Am 31. August verlassen die letzten Soldaten der ehemaligen Roten Armee deutsches Staatsgebiet. Fast fünfzig Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs und der Befreiung vom Faschismus geht damit in Deutschland die Nachkriegszeit endgültig zu Ende. Der friedliche Abzug der russischen Soldaten aus der ehemaligen DDR macht noch einmal den epochalen Wandel deutlich, der seit 1989 das Gesicht Europas verändert hat. Als unmittelbare Nutznießer dieser Entwicklung haben Deutsche allen Anlaß, die politische Bedeutung dieses Datums zu würdigen. Die sowjetischen Streitkräfte kamen als Sieger und haben mit ihrer Anwesenheit jahrzehntelang die Teilung Deutschlands und Europas besiegelt. Ihre Soldaten verlassen Deutschland als Partner und Freunde. Jetzt müssen Rußland und Deutschland lernen, ihr großes gesellschaftliches Potential und ihre politischen Möglichkeiten in den Dienst einer dauerhaften und zukunftsfähigen Friedensordnung zu stellen.
Seit der Kapitulation im Jahr 1945 war die Rote Armee im Osten Deutschlands als Besatzungsmacht allgegenwärtig. Da die DDR ihre Existenz ausschließlich der Anwesenheit der sowjetischen Truppen verdankte, blieb das Verhältnis der ostdeutschen Bevölkerung zu den im Land stationierten russischen Soldaten stets gestört und durch gegenseitige Abgrenzung bestimmt. Es war praktisch nicht möglich, zu den Soldaten, Offizieren und ihren Familien persönliche Kontakte zu unterhalten. Der obligatorische Russisch-Unterricht an allen DDR-Schulen hat die allgemeine Sprachlosigkeit zwischen Deutschen und Russen nicht durchbrochen, weil es keine Ebenen offener Kommunikation gab. Freundschaft zur Sowjetunion war politisch-ideologisch verordnet und konnte deshalb nicht wirklich gelebt werden. 45 Jahre staatlich propagierte „Deutsch-Sowjetische Freundschaft" müssen im Rückblick als eine Geschichte verpaßter Gelegenheiten abgebucht werden. [...]
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