Am 14. Mai jährt sich die Proklamation des Staates Israel durch David Ben Gurion zum 65. Mal. Die anfangs kriegerische Auseinandersetzung um Palästina wurde im Laufe der Jahrzehnte von diplomatischen Gipfeln abgelöst, die allerdings bis heute ohne Erfolg blieben. Vor diesem Hintergrund plädierte der palästinensische Philosoph Sari Nusseibeh in den „Blättern“ dafür, „Palästina (zu) denken ohne Staat“. Um endlich allen ein Leben in bürgerlicher Würde zu ermöglichen, müsse von der gescheiterten Zwei-Staaten-Lösung Abschied genommen und von den Palästinensern der eine, jüdische Staat akzeptiert werden („Blätter“, 6/2012, S. 97-107). Dagegen votierte der amerikanisch-israelische Historiker Gershom Gorenberg für eine „Neugründung Israels“. Nur durch die Teilung des Landes und das Ende der Besatzung könne die Transformation Israels gelingen, von einem nach wie vor ethnischen in einen wirklich demokratischen Staat („Blätter“, 12/2012, S. 50-60). Im Folgenden analysiert der Publizist und Sozialwissenschaftler Avraham Burg, über viele Jahre hochrangiger Politiker der Arbeitspartei Avoda, unter anderem von 1999 bis 2003 Präsident der Knesset, den Friedensprozess wie dessen Perspektiven. Der Beitrag stammt aus der israelischen Tageszeitung „Haaretz“, die Übersetzung von Karl D. Bredthauer. – D.
In der Oktober-Ausgabe wertet Seyla Benhabib das ungehemmte Agieren der israelischen Regierung in Gaza als Ausdruck einer neuen Ära der Straflosigkeit. Eva Illouz ergründet, warum ein Teil der progressiven Linken auf das Hamas-Massaker mit Gleichgültigkeit reagiert hat. Wolfgang Kraushaar analysiert, wie sich Gaza in eine derart mörderische Sackgasse verwandeln konnte und die Israelsolidarität hierzulande vielerorts ihren Kompass verloren hat. Anna Jikhareva erklärt, warum die Mehrheit der Ukrainer trotz dreieinhalb Jahren Vollinvasion nicht zur Kapitulation bereit ist. Jan Eijking fordert im 80. Jubiläumsjahr der Vereinten Nationen mutige Reformen zu deren Stärkung – gegen den drohenden Bedeutungsverlust. Bernd Greiner spürt den Ursprüngen des Trumpismus nach und warnt vor dessen Fortbestehen, auch ohne Trump. Andreas Fisahn sieht in den USA einen „Vampirkapitalismus“ heraufziehen. Und Johannes Geck zeigt, wie rechte und islamistische Rapper Menschenverachtung konsumierbar machen.