Programm für mehr Wachstum und Beschäftigung vom 25. April 1996 (Auszug)
Für große Aufregung sorgte die Bundesregierung mit ihrem am 25. April d.J. vorgelegten „Programm für mehr Wachstum und Beschäftigung“: Neben einer Reihe von Vorschlägen zur Entlastung von Unternehmen enthält es eine Liste größerer und kleinerer Sparmaßnahmen des Bundes mit einem Gesamtvolumen von 25 Milliarden DM – die gleiche Summe sollten laut Programm die Länder einsparen. Das SPD-Präsidium verabschiedete am gleichen Tag ein Gegenkonzept, das davon ausgeht, daß soziale Einschnitte zwecks kurzfristiger Sanierung des Staatshaushalts Gift für die ohnehin geschwächte Konjunktur sind; „sofort“ wirkende Sparmaßnahmen wären so letztlich kontraproduktiv. Umgekehrt müsse die Lösung der Finanzprobleme in der aktiven Stärkung von Wachstum und Beschäftigung gesucht werden (vgl. auch die Wirtschaftsinformation in diesem Heft). Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) bezeichnete das Sparpaket als einen „Katalog der Grausamkeiten“, ein „Geschenkpaket an Arbeitgeber, Wohlhabende und Reiche“ – und startete umgehend eine Kampagne „Für Arbeit und soziale Gerechtigkeit“ (siehe auch die Sozialstaatscharta des DGB und der Wohlfahrtsverbände in „Bätter“, 6/1996, S. 752-756). Ihren vorläufigen Höhepunkt erlebte diese Bewegung, als der DGB die für Herbst vorgesehene Großkundgebung auf den 15. Juni vorverlegte und rund 350 000 Menschen mobilisierte. Zuvor hatte DGB-Chef Dieter Schulte am 4. Juni ein eigenes Alternativprogramm der Gewerkschaften präsentiert: statt die Ausgaben zu senken und sozial ungerecht zu sparen, sollte die Bundesregierung die Einnahmen erhöhen, aber auch weitere Kreditaufnahmen für die Dauer der Konjunkturkrise in Kauf nehmen. Vertreter der Bonner Koalition, wie CDU/CSU-Fraktionschef Wolfgang Schäuble, hatten vor dem 15. Juni erklärt, daß man mitnichten gedenke, „dem Druck der Straße nachzugeben“. Doch schon drei Tage nach der größten Demonstration in der Geschichte des DGB kündigte der Kanzler selbst an, daß einige Maßnahmen aus dem Katalog gestrichen oder zumindest verschoben würden. Wir dokumentieren im folgenden das Programm der Bundesregierung (ohne Einleitung) sowie die Alternativkonzepte von SPD und DGB in Auszügen. D. Red.
I. Offensive für unternehmerische Selbständigkeit
1. Existenzgründer fördern Die Eigenkapitalbildung in den Anfangsjahren wird dadurch gefördert, daß die für kleine und mittlere Betriebe zulässige Ansparabschreibung (§ 7 g des Einkommensteuergesetzes) durch folgende Maßnahmen verbessert wird:
- Verdoppelung der Frist, in der die Rücklage beibehalten werden kann, von 2 auf 4 Jahre,
- Verdoppelung des Höchstbetrags der Rücklage von 300.000 DM auf 600.000 DM,
- Verzicht auf den Gewinnzuschlag, wenn die geplante Investition nicht durchgeführt wird.
Durch diese Maßnahmen wird insbesondere auch das Insolvenzrisiko verringert.
2. Zugang zu Wagniskapital verbessern Zur Verbesserung der Bedingungen auf dem deutschen Wagniskapitalmarkt und zur weiteren Förderung von Existenzgründungen hat die Bundesregierung im Aktionsprogramm für Investitionen und Arbeitsplätze bereits eine Reihe von Maßnahmen angekündigt:
- Entlastung der Eigenkapitalbasis von Unternehmen, insbesondere im Rahmen der Unternehmenssteuerreform und der Reform von Erbschaft- und Schenkungsteuer sowie der Vermögensteuer.
- Rasche Umsetzung der EG-Richtlinie über Wertpapierdienstleistungen.
- Schaffung von rechtlichen Voraussetzungen für Investmentgesellschaften in Form von Aktiengesellschaften, bei denen die Anleger ihre Anteile nur an der Börse handeln, nicht aber zum Inventarwert zurückgeben können.
- Modernisierung der Prospekthaftung.
- Reform der Förderung von Beteiligungsgesellschaften mit Blick auf eine Stärkung des Engagements in risikoreichen Anlagen.
- Stärkung der Attraktivität von Unternehmensbeteiligungsgesellschaften, z.B. durch Verkürzung der Fristen für eine steuerfreie Veräußerung von Unternehmensbeteiligungen.
- Lockerung des § 32a GmbH-Gesetz für Beteiligungen unter 10% des Gesellschaftskapitals. Darüber hinaus ist vorgesehen:
- Stärkere Mobilisierung von Wagniskapital auch im Arbeitnehmer-Bereich.
- Verbesserter Zugang kleiner und mittlerer Unternehmen zum Kapitalmarkt. [...]
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