Ausgabe Januar 2005

Der neunte Tag

Volker Schlöndorff wurde bei einer Diskussion anlässlich des Starts seines neuen Films Der neunte Tag gefragt: "Warum machen Sie immer wieder unbequeme Filme?" Seine Antwort war weitschweifig und differenziert, leider lief kein Band mit. Aber sie lässt sich resümieren in dem Satz: "Weil es so viele bequeme Filme gibt." Man kann dies auf zweierlei Weise verstehen: Einmal ist das Thema unbequem, weil politisch, und hier sogar der Holocaust, zum anderen sind solche Filme nicht einfach zu konsumieren, erlauben nicht so leicht jene berühmte "Identifikation", die als Groschen-Argument schon bis in die Reklameschriften der Filmverleiher vorgedrungen ist.

Schlöndorffs Film ist weder spektakulär noch genialisch, er ist ein solides Stück Kunst und kein Mega-Event, weder eine atemberaubende Anreihung "erschütternder" Schauspieler-Auftritte, noch eine Eruption "großer" Gefühle und schon gar kein Feuerwerk aus special effects. Deswegen dürfte er auch kaum ein Blockbuster werden, so sind die Gesetze des Markts nun mal heutzutage. Er tut das, was das Kino, so wie es nun einmal geworden ist, am besten kann, er erzählt eine Geschichte, und das nach allen (klassischen) Regeln der Kunst.

Der luxemburgische Priester Henri Kremer wird plötzlich aus dem Konzentrationslager Dachau, wo im "Pfarrerblock" jüdische und katholische antifaschistische Geistliche den Schikanen der Wächter ausgesetzt sind, entlassen.

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