1.6. – EU. Die neugeschaffene Europäische Staatsanwaltschaft nimmt in Luxemburg ihre Arbeit auf. Erste Generalstaatsanwältin ist die rumänische Juristin Laura Kövesi. Die Behörde, an der sich nur 22 der 27 EU-Mitgliedstaaten beteiligen, soll in bestimmten Fällen von Betrug und Korruption im Rahmen der Europäischen Union ermitteln. – Vom 24.-25.6. diskutieren in Brüssel die Staats- und Regierungschefs über die künftigen Beziehungen zu Russland. Ein Vorschlag von Bundeskanzlerin Merkel und dem französischen Präsidenten Macron, Vorbereitungen für ein Spitzengespräch mit dem russischen Präsidenten Putin zu treffen, findet keine Mehrheit. Widerstand kommt vor allem von den osteuropäischen Staaten. Einige Mitgliedstaaten üben heftige Kritik an einem neuen Gesetz der ungarischen Regierung über Homosexualität. – Am 28.6. wird in Minsk mitgeteilt, Belarus werde die Zusammenarbeit mit der EU im Programm Östliche Partnerschaft aussetzen.
2.6. – Israel. Das Parlament, die Knesset, wählt mit 87 von 120 Stimmen Itzak Herzog zum neuen Staatspräsidenten. Herzog folgt auf Reuven Rivlin, dessen Amtszeit am 9. Juli d.J. endet. – Am 13.6. übernimmt eine neue Koalition die Regierung, der acht Parteien angehören, darunter die erste eigenständige arabische Partei Raam. Naftali Bennett wird mit 60 zu 59 Stimmen und einer Enthaltung zum Regierungschef gewählt. Der bisherige Premier Netanjahu hatte angekündigt, seine Partei werde „hocherhobenen Hauptes in die Opposition gehen und diese gefährliche Regierung stürzen“. Bennett soll nach zwei Jahren (August 2023) durch den früheren Oppositionsführer Jair Lapid abgelöst werden.
3.6. – Dänemark. Das Parlament stimmt mit relativer Mehrheit einer umstrittenen Vorlage zu. Asylsuchende sollen sich künftig während der Bearbeitung ihrer Anträge nicht mehr in Dänemark aufhalten dürfen, sondern müssen in Aufnahmezentren außerhalb der Europäischen Union gebracht werden.
5.6. – G7/G20. Vertreter der sieben wichtigsten Industriestaaten einigen sich in London auf eine Mindestbesteuerung von Konzernen und global tätigen Unternehmen. Dies gilt auch für Digitalkonzerne wie Google und Apple. Neben einer Mindeststeuer von 15 Prozent soll dafür gesorgt werden, dass Großkonzerne künftig dort Steuern zahlen, wo sie ihre Umsätze machen. Bundesfinanzminister Scholz spricht von einer „Steuerrevolution“. – Am 11.6. empfängt Premierminister Johnson die Regierungschefs der USA, Kanadas, Japans, Frankreichs, Deutschlands, Italiens sowie die Führung der Europäischen Union zu einem G7-Gipfel im britischen Cornwall (11.-13.6.). Themen sind u.a. die Bekämpfung der Pandemie und der Klimawandel. – Am 29.6. bereiten die Außenminister der G20, zu denen auch Russland und China gehören, den für Oktober d.J. geplanten Gipfel der Gruppe in Rom vor.
6.6. – Sachsen-Anhalt. Bei den Landtagswahlen können die Christdemokraten mit ihrem Spitzenkandidaten Ministerpräsident Reiner Haseloff ihre führende Position weiter ausbauen. Der Stimmenanteil der Alternative für Deutschland geht zurück. Sozialdemokraten und Linke müssen Verluste hinnehmen, die Freien Demokraten überspringen die Fünfprozenthürde und ziehen in den Landtag ein. Wahlbeteiligung: 60,3 (2016: 61,1) Prozent. Nach dem vorläufigen amtlichen Endergebnis entfallen auf die sechs im Landesparlament vertretenen Parteien: CDU 37,1 (2016: 29,8), AfD 20,8 (24,3), Linke 11,2 (16,3), SPD 8,4 (10,6), FDP 6,4 (4,9), Grüne 5,9 (5,2). Zusammensetzung des neuen Landtags (97, bisher 87 Abgeordnete): CDU 40 (2016: 30), AfD 23 (25), Linke 12 (16), SPD 9 (11), FDP 7 (-), Grüne 6 (5). (Zur Landtagswahl vom 13. März 2016 vgl. „Blätter“, 5/2016, S. 126.)
– USA. Vizepräsidentin Harris beginnt ihre erste Auslandsreise mit Besuchen in Guatemala und Mexiko. Harris bemüht sich in Gesprächen mit den dortigen Behörden, den Zustrom von Migranten in die Vereinigten Staaten zu drosseln. – Vom 11.-13.6. nimmt Präsident Biden im Rahmen seiner Europareise am G7-Treffen teil, anschließend an den Gipfeln von Nato und EU (14. und 15.6.) und trifft sich am 16.6. mit Präsident Putin. – Am 24.6. kündigt die Sprecherin des Repräsentantenhauses Pelosi die Einsetzung eines „Select Committee“ an, das die Erstürmung des Capitols durch Anhänger des ehemaligen Präsidenten Trump im Januar d.J. untersuchen soll (vgl. „Blätter“, 3/2021, S. 125 f.). – Am 25.6. verkündet das Gericht in Minneapolis im Prozess um die Tötung des Afroamerikaners George Floyd das Strafmaß. Der weiße Expolizist Derek Chauvin wird wegen Mordes zweiten Grades zu einer Haftstrafe von 22 Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die Verteidigung hatte eine Bewährungsstrafe gefordert (vgl. „Blätter“, 7/2020, S. 125 f. und 6/2021, S. 126). – Am 27.6. übt der frühere Präsident Donald Trump auf einer Kundgebung in Wellington im Bundesstaat Ohio vor Tausenden seiner Anhänger scharfe Kritik an seinem Nachfolger und wiederholt, die Präsidentenwahl 2020 sei das Verbrechen des Jahrhunderts, der Wahlsieg sei ihm gestohlen worden. „Was am 3. November geschah, ist eine Schande.“
7.6. – IAEO. Der Generaldirektor der Internationalen Atomenergie-Organisation Grossi erklärt bei einer Vorstandssitzung in Wien, seine Organisation habe kein Vertrauen mehr in die Versicherungen des Iran, keine Atomwaffen anzustreben. Teheran habe keine zufriedenstellenden Erklärungen für Uranfunde an vier vorher nicht deklarierten Standorten gegeben. Die Anreicherung von inzwischen 2,4 kg Uran auf 60 Prozent mache ebenfalls stutzig, „60 Prozent ist fast atomwaffenfähig, die normale Anreicherung für wirtschaftliche Zwecke liegt bei zwei oder drei Prozent“.
8.6. – Jugoslawien-Tribunal. Das von den Vereinten Nationen eingesetzte Internationale Tribunal für die Aburteilung von Verbrechen im ehemaligen Jugoslawien (International Criminal Tribunal for the former Yugoslavia/ICTY) in Den Haag verurteilt den früheren Serbenführer und General der Armee der Republika Srpska Ratko Mladic´ in zweiter Instanz zu lebenslanger Haft wegen Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen. Das Urteil ist rechtskräftig. Mladic´ hatte bis zuletzt behauptet, er habe im Krieg nur „seine Leute“ verteidigt.
10.6. – Hessen. Landesinnenminister Beuth (CDU) verfügt die Auflösung des Spezialeinsatzkommando (SEK) des Frankfurter Polizeipräsidiums. Gegen 19 Beamte im aktiven Dienst und einen Ehemaligen werde ermittelt. Den Betroffenen wird vorgeworfen, untereinander Beiträge mit volksverhetzenden Inhalten sowie Abbildungen einer ehemaligen nationalsozialistischen Organisation geteilt zu haben.
11.6. – China/USA. Der für Außenpolitik zuständige Funktionär der Kommunistischen Partei Chinas wirft den USA vor, die Suche nach den Ursprüngen des Coronavirus zu „politisieren“. Yang Jiechi erklärt in einem Telefongespräch mit Außenminister Blinken, die amerikanische Regierung müsse vielmehr „Fakten und Wissenschaft respektieren“ und sich auf die internationale Kooperation im Kampf gegen die Pandemie konzentrieren.
12.6. – Die Grünen. Die Grünen verabschieden auf einem digitalen Parteitag ihr Programm für die Bundestagswahl im September d.J. Annalena Baerbock wird mit 98,5 Prozent der Stimmen als Kanzlerkandidatin der Partei nominiert.
14.6. – Nato. In Brüssel kommen die Staats- und Regierungschefs der 30 Bündnisstaaten zusammen, die USA sind erstmals durch den neuen Präsidenten Biden vertreten. „Ich will ganz Europa wissen lassen, dass die Vereinigten Staaten da sind“, lautet Bidens Grußwort. Man schlage nun „ein neues Kapitel in den transatlantischen Beziehungen“ auf, so Generalsekretär Stoltenberg. Angesichts einer Zeit, „in der autoritäre Regime wie Russland und China die auf Regeln basierende internationale Ordnung herausfordern“, müsse „die transatlantische Familie“ zusammenstehen. Biden vereinbart mit den Regierungschefs der baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen eine enge Kooperation innerhalb der Nato, um den Herausforderungen durch Russland und China zu begegnen. Der amerikanische Präsident kündigt an, er werde bei seinem bevorstehenden Treffen mit dem russischen Präsidenten eine klare Warnung aussprechen.
16.6. – Russland/USA. Die Präsidenten Putin und Biden treffen in der schweizerischen Konferenzstadt Genf zu einem mehrstündigen Gespräch zusammen. „In den russisch-amerikanischen Beziehungen haben sich viele Fragen angehäuft, die eine Diskussion auf höchster Ebene erfordern“, erklärt Putin. Beide Präsidenten einigen sich darauf, Konsultationen auf Expertenebene zu Fragen der Cyber-Sicherheit sowie Verhandlungen über mögliche neue Verträge zur Begrenzung der Atomwaffenrüstung zu beginnen. Eine gemeinsame Pressekonferenz findet nicht statt. Journalisten berichten, Biden habe Putin eine Liste von 16 bedeutenden Infrastrukturbereichen in den USA überreicht, die unter keinen Umständen Ziel russischer Hackerangriffe werden dürften.
17.6. – Polen/BRD. Präsident Duda und Bundespräsident Steinmeier erinnern in Warschau gemeinsam an den vor 30 Jahren geschlossenen deutsch-polnischen Nachbarschaftsvertrag. Der Vertrag war am 17. Juni 1991 unterzeichnet worden.
18.6. – BRD/Russland. Bundespräsident Steinmeier eröffnet im ehemaligen Offizierskasino der Wehrmacht in Berlin-Karlshorst die Ausstellung „Dimensionen eines Verbrechens. Sowjetische Kriegsgefangene im Zweiten Weltkrieg“, die der Erinnerung an den deutschen Überfall auf die Sowjetunion am 22. Juni 1941 gewidmet ist. Das Kasino war nach Kriegsende Hauptquartier der Roten Armee und ist jetzt Museum. Bundesaußenminister Maas hatte am 9. Juni d.J. in einer Debatte zum 80. Jahrestag des Überfalls im Bundestag erklärt, der Vernichtungskrieg im Osten habe schon im September 1939 mit dem Überfall auf Polen seinen Anfang genommen.
– Iran. Der Chef der Justiz Ebrahim Raisi wird zum Präsidenten gewählt und tritt die Nachfolge von Hassan Rohani an. Die Wahlbeteiligung liegt bei 49 Prozent. Raisi gilt als „Wunschkandidat“ von Revolutionsführer Ayatollah Ali Khamenei.
22.6. – Spanien. Die Regierung amnestiert neun katalanische Politiker, die im Oktober 2017 ein Referendum über die Abspaltung Kataloniens von Spanien organisiert hatten und nach einem langen Prozess im November 2019 zu hohen Haftstrafen und Geldbußen verurteilt worden waren. Den Protesten gegen die Begnadigung hatten sich auch Mitglieder des Obersten Gerichts angeschlossen.
23.6. – USA/BRD. Der neue amerikanische Außenminister Blinken erklärt bei seinem Antrittsbesuch in Berlin vor einem Gespräch mit Bundeskanzlerin Merkel: „Die Vereinigten Staaten haben keinen besseren Partner, keinen besseren Freund auf der Welt, als Deutschland.“ Blinken trifft auch Bundesaußenminister Maas und nimmt im Auswärtigen Amt an einer internationalen Libyen-Konferenz teil.
25.6. – Bundeswehr. Bei einem Selbstmordanschlag auf eine Bundeswehr-Patrouille im westafrikanischen Mali werden zwölf deutsche Soldaten teilweise schwer verletzt. Die Militärs sind im Rahmen der UN-Mission Minusma im Land stationiert. – Am 29./30. wird der deutsche Militäreinsatz in Afghanistan nach fast 20 Jahren beendet (vgl. „Blätter“, 6/2021, S. 126). Die letzten 264 Männer und Frauen, darunter 20 Mitglieder des Kommandos Spezialkräfte (KSK), die an der Nato-Mission „Resolute Support“ teilgenommen hatten, kehren in ihre Standorte in der Bundesrepublik zurück. Kommentatoren erinnern in diesem Zusammenhang an die Äußerung des ehemaligen Bundesverteidigungsministers Peter Struck (SPD), Deutschland werde auch „am Hindukusch“ verteidigt. Korrespondenten berichten, die Taliban seien bereits wieder auf dem Vormarsch.
26.6. – Münchner Sicherheitskonferenz. Annalena Baerbock (Grüne), Armin Laschet (CDU) und Olaf Scholz (SPD), die sich bei den Bundestagswahlen im September d.J. um den Einzug in das Bundeskanzleramt bewerben, treffen auf Einladung der Sicherheitskonferenz bei einer Debatte in Berlin aufeinander. Alle drei setzen sich dafür ein, bis spätestens 2025 das Prinzip der Einstimmigkeit bei außenpolitischen Entscheidungen der Europäischen Union abzuschaffen. Meinungsverschiedenheiten gibt es u.a. im Verhältnis zu Russland und über den Bau der Pipeline Nordstream 2.
28.6. – Anti-IS-Koalition. Bei einer Zusammenkunft von Vertretern aus mehr als 80 Staaten und Organisationen in Rom fordern der italienische Außenminister Di Maio und sein amerikanischer Kollege Blinken die Mitglieder des Bündnisses zum weiteren Kampf gegen die Terrorgruppe Islamischer Staat auf. Obwohl der IS die Kontrolle über seine einstigen Herrschaftsgebiete in Syrien und im Irak verloren habe, gelte es, weiter wachsam zu sein.
30.6. – Russland. Präsident Putin kritisiert öffentlich den ukrainischen Präsidenten Selenskyj. Dieser habe sein Land komplett unter die Verwaltung des Westens gestellt: „Die Schlüsselfragen der Lebensfähigkeit der Ukraine werden nicht in Kiew, sondern in Washington und teilweise in Paris und Berlin gelöst."