Die Linke wähnt sich im milden Aufwind. Außer in Spanien, Luxemburg und der Bundesrepublik Deutschland regieren in Westeuropa fast nur noch sozialdemokratische Parteien oder von ihnen geführte Koalitionen. Aktuelle Ergebnisse scheinen diesen Trend zu bestätigen. Die Niedersachsenwahl in Deutschland, die Behauptung der sozialliberalen Regierung in den Niederlanden und der knappe, aber deutliche Sieg der vereinten Linken bei den französischen Regionalwahlen: das Pendel scheint zurückzuschwingen und ein der neoliberalen Experimente müder Kontinent die Balance wiederzufinden. Dieses hoffnungsfrohe Bild hat indes mit der Realität so gut wie nichts zu tun. In Wahrheit vollziehen – mit Ausnahme Frankreichs und vielleicht Norwegens – die gewendeten Sozialdemokraten wenig anderes, als das auf seriöse Weise zu vollenden, was der ideologisch auftrumpfende Neoliberalismus der Reagan und Thatcher begonnen, in seinem ideologischen Radikalismus freilich beinahe verspielt hat. Bill Clinton, Tony Blair und in Österreich Viktor Klima stehen für einen Neoliberalismus, der dem Deregulierungsprogramm das verschafft, woran es ihm ob seiner sozialen Härten zusehends mangelte: Massenlegitimation.
Mehr als einhundertdreißig Jahre nach Gründung der SPD verkündet der Kanzlerkandidat der ältesten linken europäischen Partei, daß diese nun mit dem „marktwirtschaftlichsten“ Programm ihrer Geschichte antrete. Daß am gleichen Abend die SPD den bevorstehenden Rücktritt Johannes Raus zugunsten des konservativen, einzig und alleine am wirtschaftlichen Wachstum interessierten Technokraten Wolfgang Clement bekannt gab, vollendet ein Bild. Dieser Generationswechsel indiziert zugleich einen Epochenwechsel. Die westeuropäischen Massendemokratien treten in eine weitere Phase der Transformation kapitalistischer Vergesellschaftung – mit ungewissem Ausgang. […]
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