1.7. - O S Z E / U N O. Der Amtierende Vorsitzende der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), Bundesrat Cotti (Schweiz), und UN-Generalsekretär Boutros Ghali vereinbaren bei einem Gespräch in Genf eine engere Zusammenarbeit zwischen beiden Organisationen. In Presseberichten heißt es, es werde vor allem an eine Koordinierung der Einsätze in den verschiedenen Konfliktregionen gedacht. Cotti erneuert die Forderung nach Auslieferung mutmaßlicher Kriegsverbrecher an das Tribunal der Vereinten Nationen in Den Haag.
3.7. - R u ß l a n d. Bei der Stichwahl zur Präsidentschaft kann der amtierende Präsident Boris Jelzin seinen Vorsprung verteidigen (zum ersten Wahlgang vgl. "Blätter", 8/1996, S. 901). Für Jelzin werden 53,8%, für seinen Gegenkandidaten, den kommunistischen Bewerber Gennadij Sjuganow 40,3% der Stimmen abgegeben. Gegen beide Kandidaten stimmen knapp 5% der Wähler. Jelzin, der Ministerpräsident Viktor Tschernomyrdin erneut mit der Regierungsbildung beauftragt, bezeichnet am 10.7. den Kampf gegen die Korruption sowie eine Erhöhung des Lebensstandards als Hauptaufgaben seiner zweiten Amtszeit. In der Wirtschaftspolitik seien Änderungen nötig. - Am 17.7. wird Igor Rodionow, bisher Leiter der Militärakademie des Generalstabs, zum neuen Verteidigungsminister ernannt. Rodionow ist Nachfolger von Pawel Gratschow (zur Entlassung vgl. "Blätter", 8/1996, S. 901). - Am 25.7. ordnet Präsident Jelzin per Dekret die Bildung eines Verteidigungsrates an. Der Rat, dem 18 Mitglieder angehören, soll die Entscheidungen des Präsidenten zu militärischen Fragen vorbereiten und sich mit Problemen der Rüstungsindustrie beschäftigen. Mitglieder sind u.a. Ministerpräsident Tschernomyrdin, Sicherheitsberater Lebed und Verteidigungsminister Rodionow.
- B e l a r u s. Präsident Lukaschenko schlägt die Schaffung einer kernwaffenfreien Zone im östlichen Europa vor. Diese Zone, so erklärt Lukaschenko in der Hauptstadt Minsk, solle "die früheren sozialistischen Länder Osteuropas, Weißrußland (Belarus), die Ukraine und die baltischen Staaten" umfassen.
5.7. - B u n d e s w e h r. Bundesverteidigungsminister Rühe bezeichnet in einer Stellungnahme zum 40. Jahrestag der Wiedereinführung der Wehrpflicht (Beschluß des Deutschen Bundestages vom 7. Juli 1956) die Bundeswehr als "das Rückgrat der NATO-Verteidigung in Mitteleuropa", die sich "in vielen europäischen Krisen der Nachkriegszeit bewährt" habe. Mehr als acht Millionen Wehrpflichtige und Reservisten seien bisher in der Bundeswehr ausgebildet worden, die Wehrpflicht bleibe auch für die Zukunft unverzichtbar.
5.-9.7. - O S Z E. In Stockholm findet das fünfte Jahrestreffen der Parlamentarischen Versammlung der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) statt. Neben einer Reihe allgemeiner Empfehlungen zu politischen, wirtschaftlichen und humanitären Fragen verabschiedet die Versammlung den Entwurf eines "Verhaltenkodex" (Code of Conduct) für die Zusammenarbeit zwischen den 55 Mitgliedstaaten, der dem OSZE-Gipfel in Lissabon im Dezember d.J. vorgelegt werden soll.
6.-7.7. - B a l k a n. Die Außenminister Albaniens, Bosniens, Bulgariens, Griechenlands, Jugoslawiens, Rumäniens und der Türkei sowie Beobachter aus Italien, Kroatien, Slowenien und Ungarn beraten auf einer Konferenz in der bulgarischen Hauptstadt Sofia über die Möglichkeiten einer engeren Zusammenarbeit. Diskutiert werden Vorschläge aus dem Bereich der Wirtschaft, der Telekommunikation und des Verkehrs. Die Teilnehmer beschließen, gemeinsam zum Wiederaufbau Bosniens beizutragen.
8.7. - T ü r k e i. Die neue Koalitionsregierung unter dem Vorsitzenden der islamistischen Wohlfahrtspartei (Refah), Necmettin Erbakan, erhält im Parlament in Ankara mit 278 gegen 264 Stimmen das Vertrauen. Mit Erbakan übernimmt erstmals seit Gründung der Republik im Jahre 1923 ein islamistischer Politiker die Führung der Regierung. Dem am 29. Juni d.J. gebildeten Kabinett gehört neben der Wohlfahrtspartei die von Tansu Ciller geführte Partei des Rechten Weges (DYP) an. Frau Ciller soll im Rotationsverfahren nach zwei Jahren das Amt des Regierungschefs von Erbakan übernehmen. (Zum Wahlergebnis vom Dezember v.J. vgl. "Blätter", 2/1996, S. 134.)
- I s r a e l. Ministerpräsident Netanjahu beruft den Likud-Politiker Ariel Scharon in das neue Kabinett (vgl. "Blätter", 8/1996, S. 900) und folgt damit einer öffentlichen Aufforderung von Außenminister David Levy, der mit dem Austritt aus der Regierung gedroht hatte. Scharon, der ein eigens geschaffenes Ministerium für nationale Infrastruktur übernimmt, war während seiner Amtszeit als Verteidigungsminister für die Annexion des Westjordanlandes und des Gazastreifens eingetreten.
9.7. - N a h e r O s t e n. Der neue israelische Ministerpräsident Netanjaju (vgl. "Blätter", 7/1996, S. 774) trifft in Washington mit Präsident Clinton und später mit dem republikanischen Präsidentschaftskandidaten Bob Dole zusammen. Vor der Presse distanziert sich Netanjahu von der Formel "Land gegen Frieden" seines Vorgängers Peres und spricht statt dessen von einem "Frieden in Sicherheit". In einer Rede vor beiden Häusern des amerikanischen Kongresses erklärt Netanjahu seine Bereitschaft zur Fortsetzung der Friedensverhandlungen. Ein Friede, in dem Israel attackiert werde, sei jedoch kein echter Friede. Der Premierminister bekräftigt den Anspruch Israels auf ein ungeteiltes Jerusalem. - Am 11.7. widerspricht Palästinenserführer Arafat den Ausführungen Netanjahus. Jerusalem werde für immer die Hauptstadt Palästinas sein. - Am 14.7. appellieren sechs Golfstaaten sowie Ägypten und Syrien an Rußland und die USA, die neue israelische Regierung zum Festhalten an den bisherigen Prinzipien des Friedensprozesses zu bewegen. Eine Aussöhnung zwischen Israel und den Arabern müsse auf der Formel "Land gegen Frieden" und den Resolutionen der Vereinten Nationen beruhen. - Am 16.7. führt der jordanische Ministerpräsident Kabariti in Tel Aviv ein kurzes Gespräch mit Ministerpräsident Netanjahu. Kabariti kommt aus Kairo, wo er mit dem ägyptischen Präsidenten Mubarak konferiert hatte. Netanjahu trifft am 18.7. mit Mubarak in Kairo zusammen. Der ägyptische Präsident erklärt anschließend, im Zentrum des Nahostproblems stehe weiter die Palästina-Frage. Die Verträge mit den Palästinensern seien bindend und könnten nicht neu ausgehandelt werden. - Am 21.7. kommt durch Vermittlung der Bundesrepublik Deutschland und des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) ein Gefangenenaustausch zwischen der im Libanon operierenden Hizbollah und Israel zustande. Gleichzeitig übergeben beide Seiten die sterblichen Überreste von Gefallenen. An der humanitären Aktion sind auch die Regierungen des Iran und Syriens beteiligt. Die israelische Armee lockert am gleichen Tag die im Frühjahr d.J. angeordnete Abriegelung der palästinensischen Autonomiegebiete (vgl. "Blätter", 4/1996, S. 388 und 5/1996, S. 516 f.). Am 23.7. führen Palästinenserpräsident Arafat und der neue israelische Außenminister Levy am Grenzübergang Erez ein erstes offizielles Gespräch, das von beiden Seiten als offen und positiv bewertet wird. In Presseberichten heißt es, Arafat habe zugesagt, die Streichung der gegen Israel gerichteten Passagen aus der PLOCharta in einem Schreiben an Ministerpräsident Netanjahu noch einmal ausdrücklich zu bestätigen (vgl. "Blätter", 6/1996, S. 646). - Am 25.7. besucht Arafat den syrischen Präsidenten Asud in Damaskus Arafat überbringt einen Brief von Außenminister Levy, der sich dann bereit erklärt, jederzeit und an jedem Ort mit dem syrischen Außenminister Charea zusammenzutreffen. - Am 29.7. nimmt Präsident Mubarak mehrtägige Verhandlungen in Washington auf. Gesprächspartner sind Außenminister Christopher und am 30.7. Präsident Clinton.
10.7. - A f r i k a. Zum Abschluß eines dreitägigen Treffens der Organisation für Afrikanische Einheit (Organization for African Unity/OAU) in Jaunde (Kamerun) befürworten die Staats- und Regierungschefs aus 53 Ländern eine regionale militärische Initiative, um das Blutvergießen im ostafrikanischen Burundi zu beenden. Die Teilnehmer des Treffens setzen sich außerdem für eine zweite Amtszeit von UN-Generalsekretär Boutros Ghali ein. - Am 25.7. übernimmt die Armee in Burundi die Macht und setzt den früheren Militärbefehlshaber Pierre Buyoya als Interimspräsident ein. Die verfassungsmäßigen Institutionen werden suspendiert, die politischen Gruppierungen verboten. Führende Politiker des Landes, unter ihnen Präsident Sylvestre Ntibantunganya, hatten zuvor in ausländischen Botschaften in der Hauptstadt Bujumbura Schutz gesucht. - Am 26.7. wird der Militärputsch in einer Erklärung der OAU scharf verurteilt und Ntibantunganya als der rechtmäßige Präsident bezeichnet. - Am 30.7. fordern die Staats und Regierungschefs von sechs ost- und zentralafrikanischen Staaten auf einem Sondergipfel in Arusha (Tansania) die Machthaber in Burundi ultimativ auf, bedingungslose Verhandlungen mit allen Konfliktparteien aufzunehmen und die Nationalversammlung wieder in ihre Rechte einzusetzen. Anderenfalls sollten Sanktionen verhängt werden. OAU-Generalsekretär Salim erklärt am Rande des Treffens, auch eine militärische Intervention in Burundi sei nicht ausgeschlossen.
17.7. - J u g o s l a w i e n. Das Tribunal der Vereinten Nationen zur Verfolgung von Kriegsverbrechen im ehemaligen Jugoslawien erläßt nach öffentlicher Anhörung (Beginn am 27. Juni d.J.) in Den Haag internationale Haftbefehle gegen den bosnischen Serbenführer Karadzic und Armeechef Mladic. Gerichtspräsident Cassese teilt mit, er habe den UN-Sicherheitsrat entsprechend unterrichtet. Am 16.7. schließt die muslimisch-kroatische Föderation in Bosnien-Herzegowina ein Militärabkommen mit den USA. Die Vereinbarung mit einer Laufzeit von 13 Monaten sieht ein Ausbildungsund Ausrüstungsprogramm für die Föderation in Höhe von mehreren Millionen Dollar vor. - Am 19.7. teilt der amerikanische Sondergesandte Holbrooke nach mehrstündigen Verhandlungen mit dem serbischen Präsidenten Milosevic in Belgrad mit, Karadzic habe in schriftlicher Form mit Wirkung vom 19.7. auf alle politischen Ämter verzichtet. Außerdem habe sich Karadzic verpflichtet, künftig nicht mehr in der Öffentlichkeit und in den Medien aufzutreten. In einer Meldung der bosnisch-serbischen Presseagentur aus Pale heißt es dazu, Karadzic habe seine Funktion als Vorsitzender der Serbischen Demokratischen Partei lediglich "eingefroren". - Am 29.7. macht der Chefkoordinator für den zivilen Wiederaufbau Bosniens einen Kompromißvorschlag zur künftigen Verwaltung von Mostar, Hauptstadt der Herzegowina. Bildt schlägt vor, Bürgermeister solle ein Kroate werden, die Führung der Gebietskörperschaft solle ein Muslim übernehmen. Bei den Kommunalwahlen am 30. Juni d.J. hatte die muslimische Liste 48% der Stimmen, die kroatische etwa 45% erhalten. Die kroatische Seite hatte das Ergebnis angefochten und auf Unregelmäßigkeiten hingewiesen.
17.7. - P o r t u g a l. Mit einem Festakt wird in Lissabon eine Gemeinschaft portugiesischsprachiger Staaten gegründet. Der neuen Gemeinschaft (Comunidade dos Paises de Lingua Portuguesa/CPLP) gehören neben Portugal und Brasilien die fünf afrikanischen Staaten Angola, Kap Verde (Kapverdische Inseln), Guinea-Bissau, Mosambik sowie Sao Tome und Principe an, die zusammen fast 200 Millionen Einwohner haben.
23.7. - U S A. Das Repräsentantenhaus befürwortet in einer mit 353 gegen 65 Stimmen angenommenen Resolution die Bewilligung von 60 Mio. Dollar Militärhilfe für Polen, die Tschechische Republik und Ungarn. Die Gelder sollen verwendet werden, um diese Staaten auf die Mitgliedschaft in der NATO vorzubereiten.
26.7. - U N O. Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen bezeichnet in einer Resolution den Abschuß zweier amerikanischer Kleinflugzeuge durch kubanische Militärmaschinen im Februar d.J. (vgl. "Blätter", 4/1996, S. 390) als einen Verstoß gegen das internationale Recht, das Waffengewalt gegen die Zivilluftfahrt verbiete. Die von den USA eingebrachte Resolution wird mit 13 Stimmen bei zwei Enthaltungen (China und Rußland) angenommen.
29.7. - C h i n a. Unmittelbar vor Beginn einer neuen Verhandlungsrunde über ein umfassendes Verbot von Kernwaffenversuchen auf der Abrüstungskonferenz in Genf (vgl. "Blätter", 8/1996, S. 902) unternimmt die Volksrepublik China auf dem Versuchsgelände Lop Nor einen weiteren unterirdischen Versuch (vgl. "Blätter", 8/1996, S. 901). In einer anschließend verbreiteten Erklärung der amtlichen Nachrichtenagentur verpflichtet sich die Regierung "feierlich", beginnend mit dem 30. Juli d.J., ein Moratorium für Atomtests einzuhalten.
30.7. - W i r t s c h a f t s g i p f e l. Entsprechend einem Beschluß des 22. Gipfels in Lyon (vgl. "Blätter", 8/1996, S. 902) beraten die Außenminister von sieben westlichen Industriestaaten (G-7) sowie Rußlands über präventive Maßnahmen gegen terroristische Aktionen auf nationaler und internationaler Ebene. Die Konferenz (Conference Ministerielle sur le Terrorisme) richtet Empfehlungen an die Regierungen zur verbesserten Zusammenarbeit von Polizei, Justiz und Aufklärungsdiensten. Weitere Treffen sollen halbjährlich folgen.