7.3. - N a h e r O s t e n. Vertreter Israels und der Palästinensischen Befreiungs-Organisation (PLO) bereiten in Kairo die Wiederaufnahme der vorübergehend unterbrochenen Autonomieverhandlungen vor. In Presseberichten heißt es, die PLO erwarte zunächst eine Stellungnahme der Vereinten Nationen zu den Ereignissen von Hebron (vgl. "Blätter", 4/1994, S. 393), deren Urheber in Kreisen extremistischer israelischer Siedler in den besetzten Gebieten vermutet werden. - Am 11.3. trifft der russische Außenminister Kosyrew überraschend in Israel ein. Kosyrew konferiert mit Außenminister Peres und mit Ministerpräsident Rabin und reist noch am gleichen Tag zu Gesprächen mit dem PLO-Vorsitzenden Arafat nach Tunis. - Am 13.3. erklärt das israelische Kabinett die beiden Siedlervereinigungen Kach und Kahane Chai zu terroristischen Organisationen und erläßt ein Verbot mit sofortiger Wirkung. Die Regierung stützt sich bei ihrer einstimmig getroffenen Entscheidung auf eine Verordnung über die Verhinderung von Terrorismus aus dem Jahre 1948. - Am 15.3. besuchen hochrangige PLO-Vertreter aus dem Gazastreifen erstmals die Knesset. An der Zusammenkunft im Gebäude des israelischen Parlaments nehmen ausschließlich Abgeordnete der regierenden Arbeiterpartei teil. - Am 18.3. verurteilt der UN-Sicherheitsrat in New York in einer Resolution das Blutbad von Hebron vom 25. Februar d.J. und fordert von Israel Maßnahmen, um illegale Aktionen israelischer Siedler zu verhindern. Die USA beantragen getrennte Abstimmungen über jeden einzelnen Abschnitt der Resolution 904 (1994) und enthalten sich dann zweimal der Stimme. Die amerikanische Botschafterin Albright beanstandet u.a. die Formulierung besetztes palästinensisches Territoriums ("occupied Palestinian territory"). - Am 31.3. einigen sich Israel und die PLO auf die Stationierung von 160 ausländischen Beobachtern in Hebron. Die Beobachter sollen aus Dänemark, Italien und Norwegen kommen und mit Handfeuerwaffen zur Selbstverteidigung ausgerüstet sein. Die Regelung gilt zunächst für drei Monate. Außerdem wird die vorzeitige Verlegung palästinensischer Polizei in die Autonomiegebiete (Westjordanland und Jericho) vereinbart. - Am 4.4. beginnt die israelische Armee mit dem Abtransport von Truppen und schwerem Gerät aus ihren Basen im Gazastreifen. Aus dem Armeehauptquartier heißt es, der vollständige Rückzug könne innerhalb von zehn Tagen vollzogen werden.
9.3. - B R D / R u ß l a n d. Während eines Besuches des russischen Verteidigungsministers Gratschow in Bonn kündigt Bundesverteidigungsminister Rühe auf einer Pressekonferenz eine gemeinsame Übung deutscher und russischer Marineeinheiten in der Ostsee für den Frühsommer d.J. an. Im kommenden Jahr seien außerdem gemeinsame Stabsübungen ohne größere Truppenbeteiligung geplant.
G e o r g i e n. Präsident Schewardnadse fordert vor dem Sicherheitsrat der Vereinten Nationen in New York die Entsendung einer Friedenstruppe in die Kaukasus-Region. Jede Reaktion auf die gegenwärtige Situation in Abchasien müsse eine politische Lösung im Rahmen der Integrität des georgischen Staates einschließen und die friedliche Rückkehr der Vertriebenen in ihre Heimat ermöglichen. Bei einem Empfang für Schewardnadse im Weißen Haus in Washington hatte Präsident Clinton am 7.3. zugesagt, sich beim Kongreß für eine finanzielle Beteiligung der USA an einer solchen Friedens-Truppe einzusetzen. Eine Beteiligung amerikanischer Soldaten hatte Clinton jedoch abgelehnt. - Am 4.4. schließen Georgien und die Provinz Abchasien eine Vereinbarung über die Rückkehr von 250 000 Flüchtlingen und den Begin eines Waffenstillstandes. Die Unterzeichnung findet in Anwesenheit des UN-Sondergesandten Edouard Brunnen (Schweiz) statt.
9.-10.3. - E U. In Brüssel konstituiert sich der "Ausschuß der Regionen" (AdR), ein neues Organ im Rahmen der Europäischen Union, das jedoch gegenüber Rat und Kommission nur beratenden Status hat. Der Ausschuß, dem 189 Mitglieder aus den zwölf EUMitgliedstaaten angehören, wurde durch den Vertrag von Maastricht (vgl. "Blätter", 4/1992, S. 388) eingesetzt. Unter den 24 Mitgliedern aus der Bundesrepublik sind mehrere Ministerpräsidenten der Bundesländer. Am 16.3. werden die Beitrittsverhandlungen mit Norwegen, dem letzten der vier Beitrittskandidaten (vgl. "Blätter", 4/1994, S. 394) erfolgreich abgeschlossen. - Am 27.3. einigen sich die EU-Außenminister auf einer Zusammenkunft im griechischen Ioannina auf einen neuen Abstimmungsmodus im Ministerrat einer auf 16 Mitglieder erweiterten Union. Die Sperrminorität wird von derzeit 23 auf 27 Stimmen erhöht. Bei einer ablehnenden Minderheit von 23 bis 26 Stimmen soll die definitive Beschlußfassung des Rates "für eine gewisse Zeit" hinausgeschoben werden, um einen Kompromiß zu suchen. Die Formel geht auf einen Vorschlag des griechischen Ratsvorsitzenden Pangolos zurück und kommt den Forderungen Großbritanniens und Spaniens entgegen.
10.3. - C h i n a. Ministerpräsident Li Peng legt zur Eröffnung einer Plenartagung des Nationalen Volkskongresses (Parlament) einen Rechenschaftsbericht vor, in dessen Mittelpunkt die Fortführung der eingeleiteten Wirtschaftsreformen steht. Li weist bei dieser Gelegenheit die amerikanische Kritik an Verletzungen der Menschenrechte in der Volksrepublik zurück.
13.3. - N i e d e r s a c h s e n. Bei den Wahlen zum Landesparlament erreichen die Sozialdemokraten mit einem Stimmenzuwachs von 0,1% die absolute Mehrheit der Mandate. Die Grünen verzeichnen Gewinne, die Christdemokraten müssen erhebliche Verluste hinnehmen. Die Freien Demokraten (bisher 9 Landtagsmandate) scheitern mit 4,4% der Stimmen an der Fünf-Prozent-Klausel. Nach dem vorläufigen amtlichen Endergebnis entfallen (Angaben in %) auf die im Landesparlament vertretenen Parteien: SPD 44,3 (1990: 44,2), CDU 36,4 (42,0), Bündnis 90/Die Grünen 7,4 (5,5). Die Wahlbeteiligung beträgt 73,8 (74,6). Zusammensetzung des neuen Landtags (161, bisher 155 Abgeordnete): SPD 81 (71), CDU 67 (67), Bündnis 90/Die Grünen 13 (8). (Zu den Ergebnissen der Wahl vom 13. Mai 1990 vgl. "Blätter", 1/1991, S. 124). Noch am Wahlabend erklärt Ministerpräsident Gerhard Schröder (SPD), seine Partei wolle künftig allein regieren und die Koalition mit den Grünen (vgl. "Blätter", 8/1990, S. 901) nicht fortsetzen.
14.3. - R u ß l a n d / U S A. Der russische Außenminister Kosyrew empfängt seinen amerikanischen Amtskollegen Christopher zu einem Meinungsaustausch. Nach der zweistündigen Unterredung im Flughafengebäude von Madiwostok heißt es, trotz gelegentlicher Differenzen wolle man bei der Lösung internationaler Konflikte weiter zusammenarbeiten.
15.3. - K o r e a. Eine Gruppe von Inspektoren der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO) beendet weitere Kontrollen (1.-15.3.) des nuklearen Potentials der Demokratischen Volksrepublik Korea (Nordkorea) nach den Bestimmungen des Vertrages über die Nichtverbreitung von Kernwaffen. In einer am Sitz der IAEO in Wien veröffentlichten Mitteilung vorn 16.3. heißt es, der Gruppe sei trotz entsprechender Absprachen die Durchführung wichtiger Untersuchungen im radio-chemischen Laboratorium von Nyongbyon verweigert worden. Es sei daher unmöglich, ein genaues Urteil abzugeben. Der Gouverneursrat der Organisation beschließt am 21.3. in der österreichischen Hauptstadt, den Sicherheitsrat und die Generalversammlung der Vereinten Nationen mit der Angelegenheit zu befassen. - Am 21.3. fordert der südkoreanische Präsident Kim Young Sam die Stationierung moderner Patriot-Raketen auf amerikanischen Stützpunkten in Südkorea, Die Stationierung solle so schnell wie möglich erfolgen. Nordkorea droht daraufhin erneut mit der Kündigung des Kernwaffensperrvertrages. - Am 31.3. fordert der UN-Sicherheitsrat die nordkoreanische Regierung einstimmig auf, ihre Atomanlagen für internationale Inspektionen zu öffnen. In Presseberichten heißt es, China habe auf der Form einer "Erklärung" (Statement) bestanden und die Zustimmung zu einer bindenden Resolution abgelehnt. Am 4.4. bezeichnet das nordkoreanische Außenministerium die Erklärung des UN-Sicherheitsrates als für die Demokratische Volksrepublik Korea bedeutungslos. Der IAEO wird vorgeworfen, sich an Intrigen der USA zu beteiligen.
16.3. - R u ß l a n d. Verteidigungsminister Gratschow kündigt in Moskau die Reduzierung der russischen Streitkräfte um 200 000 auf 2,1 Mio. Mann im Jahre 1994 an. Gratschow kritisiert gleichzeitig das gelinge Militärbudget, das Kampfbereitschaft und Modernisierung der Truppe gefährde.
18.3. - J u g o s l a w i e n. Die Präsidenten Izetbegovic (Bosnien-Herzegowina) und Tudjman (Kroatien), der bosnische Ministerpräsident Silajdzic und der bosnische Kroatenführer Zubak unterzeichnen in Washington weitere Vereinbarungen über die Bildung einer Föderation Bosnien-Herzegowina und einer bosnisch-kroatischen Konföderation (vgl. "Dokumente zum Zeitgeschehen", in "Blätter", 4/1994, S. 503 ff.). An der Zeremonie im Weißen Haus nehmen der amerikanische Präsident Clinton, Vizepräsident Gore und Außenminister Christopher, der griechische Außenminister Papoulias und Bundesaußenminister Kinkel als Vertreter der Europäischen Union, sowie die Jugoslawien-Vermittler Owen (EU) und Stoltenberg (UNO) teil. Unterzeichnet werden drei Dokumente: 1. ein Rahmenvertrag über die moslemisch-kroatische Föderation in Bosnien, unterzeichnet von Izetbegovic, Tudjman, Silajdzic und Zubak; 2. eine Verfassung für die neue Föderation, unterzeichnet von Silajdzic und Zubak; 3. ein vorläufiges Abkommen zwischen der neuen Föderation und Kroatien, unterzeichnet von Izetbegovic und Tudjman. Das Vertragswerk war von einem Lenkungsausschuß in der amerikanischen Botschaft in Wien ausgearbeitet worden (vgl. "Blätter", 4/1994, S. 392). Präsident Clinton erklärt in einer kurzen Ansprache, das Vertragswerk gebe Anlaß zu neuen Hoffnungen, ein wirklicher Friede könne jedoch nur durch konkrete Taten aller am Balkankonflikt beteiligten Parteien zustandekommen. Clinton appelliert an die serbische Seite, sich mit Muslimen und Kroaten auf eine umfassende Friedenslösung zu seien bereit, im Rahmen einer umfassenden Friedensregelung Überwachungstruppen nach Bosnien zu entsenden. - Am 24.3. lehnt das Parlament der bosnischen Serben in Pale den Eintritt in die geplante Föderation der Kroaten und Muslime in Bosnien ab. Das Parlament spricht sich dagegen für eine unabhängige serbische Republik aus. - Am 25.3. protestieren die Bundesrepublik Jugoslawien (Serbien und Montenegro) sowie Griechenland gegen die Entscheidung des UN-Generalsekretärs, türkische Soldaten in die Friedenstruppe auf dem Gebiet von Bosnien-Herzegowina einzubeziehen.
27.-28.3. - I t a l i e n. Die vorzeitigen Parlamentswahlen (vgl. "Blätter", 3/1994, S. 266) führen zu erheblichen Veränderungen in der Zusammensetzung von Abgeordnetenkammer und Senat. Ein Rechtsbündnis "Polo delle Liberta" (Pol der Freiheit), dem unter Führung der Partei "Forza Italia" (Italien voran) des Mailänder Unternehmers Silvio Berlusconi die norditalienische "Lega Nord" sowie die neofaschistische "Alleanza Nazionale' (Nationale Allianz) angehören, erreicht in der Kammer mit 366 von 630 Sitzen die absolute Mehrheit. An zweiter Stelle liegt ein Linksbündnis unter Führung der Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS) mit zusammen 213 Sitzen. Drittstärkste Kraft ist ein Zusammenschluß mit den früheren Christdemokraten, jetzt Volkspartei (Partito Populare Italiana / PPI) mit 46 Sitzen. Im Senat (315 Sitze) sind die drei Gruppierungen mit 155 bzw. 122 und 31 Sitzen vertreten. Unmittelbar nach Bekanntgabe der Wahlergebnisse nimmt Berlusconi, der das Amt des Regierungschefs für sich beansprucht, Verhandlungen über eine Kabinettsbildung auf.
1.4. - U n g a r n. Außenminister Jeszenszky beantragt offiziell die Vollmitgliedschaft in der Europäischen Union. Der Außenminister übergibt das entsprechende Dokument in Athen dem gegenwärtigen EU-Ratspräsidienten, dem griechischen Europameister Pangalos. Jeszenszky erklärt bei dieser Gelegenheit, Ungarn rechne mit einer Vollmitgliedschaft im Jahre 1999 oder 2000.
4.4. - S o m a l i a. Milizenführer Aidid macht die Friedenstruppe der Vereinten Nationen für den Tod von 13 000 Bürgern Somalias verantwortlich. Vor 700 Teilnehmern eines Kongresses in der ungandischen Hauptstadt Kampala erklärt Aidid, das somalische Volk verlange von den USA und allen anderen an der UN-Aktion beteiligten Ländern Schadenersatz.