Vom „Sieg des Kapitalismus", „Tod des Sozialismus", vom „Ende der Geschichte" ist gegenwärtig viel die Rede. Und doch wird niemand ernsthaft behaupten wollen, wir lebten nun auf einmal in der besten aller Welten. Der Blick aus dem Fenster genügt, das Gegenteil zu lehren. Krisen, Katastrophen und Fehlentwicklungen summieren sich, die durch den Kollaps des „Realsozialismus" weder verschwunden, noch behoben sind. Das Projekt der Moderne, dem Kapitalismus und Sozialismus auf ihre Art verpflichtet sind, ist unvollendet. Die Konjunkturformel von der „Postmoderne" vermag darüber nicht hinwegzutrösten. So nützen weder Siegesfanfaren noch Trauergesänge. Die osteuropäische Krise mit den Defiziten der Ersten und der Dritten Welt zusammengenommen bietet jedoch die Chance - und gebietet den Mut -, einen unverstellten Blick auf die gesellschaftliche Wirklichkeit dieser Einen Welt zu werfen.
Mit den folgenden Beiträgen von Eckart Spoo (Hannover) und Lutz Marz (Berlin/DDR) beginnen wir eine Debatte über die anstehenden gesellschaftlich- politischen Neuvermessungen jenseits des „Systemgegensatzes". Angestoßen durch die Erfahrungen des Revolutionsjahres 1989 wollen wir an jene Debatte anknüpfen, die Ende 1988 mit den vielbeachteten Beiträgen von Peter Glotz und Juri Krassin begann („Die neuen Wirklichkeiten und die Linke").