Ausgabe Oktober 2018

Ostdeutschland oder Das große Beschweigen

Wie die Fehler der Nachwendezeit unsere Demokratie vergiften

Bild: imago/Michael Trammer

Wer wie ich als sächsische Integrations- und Gleichstellungsministerin Hunderte von Gesprächen geführt und in Dutzenden offener Bürgerrunden gesessen hat, wird mit vielerlei Kritik, Wut und sogar Hass konfrontiert. Das Thema der Geflüchteten war dabei allgegenwärtig. Ein Zusammenhang zwischen der Flüchtlingspolitik von Angela Merkel und den eigenen Problemen wurde schnell hergestellt – ähnlich wie es kürzlich auch der stellvertretende FDP-Vorsitzende Wolfgang Kubicki mit seiner Behauptung insinuierte, die Wurzeln für die Chemnitzer Ausschreitungen lägen im „‚Wir schaffen das‘ von Kanzlerin Angela Merkel“ und später Bundesinnenminister Horst Seehofer mit seinem unsäglichen Satz: „Die Migration ist die Mutter aller politischen Probleme in Deutschland.“ Dabei wird jedoch oft vergessen, dass die Demonstrationen von Pegida weit vor dem Sommer 2015 starteten, also bevor die vielen Geflüchteten ins Land kamen.

Als langjährige Landrätin und Bürgermeisterin entwickelt man sehr feine Sensoren für gesellschaftliche Stimmungen. Dass sich etwas zusammenbraut, habe ich schon vor sehr langer Zeit gespürt. Doch ich hielt vieles davon für das übliche Schimpfen und Murren, wie ich es seit den 1990er Jahren kenne.

Sie haben etwa 3% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 97% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (3.00€)
Digitalausgabe kaufen (10.00€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe Oktober 2025

In der Oktober-Ausgabe wertet Seyla Benhabib das ungehemmte Agieren der israelischen Regierung in Gaza als Ausdruck einer neuen Ära der Straflosigkeit. Eva Illouz ergründet, warum ein Teil der progressiven Linken auf das Hamas-Massaker mit Gleichgültigkeit reagiert hat. Wolfgang Kraushaar analysiert, wie sich Gaza in eine derart mörderische Sackgasse verwandeln konnte und die Israelsolidarität hierzulande vielerorts ihren Kompass verloren hat. Anna Jikhareva erklärt, warum die Mehrheit der Ukrainer trotz dreieinhalb Jahren Vollinvasion nicht zur Kapitulation bereit ist. Jan Eijking fordert im 80. Jubiläumsjahr der Vereinten Nationen mutige Reformen zu deren Stärkung – gegen den drohenden Bedeutungsverlust. Bernd Greiner spürt den Ursprüngen des Trumpismus nach und warnt vor dessen Fortbestehen, auch ohne Trump. Andreas Fisahn sieht in den USA einen „Vampirkapitalismus“ heraufziehen. Und Johannes Geck zeigt, wie rechte und islamistische Rapper Menschenverachtung konsumierbar machen.

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema