Kürzlich schrieb ein "stern"-Redakteur, die Politik benötige ein "neues 68er-Gefühl". Allerdings wurde nicht recht klar, was er damit meint: Etwa nur den berühmten "Ruck" oder das in allen großen Parteien herbei geträumte neue "Wir-Gefühl"? Und dann kam jüngst auch ein Film in die Kinos, der explizit die "Bewegung" von 1968 zum Thema hat. Erleben wir da tatsächlich eine Renaissance der vielgescholtenen Jugendrevolte oder nur das Comeback eines noch immer vorhandenen schlechten Gewissens – angesichts der Karrieren, die die Revoluzzer von damals und Außenminister von heute gemacht haben?
Mit einer Erneuerung des Kinos fing es damals an. Das holt auch Bernardo Bertoluccis Film "Träumer" (der französische Titel trifft es besser: "Innocents", Unschuldige) ins Gedächtnis zurück: Wir sehen die protestierenden Cinéasten und zukünftigen Filmemacher der nouvelle vague, wie sie am Eingang des Palais Chaillot in Paris gegen die Entlassung von Henri Langlois protestieren, des Leiters der cinémathèque française, in deren Vorführraum viele von ihnen eine Kinosozialisation an Stelle einer familiären erfahren hatten. André Malraux, der damalige Kulturminister, musste schließlich nachgeben; das sollte der einzige konkrete Sieg des Mai ‘68 bleiben.
Jean-Luc Godard machte damals den einzigen Film, der die Revolte direkt thematisierte, und Bertolucci kopiert dessen Plot.