7.3. - J u g o s l a w i e n. Der bosnische Serbenführer Karadzic schlägt im Gespräch mit einem Athener Radiosender eine ständige Konferenz der orthodoxen Länder des Balkan nach dem Muster der Islamischen Konferenz Organisation (ICO) vor. Das "sogenannte Mazedonien" müsse wieder an Jugoslawien angegliedert werden, damit Serbien und Griechenland eine gemeinsame Grenze hätten. Karadzic warnt vor einer Expansion der Türkei, die das europäische Christentum bedrohe und versuche, wieder nach Europa vorzudringen. - Am 11.3. verhandeln die beiden Vermittler Vance (UN) und Owen (EG) in Paris mit dem serbischen Präsidenten Milosevic über die Grenzziehung zwischen den geplanten autonomen Provinzen in Bosnien-Herzegowina (vgl. die Karte in "Blätter", 4/1993, S. 511 f). Die Begegnung findet im Amtssitz von Präsident Mitterrand statt. Am 3.4. lehnt das Parlament der bosnischen Serben in Bileca das von Vance und Owen ausgearbeitete Friedensabkommen (Wortlaut in "Blätter", 4/1993, S. 502-511) ab und bezeichnet die Grenzen der vorgesehenen zehn Provinzen als unannehmbar. Die 69 Abgeordneten folgen einstimmig einer Empfehlung von Serbenführer Karadzic.
- I t a l i e n. Staatspräsident Scalfaro verweigert die Unterschrift unter ein von der Regierung vorgelegtes Dekret, das eine Teilamnestie für die der Korruption beschuldigten Politiker ermöglichen sollte. Im Kabinett und in den betroffenen Parteien kommt es zu weiteren Rücktritten (vgl. "Blätter", 4/1993, S. 389). - Am 10.3. spricht der Senat in Rom nach turbulenter Debatte der Regierung unter Ministerpräsident Amato mit 143 gegen 99 Stimmen das Vertrauen aus. - Am 27.3. teilt der langjährige christdemokratische Ministerpräsident Giulio Andreotti mit, gegen ihn werde ebenfalls wegen des Verdachts der Korruption und wegen Verbindungen zur Mafia ermittelt. Die Staatsanwaltschaft Palermo beantragt beim Senat die Aufhebung der Immunität Andreottis, der Senator auf Lebenszeit ist und alle Vorwürfe zurückweist.
- H e s s e n. Bei den Wahlen für die Kommunalparlamente müssen die Sozialdemokraten erhebliche Stimmenverluste hinnehmen; der Anteil der SPD geht von 44,8% (1989) auf 36,4% zurück. Auch die CDU verzeichnet (Einbußen von 34,3 auf 32,0%). Die Republikaner kommen landesweit auf 4,3%.
9.3. - R u ß l a n d. Das in Moskau tagende Parlament lehnt die von Präsident Jelzin formulierten vier Fragen für eine Volksabstimmung ab. Jelzin hatte vorgeschlagen, die Bevölkerung am 11. April d.J. über ein Präsidialsystem, über ein Zwei-Kammer-Parlament, über eine Verfassunggebende Versammlung sowie über das Recht auf privaten Besitz an Grund und Boden zu befragen. Am 20.3. kündigt Jelzin in einer Fernsehansprache eine Vertrauensabstimmung über seine Amtsführung für den 25. April d.J. an. Gleichzeitig solle die Bevölkerung über eine neue Verfassung entscheiden. Jelzin, der ein Acht-Punkte-Programm zur Sanierung der Wirtschaft vorlegt, teilt mit, er habe die Führung der Streitkräfte angewiesen, sich aus der Innenpolitik herauszuhalten. - Am 23.3. bezeichnet das russische Verfassungsgericht einige Punkte der Fernsehansprache von Jelzin als verfassungswidrig. Der Präsident habe mit der Ankündigung einiger Dekrete gegen das Prinzip der Gewaltenteilung verstoßen. Parlamentspräsident Chasbulatow fordert daraufhin die Einleitung eines Amtsenthebungsverfahrens gegen Jelzin. Unter Vorsitz von Chasbulatow beschließt das Parlament am 24.3., den Volksdepuliertenkongreß zum 26.3. zu einer außerordentlichen Sitzung einzuberufen. - Am 24.3. entscheidet der Volksdeputiertenkongreß über die Amtsenthebung von Präsident Jelzin. Der entsprechende Antrag verfehlte mit 617 gegen 264 Stimmen die vorgeschriebene ZweiDrittel-Mehrheit von 689 Stimmen.
- N A T O. Der politische Außenminister Skubiszewski erklärt nach einem Treffen mit NATO-Generalsekretär Wörner in Brüssel, Polen verfolge eine "phasenweise Annäherung" an das Nordatlantische Bündnis. Ein Aufnahmeantrag werde der letzte Schritt sein. - Am 19.3. äußert der albanische Präsident Berisha gegenüber Wörner den Wunsch nach Mitgliedschaft in der NATO. Albanien sei die geografische Fortsetzung anderer Mitgliedstaaten, wie der Türkei, Griechenlands und Italiens. Wörner hatte zuvor eine Rede vor dem Parlament in Tirana gehalten.
10.3. - N a h e r O s t e n. Die israelische Regierung nimmt die formelle Einladung der Vereinigten Staaten und Rußlands zur Fortsetzung der Friedenskonferenz am 20. April d.J. in Washington an. Die arabischen Delegationen beraten mit den Vertretern der PLO vom 28.-29.3. in Damaskus über die Annahme oder Ablehnung der amerikanisch-russischen Einladung. Ein Beschluß wird vertagt. In Presseberichten heißt es, die palästinensische Delegation mache ihre weitere Teilnahme an den Friedensverhandlungen von der vorherigen Rückführung der von Israel deportierten Palästinenser abhängig (vgl. "Blätter", 4/1993, S. 389).
12.3. - K o r e a. Die Regierung der Demokratischen Volksrepublik Korea (Nordkorea) kündigt den Vertrag über die Nichtverbreitung von Kernwaffen vom 1. Juli 1968 (Text in "Blätter", 7/1968, S. 767 ff.). Nordkorea hatte zuvor die Forderung der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO) in Wien nach zusätzlichen Inspektionen auf seinem Territorium abgelehnt und zur Begründung erklärt, diese "Sonderinspektionen unserer militärischen Anlagen..., welche nichts mit nuklearen Aktivitäten zu tun haben", stellten "eine Verletzung der Souveränität unserer Republik dar". Der Rückzug aus dem Vertrag, der nach Artikel X erst nach Ablauf von drei Monaten wirksam werden kann, sei eine "gerechtfertigte Maßnahme zur Selbstverteidigung". - Am 1.4. stellt der Gouverneursrat der IAEO auf einer Sitzung in Wien fest, Nordkorea habe den Vertrag über die Nichtverbreitung von Kernwaffen verletzt. Von den 35 Mitgliedern des Rats stimmen nur China und Libyen gegen eine entsprechende Resolution, die dem Sicherheitsrat der Vereinten Nationen übermittelt werden soll.
15.-31.3. - C h i n a. In der Großen Halle des Volkes hält der Nationale Volkskongreß (Parlament) seine Jahrestagung ab. Ministerpräsident Li Peng gibt einen Rechenschaftsbericht und fordert eine Beschleunigung der Wirtschaftsreformen, die er als "sozialistische Marktwirtschaft" bezeichnet. Das staatliche Gemeineigentum solle die Haupteigentumsform bleiben und durch Privatwirtschaft und Unternehmen in ausländischem Besitz ergänzt werden. Finanzminister Liu Zhongli teilt mit, China werde die Ausgaben für die Streitkräfte im laufenden Jahr um 12,5% erhöhen. Die Delegierten wählen KP-Generalsekretär Jiang Zemin zum neuen Staatsoberhaupt. Jiang bleibt weiterhin Generalsekretär und Vorsitzender der Zentralen Militärkommission und damit Oberbefehlshaber der Streitkräfte.
20.3. - U N O. Die Republik Bosnien und Herzegowina reicht beim Internationalen Gerichtshof (IGH der Vereinten Nationen in Den Haag Klage gegen Jugoslawien (Serbien und Montenegro ein. In der Klageschrift wird die Regierung in Belgrad u.a. der Verletzung der Konvention über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes aus dem Jahre 1948 beschuldigt. Bosnien-Herzegowina beantragt den Erlaß "vorsorglicher Maßnahmen" (provisional measures) nach Art. 41 des IGH-Statuts. In mündlicher Verhandlung (1.-2.4.) tragen beide Seiten dem Gericht ihre gegensätzlichen Standpunkte vor. Am 31.3. verabschiedet der Sicherheitsrat in New York eine Resolution, die die NATO zur militärischen Durchsetzung des im Oktober v.J. verordneten Flugverbots über der Republik Bosnien-Herzegowina ermächtigt (vgl. "Blätter", 12/1992, S. 1412. Der Beschluß fällt mit 14 Stimmen bei Stimmenthaltung der VR China.
21.3. - F r a n k r e i c h. Im ersten Wahlgang zur Nationalversammlung zeichnet sich eine große Mehrheit für die bisherige Opposition aus Neo-Gaullisten (RPR und Rechtsliberalen (UDF sowie eine Niederlage für die regierenden Sozialisten (PS ab. RPR und UDF erhalten zusammen 39,5% der Stimmen, der PS liegt bei nur 17,6%. Für die Kommunistische Partei (PCF) werden 9,9%, für die beiden Umweltparteien zusammen 7,6% und für die rechtsextreme Nationale Front (FN) 12,4% der Stimmen abgegeben. Über die endgültige Zusammensetzung der Nationalversammlung wird am 28.3. im zweiten Wahlgang entschieden. Von den 577 Sitzen entfallen u.a. auf den RPR 247, auf die UDF 213, auf den PS 54 und auf den PCF 23; die Umweltparteien sowie die Nationale Front sind wegen des geltenden Mehrheitswahlrechts im Parlament nicht vertreten. Die Wahlbeteiligung liegt bei 68,9% (21.3.) bzw. bei 67,5% (28.3.). (Zur Wahl vom 5./12. Juni 1988 vgl. "Blätter", 7/1988, S. 772 und 8/1988, S. 900 f.) Nach Bekanntgabe der Wahlergebnisse erklärt der sozialistische Präsident Mitterrand, er werde nichtzurücktreten, sondern bis zum Ende seines Mandats im Jahre 1995 im Amt bleiben. - Am 29.3. entläßt Mitterrand das bisherige Kabinett des sozialistischen Ministerpräsidenten Beregovoy und ernennt Edouard Baladur (RPR) zum Premierminister. Der neuen Regierung gehören ausschließlich Minister von RPR und UDF an.
24.3. - S ü d a f r i k a. Präsident De Klerk bestätigt vor dem Parlament die seit vielen Jahren verbreiteten Berichte über die Existenz einer südafrikanischen Atombombe. Präsident Vorster habe im Jahre 1974 die Entwicklung einer begrenzten nuklearen Abschreckungsmacht angeordnet und diesen Beschluß mit dem damaligen sowjetischen Expansionismus im südlichen Afrika begründet. Die ohne ausländische Beteiligung hergestellten insgesamt sechs Sprengkörper seien noch vor dem Beitritt Südafrikas zum Vertrag über die Nichtverbreitung von Kernwaffen (10. Juli 1991) entschärft und zerstört worden. Die Internationale Atomenergie-Organisation (IAEO) in Wien begrüßt noch am gleichen Tag die Mitteilung von De Klerk. IAEO-Generalsekretär Blix sei im voraus über den Inhalt informiert worden.
27.3. - S o m a l i a. Die Führer von 15 politischen Bewegungen einigen sich auf einer Konferenz in der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba auf ein Abkommen zur nationalen Versöhnung (Agreement on National Reconciliation). Die Teilnehmer bestätigen die im Januar d.J. getroffene Vereinbarung, alle Waffen und Munition aus ihrem Besitz den Streitkräften der Vereinten Nationen zu übergeben (vgl. "Blätter", 2/1993, S. 132).
30.3. - D ä n e m a r k. Das Parlament ratifiziert mit großer Mehrheit (154 gegen 16 Stimmen den durch Zusatzvereinbarungen geänderten Vertrag von Maastricht (vgl. "Blätter", 2/1993, S. 132 und S. 252 ff.). Als Datum für ein noch ausstehendes Referendum wird der 18. Mai d.J. festgesetzt. - B R D / N i e d e r l a n d e. Bundesverteidigungsminister Rühe und der niederländische Verteidigungsminister Beek unterzeichnen in Bonn eine Vereinbarung über die Bildung eines deutsch-niederländischen Armeekorps. Die Einheit soll etwa 40 000 Mann umfassen und dem NATO-Oberbefehlshaber unterstellt sein.
2.4. - B u n d e s r e g i e r u n g. Das Kabinett stimmt auf einer Sondersitzung in Bonn der Teilnahme von Bundeswehroffizieren an der militärischen Durchsetzung des Flugverbots über Bosnien im Rahmen der NATO zu. Der Beschluß fällt mit den Stimmen der Unionsmehrheit im Kabinett gegen das Votum der Minister aus den Reihen der Freien Demokraten. Entsprechend einer zuvor getroffenen Vereinbarung zwischen CDU/CSU und FDP reicht die FDPBundestagsfraktion Klage beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe ein und beantragt eine Einstweilige Anordnung gegen den sofortigen Vollzug des Kabinettsbeschlusses. Die FDP vertritt dabei die Auffassung, daß die deutsche Teilnahme an diesem militärischen Einsatz ohne ausreichende Rechtsgrundlage erfolge und zunächst eine Änderung des Grundgesetzes erfordere. Die Fraktion der SPD schließt sich der Klage an.
3.-4.4. - R u ß l a n d / U S A. Die Präsiden ten Jelzin (Rußland) und Clinton (USA) halten in der kanadischen Stadt Vancouver ihr erstes Gipfeltreffen ab. Präsident Clinton legt ein Hilfsprogramm zur Förderung der russischen Wirtschaftsreformen im Umfang von 1,6 Mrd. Dollar vor. In Presseberichten heißt es, die Mittel für die Finanzierung dieses Programms seien bereits von Präsident Bush beim Kongreß beantragt worden. Zu den Themen des Gipfels, an dem auch die Außenminister beider Seiten teilnehmen, gehören die Rüstungskontrolle, die Ausweitung des Handelsverkehrs sowie die Möglichkeiten für amerikanische Investitionen in Rußland. Zum Abschluß der Beratungen wird eine gemeinsame "Erklärung von Vancouver" veröffentlicht.
5.4. - E G. Bei einem Treffen der Außenminister der Europäischen Gemeinschaft in Luxemburg werden die Beitrittsverhandlungen mit Norwegen offiziell aufgenommen. Norwegen hatte den Antrag auf EGMitgliedschaft am 25. November v.J. in Brüssel hinterlegt.