschüler“ ist. Ein Land, in dem die absurden Sparprogramme aus dem Merkel-Export-Labor widerspruchslos umgesetzt werden. Lettland erscheint im Spiegel der Börsenjournale als Modell für die Mehrheit der Länder in der EU.

Aus dem „Modell Lettland“ fliehen derweil die Bürger: Mehr als 100 000 Menschen verließen in den letzten Jahren das Zwei-Millionen-Land: weil Löhne und Renten brutal gekürzt wurden, weil mehr als ein Viertel der Letten mit 290 Euro auskommen muss, weil das Land mit dem höchsten Armutsrisiko in Europa lebt. Vor ein paar Jahren musste die PAREX, die größte Bank Lettlands, gerettet werden. Das kostet. Dem lettischen Europa-Abgeordneten Krisjanis Karins fällt dazu ein: „Es ist wie bei Übergewicht.

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