Dimensionen einer sicherheitspolitischen Wende
Knapp zwei Jahre nach Beginn seiner Amtszeit fällt die politische Bilanz des französischen Staatspräsidenten Jacques Chirac gemischt aus. Während die im Wahlkampf angekündigte Wende in der Wirtschafts- und Sozialpolitik ausblieb, hat sich der Neogaullist in der Sicherheits- und Verteidigungspolitik innovativ und zupackend gezeigt. Auf der militärischen Seite leitete Chirac eine weitreichende Reform der Streitkräfte ein, auf der politischen Seite hat er das Verhältnis zur NATO auf eine neue Grundlage gestellt. Beide Entscheidungen stehen in unmittelbarem Zusammenhang. Sie bilden die Antwort auf die sicherheitspolitischen Herausforderungen, vor denen Frankreich nach dem Ende des Kalten Krieges steht, und werden in Paris als wichtige Schritte in Richtung auf eine europäische Verteidigungsidentität verstanden.
Die Reform der französischen Verteidigung
Schon kurz nach seinem Amtsantritt ordnete Chirac die Einsetzung einer Strategiekommission an, die vor dem Hintergrund veränderter strategischer, politischer und finanzieller Rahmenbedingungen Vorschläge für eine neue Verteidigungsplanung zu erarbeiten hatte. Nach Auswertung der Ergebnisse beschloß der nationale Verteidigungsrat im Februar 1996 eine grundlegende Neuordnung der Streitkräfte.
Kernpunkt der Reform ist der Übergang von der Wehrpflichtigen- zur Berufsarmee.