Ausgabe November 1995

Die NATO-Studie zur Erweiterung des Bündnisses vom September 1995 (Auszug)

Im Dezember 1994 hatten die Außenminister der 16 NATO-Staaten beschlossen, einen Überprüfungsprozeß innerhalb des nordatlantischen Bündnisses über die Grundsätze, Modalitäten und Auswirkungen einer Erweiterung der NATO einzuleiten. Ergebnisse dieser Überprüfung wurden in einer Studie festgehalten, die im September 1995 vorgelegt und – nachdem u. a. das Bedenken gegen eine Erweiterung äußernde Rußland informiert worden war – schließlich auch öffentlich gemacht. Die vorliegende Studie befaßt sich vornehmlich mit Gründen und Verfahren einer NATO- Erweiterung. Festlegungen in bezug auf neue Mitgliedsländer und Beitrittstermine wurden vermieden. Klargestellt wird hingegen die Ausweitung der auf die „strategischen Nuklearwaffen“ der NATO gestützten Sicherheitsgarantie auf neue Bündnisstaaten: „Neue Mitglieder teilen die daraus erwachsenden Vorzüge und Verantwortlichkeiten auf die gleiche Weise, wie dies alle anderen Verbündeten in Übereinstimmung mit dem Strategischen Konzept auch tun.“ Des weiteren wird konstatiert, daß es aufgrund der NATO-Streitkräftestruktur wichtig sei, daß alliierte Soldaten im Bedarfsfall Zugang zum Territorium neuer Mitgliedstaaten haben. Nachstehend veröffentlichen wir die ersten beiden Kapitel der NATO-Studie zur Erweiterung des Bündnisses. – D. Red.

 

Kapitel 1: Zwecke und Prinzipien der Erweiterung

A. Warum die NATO erweitert werden wird / Zwecke der Erweiterung

1. Mit dem Ende des Kalten Krieges gibt es die einzigartige Gelegenheit, eine verbesserte Sicherheitsarchitektur in dem gesamten euro-atlantischen Gebiet zu errichten. Das Ziel einer verbesserten Sicherheitsarchitektur ist es, für größere, allen im euro-atlantischen Gebiet zugute kommende Stabilität und Sicherheit zu sorgen, ohne die Trennungslinien wieder herzustellen. Die NATO betrachtet Sicherheit als ein breites Konzept, das politische und ökonomische ebenso wie Verteidigungskomponenten umfaßt. Solch ein breites Sicherheitskonzept sollte die Basis für eine neue Sicherheitsarchitektur bilden, die durch einen schrittweisen Prozeß von Integration und Kooperation errichtet werden muß, herbeigeführt durch ein Zusammenspiel bestehender multinationaler Institutionen in Europa wie EU, WEU und OSZE, von denen eine jede in Übereinstimmung mit ihren entsprechenden Verantwortlichkeiten eine Rolle bei der Umsetzung dieses breiten Sicherheitskonzepts zu spielen hat. In diesem Prozeß, der bereits auf gutem Weg ist, hat die Allianz eine starke, aktive und zentrale Rolle als einer der Ecksteine der Stabilität und Sicherheit in Europa gespielt und wird diese Rolle auch weiterhin spielen. Die NATO bleibt eine rein defensive Allianz, deren grundlegender Zweck darin besteht, den Frieden im euro-atlantischen Gebiet zu bewahren und Sicherheit für ihre Mitglieder zu schaffen. [...]

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