Die für den 17. November anstehende Präsidentschaftswahl in Chile ist gleich in mehrfacher Hinsicht von historischer Bedeutung. Erstmals in der männerdominierten politischen Geschichte Lateinamerikas stehen sich zwei Kandidatinnen gegenüber: Michelle Bachelet, bereits zwischen 2006 und 2010 sozialistische Präsidentin Chiles, und Evelyn Matthei, bis vor kurzem Arbeitsministerin im Kabinett des seit 2010 amtierenden rechtskonservativen Präsidenten Sebastián Piñera.
Die beiden Frauen verkörpern die ganze Tragik der chilenischen Geschichte der letzten vier Jahrzehnte. Die aus sehr ähnlichen Elternhäusern stammenden Frauen waren in ihrer Kindheit enge Freundinnen. Doch bereits in ihrer Jugend schlossen sich beide verfeindeten politischen Lagern an – und wurden zu Rivalinnen. Damit wiederholen sie die Geschichte ihrer Väter, der Luftwaffengeneräle Alberto Bachelet und Fernando Matthei. Diese fanden sich, obwohl ursprünglich ebenfalls enge persönliche Freunde, nach dem Putsch von 1973 gegen den sozialistischen Präsidenten Salvador Allende und seiner Unidad-Popular-Regierung in feindlichen Lagern wieder.[1] Während Bachelet der demokratisch gewählten Regierung Allendes treu blieb, schlug sich Matthei nach dem blutigen Staatsstreich auf die Seite der Militärjunta unter General Augusto Pinochet, der er ab 1978 bis zum Ende der Diktatur 1990 angehörte.