Es herrscht eine ganz normale vorweihnachtliche Einkaufsstimmung in der City von Belfast an diesem Wochenende nach dem 1.Dezember 1999, wie in vielen anderen Metropolen auch – etwas entspannter vielleicht. Von einer Euphorie, die der interessierte Outsider angesichts der politischen Ereignisse dieser Woche und ihrer Medienresonanz vermuten würde, ist auf den Straßen jedoch wenig zu spüren. Die sonst so nüchterne „Irish Times“ misst dem Datum zwar eine ähnliche Bedeutung wie der Gründung der Irischen Republik 1921 bei1 und die „International Herald Tribune“ feiert auf ihrer Titelseite den Tag, an dem Nordirland endlich sein Schicksal in die eigenen Hände nimmt.2 Die Menschen in Nordirland selbst sind vorsichtig geworden in der Wahrnehmung „historischer“ Momente.
Es ist in der Tat der „zweite Advent“, die verspätete Ankunft des Good Friday Agreements, die diese Ambivalenz politischer Stimmungen erklärt; der lange Weg des Friedensabkommens vom April 1998, das den 30-jährigen Bürgerkrieg in Nordirland beendet hat, dem die nordirische und irische Bevölkerung im darauffolgenden Juni in Referenden eine große Rückendeckung gab, und das zu Recht zunehmende internationale Beachtung als Modell postnationaler Konfliktregulierung findet.3 Die Implementierung des Herzstücks des Abkommens, die Übertragung der Macht von Westminster – nach 27 Jahren britischer Herrschaft – an die neue Regionalregierung in Belfast am 1.