6.3. - O s t s e e - R a t. Vertreter von zehn Staaten und der Kommission der Europäischen Gemeinschaften gründen auf einer Konferenz in Kopenhagen (5.-6.3.) einen Rat der Ostsee-Anrainerstaaten. Der Rat soll der wachsenden Zusammenarbeit nach dem Ende des Ost-West-Konflikts und als Forum für Diskussionen und Ideenaustausch dienen, um die kulturelle Identität der Region zu stärken. Teilnehmer sind die skandinavischen Länder Dänemark, Finnland, Norwegen und Schweden), die baltischen Republiken (Estland, Lettland und Litauen) sowie Rußland, Polen und die Bundesrepublik Deutschland, die zu den Initiatoren der Konferenz gehört.
9.3. - C h i n a. Die Volksrepublik China tritt dem Vertrag über die Nichtverbreitung von Kernwaffen vom 1. Juli 1968 (Text in "Blätter", 7/1968, S. 767 ff.) bei. Außenminister Qian Qichen überreicht in London dem britischen Premierminister Major die Beitrittsurkunde. Vom 20.3.-3.4. findet in Peking die Jahrestagung des Nationalen Volkskongresses Parlament) statt. Ministerpräsident Li Peng legt einen Rechenschaftsbericht vor und bezeichnet es darin als Ziel der Politik von Partei und Regierung, "China zu einem mächtigen sozialistischen Land zu machen, das als fester Felsen im Osten steht". Li Peng warnt vor den Risiken unkalkulierbarer Reformexperimente für die ideologische und politische Stabilität. Auf Vorschlag des Parlamentspräsidenten werden in der Regierungserklärung mehr als 150 Änderungen vorgenommen. So wird ein Passus eingefügt, wonach sich die Hauptstoßrichtung des politischen Kampfes gegen "linke Kräfte", gegen die Befürworter von Klassenkampf und Planwirtschaft alten Stils wenden müsse. Marktwirtschaftliche Methoden sollten auch im Sozialismus Anwendung finden.
10.3. - N A T O. Auf einer Sonderkonferenz im NATO-Hauptquartier in Brüssel werden die elf Republiken der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) in den Nordatlantischen Kooperationsrat (NAKR) aufgenommen. Damit gehören dem Rat zur Gründung vgl. "Blätter", 2/1992, S. 134) 35 Mitgliedstaaten an. - Vom 13.-16.3 besucht NATO-Generalsekretär Wörner auf Einladung der Regierungen von Lettland, Estland und Litauen die drei baltischen Staaten. Wörner kommt aus Warschau, wo er am 12.3. ein Gespräch mit Präsident Walesa geführt und ein Seminar über "Sicherheit in Mitteleuropa" eröffnet hatte. - Am 1.4. treffen sich in Brüssel erstmals die Verteidigungsminister der Mitgliedstaaten des Nordatlantischen Kooperationsrates zu einem Erfahrungsaustausch; Kasachstan entsendet lediglich einen Beobachter. In einem Arbeitsprogramm werden "Bereiche für weitere Zusammenarbeit in Verteidigungsfragen" festgelegt.
- J u g o s l a w i e n. Die erste Abteilung der Friedenstruppen der Vereinten Nationen trifft in Kroatien ein. Es handelt sich um eine Aufklärungseinheit unter Leitung von Brigadegeneral Arab Rob (Kenia). - G e o r g i e n. Der frühere sowjetische Außenminister Eduard Schewardnadse übernimmt in Tiflis den Vorsitz eines neugebildeten Staatsrats. In Presseberichten heißt es, der nach dem Sturz des Präsidenten Gamsachurdia eingesetzte Militärrat sowie der politische Konsultativrat seien aufgelöst worden. Dem Staatsrat (vier Mitglieder) gehört auch der Chef der Übergangsregierung Tengis Sigua an.
11.3. - N a h e r O s t e n. Der stellvertretende irakische Ministerpräsident Tarik Aziz erklärt vor dem Sicherheitsrat der Vereinten Nationen in New York, sein Land habe alle Verpflichtungen aus den Waffenstillstandsbedingungen (Resolution 687 vom 3. April 1991; Auszüge in "Blätter", 5/1991, S. 636 ff.) erfüllt und sei nicht länger im Besitz der darin verbotenen Waffen und Waffensysteme. Aziz fordert nachdrücklich die Aufhebung des gegen den Irak verhängten Embargos. Der Sicherheitsrat bekräftigt noch einmal alle bisher gefaßten Resolutionen, zu deren Einhaltung der Irak verpflichtet sei. - Am 20.3. teilt der schwedische UN-Beauftragte Ikeus in New York mit, die Regierung in Bagdad habe schriftlich die Zerstörung der verbliebenen Einrichtungen zur Fertigung von Scud-Raketen zugesagt. - Am 22.3. befaßt sich der Rat der Arabischen Liga auf einer von Libyen beantragten Sondersitzung in Kairo mit der Forderung der USA, Großbritanniens und Frankreichs an die Regierung in Tripolis, mehrere Libyer auszuliefern, die der Teilnahme an Bombenanschlägen in den Jahren 1988 und 1989 verdächtigt werden. Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen hatte das Auslieferungsbegehren der drei Westmächte in einer am 21. Januar d.J. angenommenen Resolution unterstützt. Der Rat der Liga warnt vor übereilten Maßnahmen, die die Spannungen in der Region erhöhen könnten, und fordert den Sicherheitsrat auf, die Meinungsverschiedenheiten mit Libyen friedlich beizulegen und von Sanktionen abzusehen. - Vom 27.-28.3. behandelt der Internationale Gerichtshof in Den Haag einen Antrag Libyens auf Erlaß einer Einstweiligen Anordnung gegen mögliche militärische Maßnahmen der USA und Großbritanniens. - Am 31.3. beschließt der Sicherheitsrat in New York ein Rüstungs- und Luftverkehrsembargo gegen Libyen, das am 15. April d.J. in Kraft treten soll. Die entsprechende Resolution 748 wird mit zehn Stimmen bei Stimmenthaltung Chinas, Indiens, der Kap Verden, Marokkos und Zimbabwes angenommen.
16.3. - M e c k l e n b u r g - V o r p o m m e r n. Ministerpräsident Alfred Gomolka (CDU) tritt zurück, nachdem ihm seine Fraktion am 14.3. mit 22 von 30 Stimmen das Mißtrauen ausgesprochen hatte. Dieser Entscheidung vorausgegangen waren Auseinandersetzungen innerhalb der Regierungskoalition von CDU und FDP u.a. über die Privatisierung einiger Werften an der mecklenburgischen Küste. Der Landtag wählt am 19.3. auf einer Sondersitzung in Schwerin den bisherigen CDU-Landesgeneralsekretär Berndt Seite zum neuen Ministerpräsidenten. Seite erhält 36 von 66 Stimmen; die Koalition verfügt im Parlament über 34 Stimmen. Ein Antrag der SPD-Fraktion auf vorzeitige Neuwahlen findet keine Mehrheit.
- R u ß l a n d. Präsident Jelzin ordnet per Dekret die Bildung eines Verteidigungsministeriums der Russischen Föderation an, dessen Leitung er kommissarisch übernimmt. In Presseberichten aus Brüssel heißt es am 2.4., der stellvertretende russische Verteidigungsminister Gratschew habe dem amerikanischen Verteidigungsminister Cheney am Rande der Zusammenkunft des Nordatlantischen Kooperationsrates mitgeteilt, Rußland beabsichtige, eigene Streitkräfte mit einer Stärke von rund 1,3 Mio. Soldaten aufzustellen.
17.3. - B u n d e s t a g. Das Parlament setzt eine Enquete-Kommission zur "Aufarbeitung der Geschichte und der Folgen der SEDDiktatur" ein. Den Vorsitz der Kommission, der 16 Bundestagsabgeordnete und elf Sachverständige angehören, übernimmt der CDU-Bundestagsabgeordnete und letzte Verteidigungsminister der DDR Rainer Eppelmann.
- S ü d a f r i k a. Die weiße Minderheit (3,3 Mio. Stimmberechtigte) befürwortet in einem Referendum mit großer Mehrheit den von Präsident de Klerk eingeleiteten Reformprozeß. Bei einer Stimmbeteiligung von 85% sprechen sich rund zwei Drittel für eine Fortsetzung der Verhandlungen über eine neue Verfassung auf nichtrassischer Basis aus. ANC-Präsident Mandela begrüßt den Ausgang des Referendums, wendet sich jedoch gegen eine vorzeitige Aufhebung der gegenüber Südafrika verhängten Sanktionen.
18.3. - F i n n l a n d. Der Reichstag befürwortet mit 133 gegen 60 Stimmen einen Antrag auf Vollmitgliedschaft in den Europäischen Gemeinschaften (vgl. "Blätter", 4/1992, S. 390). Das Beitrittsgesuch wird unmittelbar nach der Abstimmung den EG-Institutionen in Brüssel zugeleitet.
20.3. - G U S. Zum Abschluß einer Zusammenkunft der Präsidenten der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) in der weißrussischen Hauptstadt Minsk wird auf einer Pressekonferenz mitgeteilt, man habe die Entscheidung über den künftigen Besitz der Schwarzmeerflotte sowie über die Aufteilung der Schulden der ehemaligen UdSSR auf die einzenen GUS-Mitglieder erneut vertagt. Der ukrainische Präsident Krawtschuk übt scharfe Kritik an der bisherigen Entwicklung. In keinem einzigen Fall sei es der GUS bisher gelungen, einen bewaffneten Konflikt auf dem Territorium der bisherigen Sowjetunion beizulegen.
22.3. - A l b a n i e n. Ein Jahr nach landesweiten Wahlen (vgl. "Blätter", 5/1991, S. 518) wird vorzeitig ein neues Parlament gewählt. Die Opposition unter Führung der Demokratischen Partei Albaniens erhält 92 der insgesamt 140 Mandate und verfehlt damit die Zwei-Drittel-Mehrheit um nur einen Sitz. Die bisher regierenden Sozialisten, die frühere Partei der Arbeit, stellen 38 Abgeordnete. Zehn weitere Sitze entfallen auf kleinere Gruppen, die mit der Opposition sympathisieren. Staatspräsident Ramiz Alia, der im April 1985 die Nachfolge Enver Hodschas angetreten hatte (vgl. "Blätter", 5/1985, S. 514), legt am 3.4. sein Amt nieder. Die Wahl eines Nachfolgers wird bis zur Änderung der Verfassung vertagt.
24.3. - K S Z E. Der finnische Präsident Koivisto eröffnet in Helsinki das 4. Folgetreffen der Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE), das mit einem Außenministertreffen beginnt und das Anfang Juli d.J. mit einem "Gipfel" abgeschlossen werden soll. Mit der Aufnahme Sloweniens und Kroatiens, bisher mit Beobachterstatus, sowie Georgiens steigt die Zahl der Vollmitglieder auf 51. Die anwesenden Außenminister einigen sich mit dem Einverständnis aller Beteiligten auf die Abhaltung einer Friedenskonferenz für Nagorni Karabach. Am Eröffnungstag des Folgetreffens unterzeichnen die Vertreter von 25 Staaten den am 21.3. in Wien paraphierten "Vertrag über den Offenen Himmel" (Open Skies Treaty/OST), der gegenseitige Luftinspektionen auf einem Gebiet zwischen Vancouver und Wladiwostok vorsieht. Vertragspartner sind zunächst die 16 Mitgliedstaaten der NATO, die fünf osteuropäischen Teilnehmerstaaten des ehemaligen Warschauer Vertrages sowie die Russische Föderation, Belarus (Weißrußland), die Ukraine und Georgien als Nachfolgestaaten der UdSSR. Das Abkommen, das 60 Tage nach Hinterlegung von 20 Ratifikationsurkunden in Kraft treten soll, steht weiteren Staaten zum Beitritt offen. Einige Bestimmungen sollen vor Inkrafttreten "einstweilig angewendet" werden. 31.3. - Bundesregierung. Bundesverteidigungsminister Gerhard Stoltenberg (CDU) teilt auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Bundeskanzler Kohl in Bonn seinen Rücktritt mit. Neuer Bundesverteidigungsminister wird CDU-Generalsekretär Volker Rühe. Hintergrund des Amtswechsels ist eine entgegen dem Beschluß eines Bundestagsausschusses erfolgte Waffenlieferung der Bundeswehr an die türkische Armee.
2.4. - F r a n k r e i c h. Nach starken Stimmenverlusten der regierenden Sozialistischen Partei (Parti Socialiste/PS) bei den Regionalwahlen (22. und 29.3.) nimmt Präsident Mitterrand eine Regierungsumbildung vor, die auch das Amt des Regierungschefs betrifft. Premierministerin Edith Cresson (PS; zum Amtsantritt vgl. "Blätter", 7/1991, S. 772 f. wird durch den bisherigen Wirtschafts- und Finanzminister Pierre Beregovoy (PS) ersetzt. In Presseberichten heißt es, Mitterrand strebe eine "Öffnung des Kabinetts" auch für Nichtsozialisten an.
5.4. - S c h l e s w i g - H o l s t e i n. Die alleinregierenden Sozialdemokraten unter Ministerpräsident Björn Engholm können bei den Landtagswahlen trotz erheblicher Stimmenverluste ihre parlamentarische Mehrheit knapp behaupten. Die Freien Demokraten kehren nach einer Unterbrechung wieder in den Landtag zurück, die rechtsgerichtete Deutsche Volksunion (DVU) zieht erstmals in das Parlament ein. Die Grünen scheitern mit 4,97% der Stimmen erneut an der Fünf-Prozent-Klausel. Der Südschleswigsche Wählerverband (SSW, die Partei der dänischen Minderheit, für den die Sperrklausel nicht gilt, behält seinen Sitz. Nach dem korrigierten vorläufigen amtlichen Endergebnis entfallen (Angaben in % auf die im Landesparlament vertretenen Parteien: SPD 46,2 (1988: 54,8), CDU 33,8 (33,3), FDP 5,6 (4,4), DVU 6,3 (-), SSW 1,9 (1,7). Die Wahlbeteiligung beträgt 71,8% (77,4%). Zusammensetzung des neuen Landtags (89 Abgeordnete, bisher 74 Abgeordnete): SPD 45 (46), CDU 32 (27), FDP 5 (-), DVU 6 (-), SSW 1 (1). (Zu den Ergebnissen der Wahl vom 8. Mai 1988 vgl. "Blätter", 2/1989, S. 256.)
- B a d e n - W ü r t t e m b e r g. Bei den Landtagswahlen verlieren die alleinregierenden Christdemokraten unter Ministerpräsident Erwin Teufel ihre bisherige parlamentarische Mehrheit. Starke Stimmengewinne erzielen die Republikaner. Nach dem vorläufigen amtlichen Endergebnis entfallen (Angaben in %) auf die im Landesparlament vertretenen Parteien: CDU 39,6 (1988: 49,0), SPD 29,4 (32,0), Grüne 9,5 (7,9), FDP 5,9 (5,9), Republikaner 10,9 (1,0). Die Wahlbeteiligung beträgt 70,2% (71,8%). Zusammensetzung des neuen Landtags (146 Abgeordnete, bisher 125 Abgeordnete): CDU 64 (66), SPD 46 (42), Grüne 13 (10), FDP 8 (7), Republikaner 15 (-). (Zu den Ergebnissen der Wahl am 20. März 1988 vgl. "Blätter", 2/1989, S. 254.)