Ausgabe Oktober 2007

Unternehmen Universität

Vom Elfenbeinturm zum Eventmarketing

„Event-Kultur pur“ – immer öfter werben auch die Hochschulen mit diesem Begriff für sich. Haben wir es hier bloß mit dem sprachlichen Fehlgriff eines Pressereferenten zu tun? Keineswegs, „Event-Kultur pur“ ist das selbst gewählte Etikett.1 Früher wäre allenfalls von einem „Tag der offenen Tür“ die Rede gewesen, und man hätte einer interessierten Öffentlichkeit Zugang zum ansonsten eher abgeschotteten „Elfenbeinturm“ ermöglicht.

Aber die Bilder ändern sich, und statt des Elfenbeinturms ist jetzt der „Leuchtturm“ die Leitmetapher. Er soll permanent blinken, und das erfordert eine grundlegend veränderte Präsentationskultur. Die Zielgruppe dafür ist allerdings weniger eine breite Öffentlichkeit, die einmal im Jahr eine „lange Nacht der Wissenschaften“ geboten bekommt – Ziel ist vielmehr die Mobilisierung der Universitätsangehörigen selbst. Sie sollen sich zu Höchstleistungen aufschwingen, all ihre Ressourcen aktivieren, Grenzen eines traditionellen Wissenschaftsverständnisses überschreiten und die Bequemlichkeitseffekte einer Beamtenmentalität überwinden. Entbürokratisierung und Entstaatlichung sind weitere Zielvorgaben.

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Aktuelle Ausgabe Oktober 2025

In der Oktober-Ausgabe wertet Seyla Benhabib das ungehemmte Agieren der israelischen Regierung in Gaza als Ausdruck einer neuen Ära der Straflosigkeit. Eva Illouz ergründet, warum ein Teil der progressiven Linken auf das Hamas-Massaker mit Gleichgültigkeit reagiert hat. Wolfgang Kraushaar analysiert, wie sich Gaza in eine derart mörderische Sackgasse verwandeln konnte und die Israelsolidarität hierzulande vielerorts ihren Kompass verloren hat. Anna Jikhareva erklärt, warum die Mehrheit der Ukrainer trotz dreieinhalb Jahren Vollinvasion nicht zur Kapitulation bereit ist. Jan Eijking fordert im 80. Jubiläumsjahr der Vereinten Nationen mutige Reformen zu deren Stärkung – gegen den drohenden Bedeutungsverlust. Bernd Greiner spürt den Ursprüngen des Trumpismus nach und warnt vor dessen Fortbestehen, auch ohne Trump. Andreas Fisahn sieht in den USA einen „Vampirkapitalismus“ heraufziehen. Und Johannes Geck zeigt, wie rechte und islamistische Rapper Menschenverachtung konsumierbar machen.

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