Ausgabe November 2005

Stimmt die Chemie?

Die Reform des Europäischen Chemikalienrechts (REACH) befindet sich derzeit in der heißen Phase. Mitte November entscheidet das Plenum des Europäischen Parlaments über das wohl wichtigste Umweltvorhaben der Europäischen Union in dieser Legislaturperiode. Die Politik steht dabei vor einer klaren Alternative: Entscheidet man zu Gunsten der langfristigen Sicherung von Gesundheit und Umwelt oder kurzfristiger finanzieller Interessen der chemischen Industrie?

Die Bedeutung der Entscheidung liegt auf der Hand: Chemikalien sind in allen Gegenständen, die wir täglich nutzen – in Matratzen, Textilien, Zahnpasta, Möbeln, Kinderspielsachen, Computer, Tapeten, Farben, Teppichböden, Autos etc. – enthalten. Von 1930 bis heute stieg die weltweite Chemikalienproduktion von einer auf 500 Mio. Tonnen jährlich – mit enormen Auswirkungen auf Gesundheit und Umwelt. Die Weltbank schätzt, dass Agrarchemikalien und Chemikalien aus diffusen Quellen etwa 0,6 bis 2,5 Prozent aller Allergien, Haut-, Krebs- und Asthmaerkrankungen verursachen. Inzwischen sterben mehr Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer durch schleichende Chemikalienvergiftung als durch Arbeitsunfälle. Im Gewebe eines jeden Menschen lassen sich heute bis zu 300 synthetische Substanzen nachweisen. Viele dieser Stoffe reichern sich im menschlichen Körper an; selbst bei bewusster Lebensweise können sich Menschen kaum vor Chemikalien schützen.

Sie haben etwa 13% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 87% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (1€)
Digitalausgabe kaufen (10€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe September 2025

In der September-Ausgabe plädiert Lea Ypi für eine Migrationsdebatte im Sinne der Aufklärungsphilosophie. Cinzia Sciuto fordert, der zunehmenden Aushöhlung des Völkerrechts mit einer entschiedenen Verteidigung desselben zu begegnen – und nicht mit Resignation und falschem Realismus. Für Georg Diez markieren die Kriegsverbrechen in Gaza und die fehlenden Reaktionen darauf einen Epochenbruch; sie stünden für nicht weniger als den Verrat des Westens an der Humanität. Herfried Münkler analysiert, wie Kriege historisch endeten und Friedenszeiten begannen und was das mit Blick auf den Ukrainekrieg bedeutet. Simone Schlindwein deckt auf, wie Russland junge Afrikanerinnen mit falschen Versprechen für die Kriegswirtschaft rekrutiert. Warum die grüne Digitalisierung ein Mythos ist und was der KI-Boom den Globalen Süden kostet, erläutern Ingo Dachwitz und Sven Hilbig. Und Eva-Maria Klinkisch sowie Markus Rieger-Ladich zeigen auf, wie Long Covid-Betroffene von der Gesellschaft und dem Gesundheitssystem systematisch ignoriert werden – und was dagegen zu tun ist. 

Zur Ausgabe Probeabo