Die Bundesregierung hat sich während der letzten Monate in eine chaotische wirtschaftspolitische Situation manövriert, aus der sie keinen Ausweg findet. Nirgendwo wird dies deutlicher als in der Diskussion um die Haushaltspolitik, um die Ausgaben, Einnahmen und Neuverschuldung des Staates. Dabei scheint die Hauptlinie der Politik zunächst klar: Sie heißt Sicherung des Standortes Deutschland durch umfassende – auch steuerliche – Entlastung der Unternehmen. Diese Linie soll auf zwei Wegen umgesetzt werden:
- Das Anfang des Jahres von der Regierung verabschiedete 50-Punkte-„Programm für mehr Wachstum und Beschäftigung“ organisiert die Entlastung im Kern durch Sozialabbau, Umverteilung von unten nach oben und Einschränkung des Schutzes für die Schwächeren. Einige Zentralstücke dieses Konzeptes – Einschränkung der Lohnfortzahlung und des Kündigungsschutzes, Heraufsetzung des Rentenalters – sind am 13. September bereits Gesetz geworden.
- Der Plan für eine große Steuerreform, die 1999 in Kraft treten soll, sieht vor allem eine drastische Senkung des Spitzensteuersatzes bei der Einkommensteuer von jetzt – theoretisch – 53% auf einen Satz um 30-35% (und des Eingangssteuersatzes von jetzt knapp 26% auf rund 20%) vor. Der dadurch bedingte Steuerausfall von rund 100 Mrd.