Ausgabe Januar 1992

Erklärung von Mexiko des Forums Emanizipation und lateinamerikanische Identität: 1492-1992 (Wortlaut)

Die Mitglieder des zentralamerikanisch-karibischen Ehrenrats der internationalen Kampagne „Emanzipation und lateinamerikanische Identität: 1492-1992" erklären zum Abschluß ihrer Arbeitstagung vom 5. und 6. Januar 1991 in Mexiko-Stadt:

1. Daß der 12. Oktober 1992, der in seiner eurozentristischen Version als „Entdeckung" oder „Begegnung zweier Welten" bezeichnet wird, den Beginn eines der größten Völkermorde, Plünderungs- und Ausbeutungsprozesse der menschlichen Geschichte darstellte. Daher konstituiert der Anspruch, seinen fünfhundertsten Jahrestag zu feiern, einen Akt der Arroganz und Verachtung gegenüber den Völkern der Dritten Welt.

2. Daß die offiziellen Festreden und Feierlichkeiten durch hegemonische und Erstwelthaltungen gegenüber Unserem Amerika (Nuestra América) gekennzeichnet sind.

3. Daß das seit dem 12. Oktober 1492 aufgezwungene internationale Herrschaftssystem die politische, ökonomische und kulturelle Souveränität der Völker und Staaten Amerikas, Afrikas und Asiens negierte und sie brutalen und unmenschlichen Ausbeutungs- und Herrschaftssystemen unterwarf. Die kürzliche Invasion und Besetzung Panamas sowie die Fortdauer des Kolonialismus in Puerto Rico sind hierfür nur zwei aktuelle und dramatische Beispiele unter vielen.

4. Daß die Mechanismen dieses Systems fortbestehen und die Teilung der Menschheit, heute bekannt als Erste und Dritte Welt, bestimmen. In letzterer sind 85% der Weltbevölkerung gezwungen, für den Wohlstand der übrigen 15% zu arbeiten.

5. Daß die große Aufgabe, die das historische Ereignis des fünfhundertsten Jahrestages der europäischen Invasion uns stellt, in der Rückgewinnung der Identität und Emanzipation der Völker der Dritten Welt besteht.

6. Zur Erreichung dieses Zieles fordern wir die Errichtung einer neuen internationalen ökonomischen, politischen, sozialen, kulturellen und ökologischen Ordnung.

7. Die neue Gesellschaft kann nur auf den Grundlagen einer gerechten Verteilung der von den Völkern produzierten Güter und Reichtümer, einer wirksamen Demokratie und der Garantie der Menschenrechte aufgebaut werden.

8. Wir unterstützen die Forderungen der Indigena- und Afroamerikanischen Völker, mitzuwirken am Aufbau einer neuen solidarischen Gesellschaft in vollständiger Gleichheit und Partizipation. Diese Völker müssen endlich den Platz in der Geschichte einnehmen, der ihnen seit 500 Jahren vorenthalten wurde. [...]

 

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