Bei den Grünen galt es lange als selbstverständlich, daß Regierungsmitglieder nicht zugleich ein Parlamentsmandat wahrnehmen dürfen. Doch nach der Bildung der rot-grünen Bundesregierung hat man schnell erkannt, daß die vielbeschworene Trennung von Amt und Mandat Probleme nach sich zieht: Eine Fraktion ohne Joschka Fischer und Jürgen Trittin, während deren Parlamentarische Staatssekretäre zwangsläufig Fraktionsmitglieder sind? Dies schien auch der grünen Basis grotesk, und daher erlaubten die Delegierten auf dem Parteitag im Oktober ihren Ministern, Abgeordnete zu bleiben. Allerdings darf dieser "Sündenfall" vor grünen Grundsätzen vorerst nur zwei Jahre währen, womit auch das Selbstbild, doch noch ein klein wenig mehr der Basis verpflichtet zu sein als die anderen Parteien, intakt blieb. Einst als "Antiparteien-Partei" angetreten, hatten sich die Grünen zur Abgrenzung von Erscheinungsformen etablierter Politik entschieden. Die Stichworte sind bekannt: Rotation, imperatives Mandat, Öffentlichkeit der Sitzungen, konsequente Einrichtung kollektiver Führungsgremien, Frauenquote und Diätenbegrenzung.
In der Dezember-Ausgabe ergründet Thomas Assheuer, was die völkische Rechte mit der Silicon-Valley-Elite verbindet, und erkennt in Ernst Jünger, einem Vordenker des historischen Faschismus, auch einen Stichwortgeber der Cyberlibertären. Ob in den USA, Russland, China oder Europa: Überall bilden Antifeminismus, Queerphobie und die selektive Geburtenförderung wichtige Bausteine faschistischer Biopolitik, argumentiert Christa Wichterich. Friederike Otto wiederum erläutert, warum wir trotz der schwachen Ergebnisse der UN-Klimakonferenz nicht in Ohnmacht verfallen dürfen und die Narrative des fossilistischen Kolonialismus herausfordern müssen. Hannes Einsporn warnt angesichts weltweit hoher Flüchtlingszahlen und immer restriktiverer Migrationspolitiken vor einem Kollaps des globalen Flüchtlingsschutzes. Und die Sozialwissenschaftler Tim Engartner und Daniel von Orloff zeigen mit Blick auf Großbritannien und die Schweiz, wie wir dem Bahndesaster entkommen könnten – nämlich mit einer gemeinwohlorientierten Bürgerbahn.