Absehbarer Weise werden die nächsten Bundestagswahlen für ein Novum in der bundesdeutschen Parlamentsgeschichte sorgen - und wohl für einen Schock bei etwa der Hälfte der deutschen Wählerschaft. Erstmals werden nämlich die Anteile der großen Parteien an den Wahlstimmenprozenten und an den Bundestagsmandaten signifikant auseinander klaffen. Dass dies bislang in der bundesdeutschen Geschichte nicht der Fall war, verdankt sich dem Umstand, dass entweder eine Partei überwältigend stark war (wie die Union in den 50er Jahren) oder rechts und links annähernd gleich starke Volksparteien bestanden haben. Nur unter diesen Bedingungen ergibt das deutsche Wahlrecht Resultate nahe denen, die sich aus einem Verhältniswahlrecht errechnen - x Prozent der Stimmen gleich x Prozent der Abgeordneten, korrigiert um die Fünf-Prozent-Klausel. Doch diese Voraussetzung gehört der Vergangenheit an. Schon das Erstarken der Grünen zulasten der SPD verschiebt die parlamentarischen Machtverhältnisse zugunsten von Gelb- Schwarz, soweit Wähler nicht vom Stimmensplitting Gebrauch machen.
Bundesverfassungsgericht zu Überhangmandaten
Gesetzt den Fall, die irgendwie Linken plus Grüne kämen 2006 auf 50 plus x Prozent der Stimmen, davon die SPD um die 30 Prozent; der Rest verteilte sich auf andere Parteien. Dann würde sich die Union auch mit mageren 38 Prozent, dem schlechtesten Ergebnis ihrer Geschichte, vermutlich einer komfortablen Bundestagsmehrheit erfreuen können.