Zweifellos ist die Regierungsbildung in Italien ein Wendepunkt in der italienischen Nachkriegsgeschichte. Aber in anderer Weise, als man vielleicht noch vor einigen Monaten hoffen konnte. Die Ernennung von Neofaschisten zu Ministern zeigt, in welchem Maße der Konsens, der die Erste Republik trug, die „aus dem Widerstand geborene", wie es immer wieder hieß, verblaßt ist. Und, das ist ganz offensichtlich, weder die linke noch Kräfte der Mitte vermochten es, an die Stelle dieses verblaßten Mythos irgend etwas Neues zu setzen.
Die Linke als konservatives Element
Im Gegenteil, in der - aufgrund der korrupten Versumpfung des alten politischen Systems - seit einigen Jahren in Gang gekommenen Debatte um eine „Zweite Republik", also eine grundlegende Verfassungsreform, erwies sich gerade die linke als extrem konservatives Element. Wofür sie heute die Quittung erhält. Als vor etwa fünf Jahren die bereits seit langem, aber nur als folkloristische Splittergruppe bestehende „Lega lombarda" auf einmal ein ernst zu nehmender politischer Faktor zu werden begann, da hatten die traditionellen politischen Kräfte von den Christdemokraten bis hin zu den — sich gerade im Wandel befindlichen – Kommunisten nichts Besseres zu tun, als ihr unisono Separatismus vorzuwerfen und sie der Aufkündigung der Solidarität ganz Italiens zu bezichtigen1).