So erfolgreich die außenpolitische Einbettung der Wieder- oder Neuvereinigung war, so problematisch ist ihre innere Ausgestaltung. Hier rächt sich, daß eine Jahrhundertaufgabe nicht in der täglichen demokratischen Machtauseinandersetzung bewältigt werden kann. Das Spiel von Regierung und Opposition ist richtig und notwendig für die Regierung und Verwaltung eines Staatswesens in Friedenszeiten. Es versagt bei außergewöhnlichen Herausforderungen. Schon auf dem Höhepunkt der Auseinandersetzung mit der RAF um Schleyer-Mord und Flugzeugentführung wurden die Entscheidungen von allen demokratischen Parteien gemeinsam getroffen und getragen. Wie viel wichtiger wäre die Bildung einer nationalen Regierung aus allen demokratischen Parteien im Angesicht der heraufziehenden Einigungsaufgabe gewesen.
Selbst England, das klassische Land des Gegenübers von Regierung und Opposition, hat am 10. Mai 1940 eine nationale Regierung gebildet und alle politischen Kräfte in die Kriegsanstrengungen gegen Hitler einbezogen. Die Auseinandersetzungen um den richtigen Weg zur Einheit haben Versprechungen hervorgetrieben, von denen allen Beteiligten klar war, daß sie nicht einzuhalten sind.