6.12. - U d S S R / U n g a r n. Der sowjetische Präsident Gorbatschow und der ungarische Ministerpräsident Antall unterzeichnen in Moskau einen Vertrag über Freundschaft und Zusammenarbeit. Gorbatschow erklärt bei dieser Gelegenheit, sein Land habe sich mit der militärischen Intervention im Jahre 1956 unerlaubt in die inneren Angelegenheiten Ungarns eingemischt. Der Vertrag ziehe einen Schlußstrich unter die Vergangenheit und eröffne neue Möglichkeiten gegenseitiger Zusammenarbeit.
7.12. - J u g o s l a w i e n. Die Schlichtungskommission der Europäischen Gemeinschaften für Jugoslawien stellt in einem Bericht fest, der Vielvölkerstaat sei in Auflösung begriffen. Es liege nun an den Teilrepubliken, eine neue Form des Zusammenhalts zu finden. - Am 15.12. beschließt der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen in New York die Entsendung einer kleinen Gruppe von Beobachtern nach Jugoslawien. - Am 20.12. tritt Ministerpräsident Ante Markovic zurück. In Presseberichten aus Belgrad heißt es, der letzte Anlaß sei der Entwurf des Haushalts für 1992, derzu 81% der Finanzierung des Militärs dienen solle. Markovic wolle "diesen Kriegshaushalt" nicht akzeptieren. - Am 2.1. vereinbart der UN-Sonderbeauftragte Vance (USA) mit den Führungen in Belgrad und Zagreb einen weiteren Waffenstillstand, der am 3.1. in Kraft tritt. Vance unterbreitet bei dieser Gelegenheit einen modifizierten Friedensplan, dem beide Seiten eben falls zustimmen. - Am 3.1. beraten in Belgrad Vertreter von serbischen und proserbischen Gruppierungen über die Bildung eines neuen Staates, der die Rechtsnachfolge der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien antreten soll.
8.12. - U d S S R. Die Präsidenten Jelzin (Rußland), Krawtschuk (Ukraine) und Schuschjetsch (Weißrußland/Belarus) vereinbaren in der weißrussischen Stadt Brest die Bildung eines Staatenbundes zwischen den drei slawischen Republiken. Die Präsidenten stellen in einer gemeinsamen Erklärung fest, daß "die Sowjetunion als Subjekt internationalen Rechts und als geopolitische Realität nicht mehr existiert". In einem Zeitungsinterview bezeichnet Präsident Gorbatschow das Brester Abkommen am 12.12. als "inakzeptabel", falls es eine endgültige Entscheidung darstelle. Am 19.12. verfügt Präsident Jelzin per Dekret die Auflösung des sowjetischen Außenministeriums und die Übernahme des diplomatischen Apparates durch die Russische Föderation. Am 21.12. schließen sich elf der zwölf bisherigen Sowjetrepubliken zu einer Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) zusammen. Die Präsidenten der Republiken unterzeichnen in der kasachischen Hauptstadt AlmaAta ein entsprechendes Protokoll. Mitglieder sind: Aserbeidschan, Armenien, Weißrußland, Kasachstan, Kirgisien, Moldawien, die Russische Föderation, Tadschikistan, Turkmenistan, Usbekistan und die Ukraine; Georgien tritt der Gemeinschaft zunächst nicht bei. In einer "Erklärung von Alma-Ata" heißt es: "Mit der Gründung der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten hört die Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken auf, zu existieren. "Die Gemeinschaft werde - die Einhaltung der internationalen Verpflichtungen, die sich aus Verträgen und Abkommen der früheren UdSSR ergeben", garantieren. Zu den Dokumenten der Konferenz von Alma-Ata gehören weiter ein "Abkommen über die Koordinationsinstitutionen", ein "Beschluß über die Frage der Mitgliedschaft in der UNO" sowie ein "Abkommen über die Kernwaffen". In einem besonderen Protokoll wird "die Aufrechterhaltung des gemeinsamen militär-strategischen Raums unter einheitlichem Kommando und der einheitlichen Kontrolle über die Kernwaffen "bekräftigt. Mit dem einheitlichen Oberbefehl wird "bis zur Lösung der Frage der Reformierung der Streitkräfte" der bisherige sowjetische Verteidigungsminister Marschall Schaposchnikow beauftragt. Einzelheiten über die "strategischen Streitkräfte" regelt ein am 30.12. in Minsk unterzeichnetes Abkommen zwischen den betroffenen Republiken. - Am 22.12. kommt es in der georgischen Hauptstadt Tiflis zu einem Putsch gegen Präsident Swiad Gamsachurdia. Bewaffnete Einheiten der Opposition belagern das Parlamentsgebäude und fordern den Rücktritt des im Mai v.J. mit großer Mehrheit gewählten Präsidenten. - Am 23.12. erörtern die Präsidenten Jelzin und Gorbatschowim Kreml die Übernahme der sowjetischen Machtbefugnisse durch die Gemeinschaft Unabhängiger Staaten und die Russische Föderation. Dabei geht es insbesondere um die Kontrolle der Kernwaffen. - Am 25.12. legt Präsident Gorbatschow alle staatlichen Funktionen nieder und übergibt den Oberbefehl über die Kernwaffen an Präsident Jelzin. In einer Fernsehansprache wendet sich Gorbatschow noch einmal gegen die "Politik der Auflösung dieses Landes und der Zerstückelung des Staates", mit der er nicht einverstanden sein könne. Er verlasse sein Amt "mit Sorge, aber auch mit Hoffnung" (vgl. die Texte in "Dokumente zum Zeitgeschehen").
- R u m ä n i e n. Die Bevölkerung stimmt in einem Referendum über eine neue Verfassung ab, die das Land als republikanischen, demokratischen, pluralistischen und sozialen Rechtsstaat definiert, Nach dem vorläufigen Endergebnis werden 76,5% Ja-Stimmen abgegeben.
9.12. - U N O. Die Generalversammlung der Vereinten Nationen beschließt in New York mit 150 Stimmen bei zwei Enthaltungen (Kuba und Irak, mit Wirkung vom 1. Januar 1992 ein weltweites Waffenregister einzuführen. Die Mitgliedstaaten werden aufgefordert, dem UN-Generalsekretär jährlich Angaben über ihre Rüstung und den Export von Rüstungsgütern und Militärtechnologie zu übermitteln. Am 1.1. schlägt Großbritannien bei der Übernahme der Präsidentschaft im Sicherheitsrat für den Monat Januar ein Gipfeltreffen der Ratsmitglieder vor. Thema solle die Übergabe des ständigen Sitzes der Sowjetunion an Rußland sowie die Frage der Nuklearwaffen sein,
- I C O. In der senegalesischen Hauptstadt Dakar beginnt die 6. Gipfelkonferenz der Islamischen Konferenz-Organisation (Islamic Conference Organization/ICO), der 46 Mitglieder angehören. Die bisherige Sowjetrepublik Aserbeidschan wird als neuer Mitgliedstaat aufgenommen; Albanien nimmt als Beobachter teil,
9.-10.12. - E G. Unter niederländischem Vorsitz tagt in Maastricht der Europäische Rat auf der Ebene der Staats- und Regierungschefs. Im Mittelpunkt der Beratungen stehen die Entwürfe eines Vertrages über die Europäische Union sowie über die Wirtschafts- und Währungsunion. In einem gemeinsamen Dokument ("Schlußfolgerungen des Vorsitzes") heißt es, die vorliegenden Texte sollten nach rechtlicher und sprachlicher "Überarbeitung und Harmonisierung" Anfang Februar 1992 unterzeichnet werden. Das von Großbritannien abgelehnte "Protokoll über Sozialpolitik" werde nur für elf Mitgliedstaaten in Kraft treten. - Am 16.12. verabschieden die Außenminister auf einer Sondertagung im Rahmen der Europäischen Politischen Zusammenarbeit (EPZ) in Brüssel "Richtlinien für die Anerkennung neuer Staaten in Osteuropa und in der Sowjetunion" sowie eine "Erklärung zu Jugoslawien" (Texte in "Dokumente zum Zeitgeschehen"). Im Hinblick auf die jugoslawischen Republiken wird ein Beschluß zum 15. Januar 1992 angekündigt.
10.-18.12. - N a h e r O s t e n. Im Gebäude des amerikanischen Außenministeriums in Washington werden die bilateralen Friedensgespräche zwischen Israel und den arabischen Delegationen fortgesetzt (vgl. "Blätter", 1/1992, S. 6). Wegen der anhaltenden Meinungsverschiedenheiten über prozedurale Fragen kommt es nicht zu substantiellen Verhandlungen. Die Forderung nach getrennten israelisch-palästinensischen und israelisch-jordanischen Verhandlungen wird von Israel zurückgewiesen. - Am 16.12. hebt die Generalversammlung der Vereinten Nationen in New York die Resolution 3379 (XXX) vom 10. November 1975 auf, die den Zionismus als "eine Form des Rassismus und der Rassendiskriminierung" bezeichnet (vgl. "Blätter", 12/1975, S. 1298). Der Aufhebungsbeschluß, der von US-Unterstaatssekretär Eagleburger begründet wird, fällt mit 111 gegen 25 Stimmen bei 13 Enthaltungen; 15 Staaten bleiben der Abstimmung fern.
11.12. - B r e m e n. Die neue Bürgerschaft (vgl. "Blätter", 11/1991, S. 1286) wählt auf ihrer konstituierenden Sitzung einen Senat, dem sieben Senatoren der SPD und je zwei von FDP und Grünen angehören; Bürgermeister bleibt Klaus Wedemeier (SPD). Die drei Parteien hatten sich am 29.11. auf eine "Ampel-Koalition" geeinigt. Die Landesversammlung der Grünen hatte eine Regierungsbeteiligung am 7.12. zunächst mit 97 gegen 96 Stimmen bei zwei Enthaltungen abgelehnt, diesen Beschluß jedoch am 10.12. mit 158 von 221 Stimmen wieder aufgehoben. 13.12. - K o r e a. Die Ministerpräsidenten Youn Hyong-Muk (Nordkorea) und Chung Won-Shik (Südkorea) unterzeichnen in der südkoreanischen Hauptstadt Seoul ein "Abkommen über Versöhnung, Nichtangriff, Austausch und Zusammenarbeit zwischen dem Süden und dem Norden", das aus 25 Artikeln besteht. Der Vertrag, der noch von beiden Parlamenten ratifiziert werden muß, ist das Ergebnis längerer Verhandlungen und geht zurück auf eine Prinzipien-Erklärung vom Juli 1972 (vgl. "Blätter", 8/1972, S. 790. - Am 31.12. einigen sich die beiden Regierungen in dem Grenzort Panmunjom auf die "Denuklearisierung der koreanischen Halbinsel". In einer am 2.1. veröffentlichten Erklärung ("Joint Declaration for a NonNuclear Korean Peninsula" werden Tests, Produktion, Besitz und Lagerung von Kernwaffen in beiden Teilen Koreas untersagt.
15.12. - U d S S R / U S A. Der amerikanische Außenminister Baker trifft zu einem Arbeitsbesuch in Moskau ein. Gesprächspartner sind u.a. die Präsidenten Gorbatschow und Jelzin, Außenminister Schewardnadse und dessen russischer Kollege Kosyrew sowie der sowjetische Verteidigungsminister Schaposchnikow. In Presseberichten heißt es, Baker wolle sich vor allem über die künftige Kommandostruktur für die sowjetischen Nuklearwaffen unterrichten. Der amerikanische Außenminister besucht neben Rußland auch die Ukraine, Weißrußland, Kirgisien und Kasachstan.
19.12. - B R D / J u g o s l a w i e n. Auf Vorschlag von Bundesaußenminister Genscher stimmt das Bundeskabinett "der völkerrechtlichen Anerkennung der jugoslawischen Republiken" grundsätzlich zu. Diplomatische Beziehungen mit denjenigen Republiken, die um Anerkennung ersuchen, sollen am 15. Januar 1992 aufgenommen werden.
20.12. - N A T O. Im Anschluß an die Ministertagung des Nordatlantikrates (19.-20.12. konstituiert sich in Brüssel der neugebildete Nordatlantische Kooperationsrat (North Atlantic Cooperation Council/NACC; vgl. "Blätter", 1/1992, S. 4 f.). Neben den 16 Mitgliedstaaten der NATO sind die Teilnehmerstaaten des ehemaligen Warschauer Vertrages sowie Estland, Lettland und Litauen durch ihre Außenminister vertreten. Für die Sowjetunion nimmt deren Botschafter in der belgischen Hauptstadt an der Sitzung teil. In einer "Erklärung über Dialog, Partnerschaft und Zusammenarbeit" (Text in "Dokumente zum Zeitgeschehen") werden jährliche Treffen des Rates auf Ministerebene sowie regelmäßige Zusammenkünfte auf diplomatischer Ebene in Brüssel vereinbart. Der Schwerpunkt der "Konsultation und Kooperation" sollen auf Sicherheits- und damit zusammenhängenden Fragen liegen". In einer Botschaft an den Rat bringt Präsident Jelzin den Wunsch Rußlands nach einer Mitgliedschaft in der NATO als langfristiges Ziel zum Ausdruck.
24.12. - P o l e n. Das Parlament (Sejm; zu den Wahlen vgl. "Blätter", 12/1991, S. 1414) bestätigt ein neues Koalitionskabinett unter Führung von Ministerpräsident Jan Olszewski (ZentrumsAllianz). Olszewski hatte am 21.12. vor dem Parlament betont, die Regierung werde sich für eine schnelle Ratifizierung der Verträge mit den Europäischen Gemeinschaften und für eine enge Kooperation mit der NATO einsetzen.
31.12. - E l S a l v a d o r. Unter Vorsitz des scheidenden UNGeneralsekretärs Perez de Cuellar einigen sich am Sitz der Vereinten Nationen in New York Vertreter der Regierung von El Salvador und der Nationalen Befreiungsfront Farabundo Marti (FMLN) auf eine Beendigung des seit zwölf Jahren andauernden Bürgerkrieges.
3.1. - U S A / G U S. Das amerikanische Außenministerium gibt die Herstellung diplomatischer Beziehungen mit Mitgliedern der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten bekannt. Die USA wollten zunächst neben der Botschaft in Moskau Vertretungen in der Ukraine, Weißrußland, Kasachstan und Armenien einrichten. Präsident Bush hatte unmittelbar nach dem Rücktritt von Präsident Gorbatschow am 25.12. die Anerkennung der neuen Republiken angekündigt.
4.1. - G U S. Der ehemalige sowjetische Verteidigungsminister und vorläufige GUS-Oberbefehlshaber Marschall Schaposchnikow bestätigt auf einer Pressekonferenz die Absicht einiger Republiken, eigene Streitkräfte aufzubauen. Armenien, Kasachastan, Kirgisien, Rußland und Tadschikistan seien jedoch weiterhin für gemeinsame Streitkräfte unter einheitlichem Oberbefehl. - Am 5.1. fordern die Präsidenten der drei baltischen Staaten den sofortigen Abzug der Truppen der ehemaligen Sowjetunion aus ihren Hauptstädten.