Atlantiküberquerungen
Im Sommer 1973 kam ich mit meiner Familie nach Westberlin. Ich hatte ein Stipendium erhalten, das mir das erlaubte, was ich immer tun wollte: Schreiben. Berlin war damals — mit der Mauer mitten hindurch — das Spiegelbild der Konfrontation zwischen Ost und West, eine Kreuzung unterbrochener Wege, wo man wie in einem Labor zwei gegensätzliche und miteinander streitende Systeme untersuchte.
Fern von jener kulturellen und ideologischen Doppelbühne, auf der im Chor und mit Weltresonanz zum Ruhm eines jeden Systems gesungen wurde, lag das dunkle, stumme Nicaragua der Familie Somoza, das keine Bühne besaß. Nicaraguaner in Berlin zu sein, galt als nichts Ungewöhnliches — dem Obstverkäufer um die Ecke in der Helmstedter Straße, in Wilmersdorf, dem alten Viertel der jüdischen Bourgeoisie, wo ich wohnte, mußte ich in meinem tropischen Deutsch erklären, daß Amerika ein zu großer Kontinent sei, um ihm etwas über Pittsburgh erzählen zu können, wohin sein Bruder emigriert war.
Nichts über Nicaragua.