Ausgabe November 1995

Dokumente zur Entwicklung im ehemaligen Jugoslawien:

Resolution 1009 des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen vom 10. August 1995 (Wortlaut)

Der Sicherheitsrat, unter Hinweis auf alle seine früheren Resolutionen zu den Konflikten im Hoheitsgebiet des ehemaligen Jugoslawien und insbesondere die Resolution 981 (1995) vom 31. März 1995, 990 (1995) vom 28. April 1995 und 994 (1995) vom 17. Mai 1995, in Bekräftigung der Erklärung seines Präsidenten vom 3. und 4. August 1995 (S/PRST/ 1995/37 und S/PRST/ 1995/38) sowie zutiefst besorgt darüber, daß die Regierung der Republik Kroatien den darin enthaltenen Forderungen noch nicht voll entsprochen hat, nach Behandlung des Berichts des Generalsekretärs vom 3. August 1995 (S/1995/650) und seines Schreiberns vom 7. August 1995 (S/1995/666), mit Besorgnis Kenntnis nehmend von den im Bereich des Generalsekretärs vom 3. August 1995 enthaltenen Meldungen über Verstöße gegen die Resolution 713 (1991) vom 25. September 1991, mit großem Bedauern über den Abbruch der am 3. August 1995 in Genf aufgenommenen Gespräche, in Bekräftigung seines Eintretens für die Suche nach einer Gesamtverhandlungsregelung der Konflikte im ehemaligen Jugoslavien, welche die Souveränität und territoriale Unversehrtheit aller dortigen Staaten innerhalb ihrer international anerkannten Grenzen gewährleistet, und unter Betonung der Bedeutung, die er der gegenseitigen Anerkennung dieser Staaten beimißt, und in diesem Zusammenhang unter Begrüßung aller internationalen Bemühungen, eine Verhandlungslösung des Konflikts in der Republik Kroatien zu erleichtern, entschieden mißbilligend, daß die Regierung der Republik Kroatien am 4. August 1995 eine großangelegte militärische Offensive eingeleitet und somit eine unannehmbare Eskalation des Konflikts herbeigeführt hat, mit dem Risiko weiterer Folgeangriffe seitens irgendeiner Partei, unter Verurteilung des Artilleriebeschusses von zivilen Zielen, zutiefst besorgt über die ernste Lage der infolge des Konflikts von ihren Heimstätten Vertriebenen und über die gemeldeten Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht, unter Betonung der Notwendigkeit, die Rechte der örtlichen serbischen Bevölkerung zu schützen, unter schärfster Verurteilung der gegen Personal der Friedenssicherungstruppen der Vereinten Nationen gerichteten nicht hinnehmbaren Handlungen der kroatischen Regierungskräfte, namentlich derjenigen, die zum Tod eines dänischen Mitglieds und zweier tschechischer Mitglieder geführt haben, und den betroffenen Regierungen seine Anteilnahme bekundend, Kenntnis nehmend von der am 6. August 1995 unterzeichneten Vereinbarung zwischen der Republik Kroatien und den Friedenstruppen der Vereinten Nationen (S/1995/666, Anhang III) und unter Betonung der Notwendigkeit einer strengen Einhaltung dieser Vereinbarung durch die Regierung der Republik Kroatien, in Bekräftigung seiner Entschlossenheit, die Sicherheit und Bewegungsfreiheit des Personals der Friedenssicherungseinsätze der Vereinten Nationen im Hoheitsgebiet des ehemaligen Jugoslawiens zu gewährleisten, und zu diesem Zweck tätig werdend nach Kapitel VII der Charta der Vereinten Nationen,

1. verlangt, daß die Regierung der Republik Kroatien unverzüglich alle Kampfhandlungen einstellt und alle Ratsresolutionen, einschließlich Ratsresolution 994 (1995), uneingeschränkt befolgen werden;

2. verlangt ferner, daß die Regierung der Republik Kroatien in Übereinstimmung mit den international anerkannten Normen und in Übereinstimmung mit der am 6. August 1995 unterzeichneten Vereinbarung zwischen der Republik Kroatien und den Friedenstruppen der Vereinten Nationen a) die Rechte der örtlichen serbischen Bevölkerung voll achtet, einschließlich ihres Rechts, in Sicherheit an Ort und Stelle zu verbleiben, sich wegzubegeben oder zurückzukehren , b) den internationalen humanitären Organisationen den Zugang zu dieser Bevölkerung gewährt, und c) Bedingungen schafft, die der Rückkehr derjenigen Personen, die ihre Heimstätten verlassen haben, förderlich sind;

3. erinnert die Republik Kroatien daran, daß es ihr obliegt, den Vertretern des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz Zugang zu den von den kroatischen Regierungskräften festgehaltenen Mitgliedern der örtlichen serbischen Streitkräfte zu gewähren;

4. wiederholt, daß alle, die Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht begehen, dafür individuell verantwortlich gemacht werden;

5. ersucht den Generalsekretär, in Zusammenarbeit mit dem dem Hohen Kommissar der Vereinten Nationen für Flüchtlinge, dem Hohen Kommissar der Vereinten Nationen für Menschenrechte, dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz und anderen zuständigen internationalen humanitären Institutionen die humanitäre Lage der örtlichen serbischen Bevölkerung zu bewerten, einschließlich des Problems der Flüchtlinge und Vertriebenen, und darüber so bald wie möglich Bericht zu erstatten;

6. verlangt, daß die Regierung der Republik Kroatien die Rechtsstellung des Personals der Vereinten Nationen voll achtet, jegliche Angriffe auf dieses Personal unterläßt, diejenigen, die für solche Angriffe verantwortlich sind, vor Gericht bringt und die Sicherheit und Bewegungsfreiheit des Personals der Vereinten Nationen jederzeit gewährleistet, und ersucht den Generalsekretär, den der Rat über die in dieser Hinsicht unternommenen Schritte und die diesbezüglich gefaßten Beschlüsse auf dem laufenden zu halten;

7. fordert die Parteien und anderen Beteiligten nachdrücklich auf, im Sektor Ost und dessen Umgebung größte Zurückhaltung zu üben, und ersucht den Generalsekretär, die Situation dort weiter zu verfolgen;

8. erinnert alle Parteien daran, daß sie gehalten sind, die Resolution 816 (1993) vom 31. März 1993 uneingeschränkt zu befolgen;

9. wiederholt seine Forderung nach einer Verhandlungsregelung, die die Rechte aller Bevölkerungsgruppen garantiert, und fordert die Regierung der Republik Kroatien nachdrücklich auf, die Gespräche unter der Schirmherrschaft der Kovorsitzenden des Lenkungsausschusses der Internationalen Konferenz über Jugoslawien wiederaufzunehmen;

10. ersucht den Generalsekretär, dem Rat binnen drei Wochen nach Verabschiedung dieser Resolution über die Durchführung dieser Resolution und die Auswirkungen der Situation auf die UNCRO Bericht zu erstatten, und bekundet seine Bereitschaft, seine Empfehlungen im Zusammenhang mit der UNCRO umgehend zu prüfen;

11. beschließt, mit der Angelegenheit aktiv befaßt zu bleiben und weitere Maßnahmen zu prüfen, mit dem Ziel, die Befolgung dieser Resolution zu erreichen.

 

 

 

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