1.12. – EU. Der frühere polnische Regierungschef Donald Tusk tritt die Nachfolge von Herman Van Rompuy (Belgien) als Präsident des Rates der Europäischen Union an. Tusk ist der erste Osteuropäer, der eines der drei Spitzenämter der Union besetzt. Kommissionspräsident ist Jean-Claude Juncker (Luxemburg), Parlamentspräsident Martin Schulz (Deutschland). – Am 9.12. besucht die neue Außenbeauftragte, die ehemalige italienische Außenministerin Federica Mogherini, in Begleitung der Kommissare Christos Stylianides (Humanitäre Hilfe) und Johannes Hahn (Erweiterung) die Türkei, die seit 2005 den Status eines EU-Beitrittskandidaten hat. Von den 35 Kapiteln einer Beitrittsvereinbarung wurden bisher erst 14 eröffnet. – Am 16.12. legen Juncker und Vizepräsident Frans Timmermans dem Europäischen Parlament das Arbeitsprogramm für 2015 vor. Die Kommission habe von den rund 450 bestehenden Vorhaben 80 gestrichen, wolle auch geplante Regulierungen nicht weiter verfolgen und sich auf 23 neue Projekte beschränken. Angestrebt werden Investitionen von 315 Mrd. Euro. – Am 17.12. befürwortet das Europäische Parlament mit 498 gegen 88 Stimmen bei 111 Enthaltungen die Anerkennung eines Staates Palästina. Israel wiederholt seine Kritik. Eine Anerkennung sei erst angebracht, wenn sich beide Seiten geeinigt hätten. – Am 18.12. vereinbaren die EU-Staaten eine Verschärfung der Sanktionen gegen die von Russland annektierte Halbinsel Krim sowie ein weitreichendes Investitionsverbot. In Brüssel erklärt Ratspräsident Tusk, ohne eine konsequente Strategie werde es eine langfristige Lösung des Ukrainekonflikts nicht geben.
2.12. – Nato. Auf einem Treffen der Außenminister des Bündnisses in Brüssel wird beschlossen, eine „Eingreiftruppe“ zu schaffen, die jederzeit ins Baltikum oder nach Polen verlegt werden kann. Den Kern der Truppe, die aus 5000 bis 6000 Militärs besteht und spätestens 2016 voll einsatzbereit sein soll, wird eine in Münster stationierte niederländisch-deutsche Brigade bilden. Generalsekretär Stoltenberg warnt vor der zunehmenden Gefahr von Zwischenfällen und Missverständnissen an den östlichen Nato-Grenzen. Die Situation könne außer Kontrolle geraten. Bundesaußenminister Steinmeier hatte vorgeschlagen, die Kanäle für die Kommunikation mit Russland zu überprüfen. Gegenwärtig herrsche ein „Zustand der Kontaktlosigkeit“.
– Ukraine. Im Ergebnis der Parlamentswahlen (vgl. „Blätter“, 12/2014, S. 109) entscheidet das Parlament über die neue Regierung, der auch drei unmittelbar zuvor eingebürgerte Ausländer angehören. Die gebürtige Amerikanerin Natalie Jaresko, die einer ukrainischen Migrantenfamilie entstammt und die längere Zeit im US-Außenministerium und der US-Botschaft in Kiew tätig war, übernimmt das Finanzministerium. – Am 12.12. kündigt Verteidigungsminister Stepan Poltorak eine Verdoppelung der Militärausgaben und die Einberufung von 40 000 Wehrpflichtigen an. – Am 23.12. hebt das Parlament die Verfassungsbestimmung über die Bündnisfreiheit des Landes auf, um den Weg für den angestrebten Nato-Beitritt freizumachen. Die Entscheidung fällt mit der großen Mehrheit von 303 der 419 Abgeordneten bei acht Gegenstimmen. Präsident Poroschenko hatte den Gesetzentwurf mit der „russischen Aggressionspolitik“ und der „illegalen Annexion“ der ukrainischen Halbinsel Krim begründet. Bisherige Sicherheitsgarantien zur Achtung der Unabhängigkeit und territorialen Integrität der Ukraine hätten sich als unzureichend erwiesen.
4.12. – Russland. Präsident Putin verteidigt in seiner „Rede zur Lage der Nation“ die Annexion der Krim (vgl. „Blätter“, 5/2014, S. 125), die für Russland „eine gewaltige sakrale und zivilisatorische Bedeutung“ habe, so wie der Tempelberg in Jerusalem für das Judentum. Die Europäische Union habe Moskau bei den Verhandlungen über das Assoziierungsabkommen mit der Ukraine „völlig ignoriert“ und seine legitimen Interessen missachtet. Auf einer Pressekonferenz kritisiert Putin am 18.12. erneut die westlichen Sanktionen und wirft der Nato vor, mit ihrer „Expansionspolitik“ neue Mauern in Europa zu errichten. Dem Westen gehe es letztlich darum, den russischen „Bären in Ketten zu legen“. – Am 26.12. heißt es in einer Neufassung der seit 2010 geltenden Militärdoktrin, die Nato sei zur fundamentalen Bedrohung geworden, habe ihre „Angriffskapazitäten“ verstärkt und installiere ein „weltumspannendes System der Raketenabwehr“. Die Wahrscheinlichkeit „eines größeren Krieges gegen Russland“ sei jedoch geringer geworden. In seiner Neujahrsansprache am 31.12. bekräftigt Putin: Die „Heimkehr“ der Krim werde „immer einer der wichtigsten Meilensteine in der vaterländischen Geschichte sein“.
4.-5.12. – OSZE. Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa zieht auf ihrer Jahrestagung in Basel eine Bilanz der bisherigen Tätigkeit von OSZE-Beobachtern in der umkämpften Ostukraine. Der Vorsitz der Organisation geht Anfang 2015 von der Schweiz an Serbien.
5.12. – Thüringen. Der Landtag in Erfurt (zur Zusammensetzung vgl. „Blätter“, 11/2014, S. 127) wählt Bodo Ramelow (Die Linke) im zweiten Wahlgang mit der notwendigen Mehrheit von 46 Stimmen der 91 Abgeordneten bei 44 Gegenstimmen und einer Enthaltung zum Ministerpräsidenten. Ramelow steht an der Spitze einer Koalition von Linkspartei, Sozialdemokraten und Grünen (Rot-Rot-Grün), die die bisherige Koalition von Christdemokraten und Sozialdemokraten unter Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU) ablöst. Mit Ramelow stellen die Linken erstmals den Regierungschef in einem Bundesland. In seiner Antrittsrede spricht sich Ramelow für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit der Opposition aus. Seine Wahl sei kein historischer Moment, historisch sei vielmehr die Erstürmung der Erfurter Stasi-Zentrale vor 25 Jahren gewesen.
6.12. – Afghanistan. Der scheidende amerikanische Verteidigungsminister Chuck Hagel macht seinen Abschiedsbesuch in Kabul bei Präsident Ashraf Ghani. Am Rande der Gespräche heißt es, die USA würden auch nach dem offiziellen Ende des Kampfeinsatzes 10 800 Soldaten in Afghanistan belassen, um die einheimischen Sicherheitskräfte zu unterstützen.
– Russland/Frankreich. Der französische Präsident Hollande unterbricht den Rückflug von Kasachstan in Moskau, um auf dem Flughafen ein Gespräch mit Präsident Putin zu führen. Beide Präsidenten rufen die Konfliktparteien in der Ostukraine auf, den im September d. J. vereinbarten Friedensplan zu erfüllen. Putin erklärt, falls die ukrainische Regierung die Gebiete Donezk und Lugansk weiterhin wirtschaftlich isoliere, werde es schwer, die territoriale Unversehrtheit des Landes wieder herzustellen.
10.12. – Friedensnobelpreis. Die 17jährige Pakistanerin Malala Yousafzai und der 60jährige Inder Kailash Satyarthi erhalten in Oslo den Friedensnobelpreis 2014 für ihren Einsatz für die Rechte von Kindern. Malala ist die bisher jüngste Preisträgerin.
11.12. – Berlin. Nach dem Rücktritt von Klaus Wowereit (SPD) wählt das Abgeordnetenhaus Michael Müller (SPD) mit 87 gegen 58 Stimmen bei einer Enthaltung zum neuen Regierenden Bürgermeister des Landes Berlin. Müller, bisher Senator für Stadtentwicklung und Umwelt, erhält nicht nur die 85 Stimmen der Koalition von Sozialdemokraten und Christdemokraten, sondern auch zwei Stimmen aus der Opposition.
12.12. – Panama/Kuba. Die Regierung Panamas teilt mit, Kuba werde im April 2015 erstmals an einem Amerika-Gipfel teilnehmen und habe eine entsprechende Einladung angenommen. Panama ist Gastgeber des Gipfels.
– Italien. In Rom und in über fünfzig weiteren Städten folgen Hunderttausende dem Aufruf der Gewerkschaften zum Generalstreik gegen die Wirtschaftspolitik der Regierung von Matteo Renzi. In der Hauptstadt wird der öffentliche Nahverkehr komplett lahmgelegt. Der Protest richtet sich vor allem gegen den umstrittenen „Jobs-Act“ und die Kürzungen im Budget.
– IStGH/ICC. Der Internationale Strafgerichtshof (International Criminal Court) in Den Haag stellt die Ermittlungen gegen den sudanesischen Präsidenten Omar al-Bashir wegen Kriegsverbrechen und Völkermord in Darfur zunächst ein. Chefanklägerin Fatou Bensouda macht dafür die Untätigkeit des UN-Sicherheitsrats verantwortlich. Schon eine Woche zuvor musste das Gericht den Prozess gegen Kenias Präsidenten Uhuru Kenyatta mangels Beweisen beenden.
15.12. – China. Die Polizei der Sonderwirtschaftszone Hongkong räumt das letzte Zeltlager der Demokratiebewegung (vgl. „Blätter“, 1/2015, S. 126). Die Proteste hatten sich an der Entscheidung der Zentralregierung in Peking entzündet, für die Wahl des künftigen Verwaltungschefs von Hongkong keine echte Auswahl der Kandidaten zuzulassen.
16.12. – Pakistan. Bis zu zehn schwerbewaffnete Angreifer stürmen in der nordwestlichen Stadt Peshawar eine von der Armee betriebene Schule und richten ein Blutbad an. Vor dem Gebäude war zuvor eine Bombe explodiert. Die Zahl der Todesopfer wird immer wieder korrigiert und mit 141, darunter 132 Kinder, angegeben. Mehr als 250 weitere Personen seien verletzt worden. Ein Taliban-Sprecher erklärt, der Angriff sei ein Racheakt für Militäroperationen in Teilen des Landes.
17.12. – USA/Kuba. Die Präsidenten Barack Obama und Raúl Castro geben zeitgleich in Washington und Havanna die Wiederaufnahme ihrer seit 1961 unterbrochenen diplomatischen Beziehungen bekannt. In amerikanischen Regierungskreisen heißt es, es gehe um eine völlige Neuorientierung der Politik gegenüber Kuba.
18.12. – Bundesregierung. Der Bundestag stimmt mit 437 Stimmen von 593 Abgeordneten dem Beschluss der Bundesregierung zu, auch nach dem Abzug der Kampftruppen bis zu 850 Militärs in Afghanistan zu belassen. Die auf zwei Jahre angelegte Mission soll sich an den Stützpunkten Masar-I-Scharif und Kabul an Ausbildung und Beratung der afghanischen Sicherheitskräfte beteiligen.
21.12. – Irak/Syrien. Kurdenführer Barsani berichtet über Erfolge seiner Peschmerga im Kampf gegen die Terrororganisation Islamischer Staat/IS (vgl. „Blätter“, 12/2014, S. 110). Mit Luftunterstützung der USA, Waffenlieferungen und Ausbildung sei es der Koalition gelungen, IS-Stützpunkte zurückzuerobern und den Belagerungsring um einige Dörfer der Jesiden zu durchbrechen.
– Österreich. Bundeskanzler Faymann erklärt in einem Zeitungsinterview, er könne der Euphorie über den Erfolg der Sanktionen gegen Russland nicht zustimmen, er sehe keinen Grund zum Jubeln: „Ich weiß nicht, warum wir uns freuen sollten, wenn die russische Wirtschaft zusammenbricht.“
22.12. – UNO. Der Sicherheitsrat setzt die Lage der Menschenrechte in der Demokratischen Volksrepublik Korea (Nordkorea) erstmals auf die Tagesordnung. Grundlage ist ein Bericht des UN-Menschenrechtsrats. Da es sich um einen Beschluss zur Geschäftsordnung handelt, gelten die Gegenstimmen Chinas und Russlands nicht als Veto. – Am 30.12. legt Jordanien dem Sicherheitsrat (15 Mitglieder) einen Resolutionsentwurf der Palästinenserregierung vor, der ein Friedensabkommen zwischen Israel und den Palästinensern innerhalb eines Jahres und eine Beendigung der israelischen Besetzung palästinensischer Gebiete innerhalb von zwei Jahren fordert. Das Abstimmungsergebnis lautet: acht gegen zwei Stimmen (USA, Australien) bei fünf Enthaltungen. Zu den Befürwortern gehören die Veto-Mächte China, Frankreich und Russland, Großbritannien enthält sich der Stimme. Für die Annahme wären neun Stimmen erforderlich gewesen.
24.12. – Ukraine-Kontaktgruppe. Nach einer Pause von drei Monaten tritt die Kontaktgruppe, der Vertreter der Kiewer Regierung, der Separatisten aus der Ostukraine sowie Russlands und der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa/OSZE angehören, in der weißrussischen Hauptstadt Minsk zusammen (vgl. „Blätter“, 11/2014, S. 125). Vereinbart wird ein Gefangenenaustausch zwischen den Konfliktparteien, der schon am 26.12. beginnt. Über einen umfassenden Waffenstillstand und den Rückzug schwerer Waffen kann keine abschließende Einigung erzielt werden. Das UN-Hochkommissariat für Menschenrechte OHCHR hatte am 15.12. Zahlen veröffentlicht: seit Beginn der Kämpfe im Osten der Ukraine im April d. J. seien insgesamt 4707 Personen getötet und 10 322 verletzt worden. Auch nach Beginn einer vorläufigen Waffenruhe habe man noch etwa 1300 Opfer, Bewaffnete und Zivilisten, gezählt.
29.12. – Griechenland. Der Kandidat der Regierung für das Amt des Staatspräsidenten, der ehemalige EU-Kommissar Stavros Dimas, verfehlt im Parlament auch im dritten Wahlgang die vorgeschriebene Mehrheit. Entsprechend der Verfassung werden das Parlament aufgelöst und Neuwahlen für den 25. Januar 2015 angesetzt. Regierungschef Samaras hatte die erst im Februar 2015 fälligen Präsidentschaftswahlen vorgezogen.
31.12. – Palästina. Einen Tag nach dem Scheitern eines von Jordanien im UN-Sicherheitsrat eingereichten Resolutionsentwurfs beschließt die Palästinenserführung in Ramallah, den Beitritt zum Internationalen Strafgerichtshof (IStGH). Präsident Abbas unterzeichnet einen entsprechenden Antrag.