
Chemnitz setzt wieder einmal Maßstäbe. Pünktlich zum Beginn des Prozesses gegen einen der zwei mutmaßlichen Täter beim Mord an Daniel H., welcher im vergangenen Sommer die massiven rechtsradikalen Ausschreitungen hervorgerufen hatte, hat sich die Bürgermeisterin zu Wort gemeldet. Ja, genau jene Barbara Ludwig, SPD, die sich schon damals nicht gerade mit Ruhm bekleckert hat. Jetzt sagte sie gegenüber der „taz“, es würde schwierig für Chemnitz, wenn es keine Verurteilung gäbe. Sie hoffe daher darauf, dass der Angeklagte schuldig gesprochen werde.
Eine Bürgermeisterin fordert ein Strafurteil. Gewaltenteilung sieht anders aus. Mehr an Kotau vor den Rechten geht kaum – und mehr an Angst wohl auch nicht, dass es erneut zu Ausschreitungen kommt. Denn die Beweislage ist denkbar dürftig und der Haupttäter weiter auf der Flucht. Da nimmt eine wackere Bürgermeisterin im Wilden Osten das Recht auch schon mal selbst in die Hand und hilft dem Gericht ein wenig auf die Sprünge. Schließlich sind seit der Einführung des Grundgesetzes in der Ex-DDR ja auch nur schlappe 30 Jahre vergangen.
Und außerdem: Was soll die arme Frau auch machen? In einer Stadt, in der die rechtsstaatlich zuträgliche Gewaltenteilung auch sonst längst an einschlägig bekannte Rechtsradikale übertragen wurde.