Ausgabe Februar 1998

Uni-Streik: Im Netz ist Bewegung

Der Streik, der sich im Wintersemester 1997/98 an den deutschen Hochschulen ausgebreitet hat, weist in seinem Protestrepertoire eine Vielzahl von Kriterien auf, die üblicherweise zur Beschreibung sozialer Bewegungen verwendet werden. Neu ist jedoch, daß erstmals interaktive Medien zum integralen Bestandteil in der Dramaturgie des Protests avancierten und so betagte Protestformen der 68er-Generation aktualisiert werden konnten.

Seit Ende Oktober 1997 bilden nahezu professionelle Web-Präsentationen das Rückgrat des studentischen Online-Streiks. Die WWW-Seiten bilden das aktuelle Streikgeschehen ab und informieren über wichtige Aktionen im örtlichen Streikbetrieb. Durchweg erzielten die Angebote hohe Zugriffszahlen, die Hochschulrechenzentren verzeichneten in den Monaten November und Dezember exponentielle Nachfragesteigerungen für die Online-Angebote. Dabei waren an einzelnen Universitäten bis zu 4 000 Zugriffe an einem Tag keine Seltenheit, bundesweit avancierten die Streik-Sites im Dezember 1997 zum meistgefragten Angebot der Hochschul-Server.

Die Standardtechniken computervermittelter Kommunikation genossen zu Streikzeiten einen hohen Stellenwert. Mailing-Listen übernahmen dabei die Funktionen einer virtuellen Streikzentrale: hier verkündeten Hochschulen ihre aktive Teilnahme am Streik, koordinierten Forderungen, Termine und Aktionen oder vermeldeten die Wiederaufnahme des Lehrbetriebs. Einen bundesweiten Austausch ermöglichte außerdem der Channel #streik im Internet Relay Chat. An verschiedenen Hochschulen wurden so unabhängig voneinander kommunikative Knotenpunkte errichtet, die jedoch keine programmatische oder personelle Führung innerhalb der Protestbewegung repräsentierten. […]

 

Leider ist dieser Beitrag in der HTML-Ansicht nur in Auszügen verfügbar. Den gesamten Text finden Sie in der PDF-Datei, die auf dieser Seite zum Download angeboten wird.

 

 

 

Aktuelle Ausgabe Oktober 2025

In der Oktober-Ausgabe wertet Seyla Benhabib das ungehemmte Agieren der israelischen Regierung in Gaza als Ausdruck einer neuen Ära der Straflosigkeit. Eva Illouz ergründet, warum ein Teil der progressiven Linken auf das Hamas-Massaker mit Gleichgültigkeit reagiert hat. Wolfgang Kraushaar analysiert, wie sich Gaza in eine derart mörderische Sackgasse verwandeln konnte und die Israelsolidarität hierzulande vielerorts ihren Kompass verloren hat. Anna Jikhareva erklärt, warum die Mehrheit der Ukrainer trotz dreieinhalb Jahren Vollinvasion nicht zur Kapitulation bereit ist. Jan Eijking fordert im 80. Jubiläumsjahr der Vereinten Nationen mutige Reformen zu deren Stärkung – gegen den drohenden Bedeutungsverlust. Bernd Greiner spürt den Ursprüngen des Trumpismus nach und warnt vor dessen Fortbestehen, auch ohne Trump. Andreas Fisahn sieht in den USA einen „Vampirkapitalismus“ heraufziehen. Und Johannes Geck zeigt, wie rechte und islamistische Rapper Menschenverachtung konsumierbar machen.

Zur Ausgabe Probeabo