Die Reform des Europäischen Chemikalienrechts (REACH) befindet sich derzeit in der heißen Phase. Mitte November entscheidet das Plenum des Europäischen Parlaments über das wohl wichtigste Umweltvorhaben der Europäischen Union in dieser Legislaturperiode. Die Politik steht dabei vor einer klaren Alternative: Entscheidet man zu Gunsten der langfristigen Sicherung von Gesundheit und Umwelt oder kurzfristiger finanzieller Interessen der chemischen Industrie?
Die Bedeutung der Entscheidung liegt auf der Hand: Chemikalien sind in allen Gegenständen, die wir täglich nutzen – in Matratzen, Textilien, Zahnpasta, Möbeln, Kinderspielsachen, Computer, Tapeten, Farben, Teppichböden, Autos etc. – enthalten. Von 1930 bis heute stieg die weltweite Chemikalienproduktion von einer auf 500 Mio. Tonnen jährlich – mit enormen Auswirkungen auf Gesundheit und Umwelt. Die Weltbank schätzt, dass Agrarchemikalien und Chemikalien aus diffusen Quellen etwa 0,6 bis 2,5 Prozent aller Allergien, Haut-, Krebs- und Asthmaerkrankungen verursachen. Inzwischen sterben mehr Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer durch schleichende Chemikalienvergiftung als durch Arbeitsunfälle. Im Gewebe eines jeden Menschen lassen sich heute bis zu 300 synthetische Substanzen nachweisen. Viele dieser Stoffe reichern sich im menschlichen Körper an; selbst bei bewusster Lebensweise können sich Menschen kaum vor Chemikalien schützen.