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„Ohne Agenda 2010 kein Beschäftigungswunder“ lautet die gängige Rechtfertigung des einschneidendsten Sozialabbauprogramms seit 1949. Ob sich der Arbeitsmarkt seit 2003 tatsächlich so gut entwickelt hat, wie oft behauptet wird, diskutiert im Folgenden der Sozialwissenschaftler und Gewerkschafter Lars Niggemeyer.
Klaus Dörre hat überzeugend dargelegt, wie die Agenda 2010 zur Etablierung eines neuen, rigiden Arbeitsmarktregimes geführt hat – mit einer Zone dauerhafter Prekarität für Millionen Beschäftigte.[1] Allerdings werden diese Effekte heute auch von den Befürwortern der Reformen in der Regel nicht geleugnet. Prekäre Beschäftigung und niedrige Löhne seien eben der Preis, der für weniger Arbeitslosigkeit in Deutschland habe gezahlt werden müssen. Auf den ersten Blick erscheinen die Resultate der Reform in der Tat positiv: Rund 1,4 Millionen Arbeitnehmer mehr als noch im Jahr 2000 waren im Vergleichsjahr 2011 in Beschäftigung, rund 900 000 Personen weniger waren als arbeitslos gemeldet. Eine genaue Betrachtung der vorliegenden Daten zeigt jedoch das Gegenteil: Insgesamt hat sich die Situation seit 2000 keineswegs gebessert. Denn innerhalb von elf Jahren wurden in Deutschland 1,6 Mio. Vollzeitstellen abgebaut. Die Zunahme der Beschäftigung von 2000 bis 2011 resultiert allein aus der Schaffung von Teilzeitstellen (plus drei Mio).