Michael E. Mann: Propheten der Untätigkeit. Die Propaganda von der technischen Beherrschbarkeit der Klimakrise (Teil I), S. 47-60
Trotz der sich verschärfenden Klimakrise ergreifen wir noch immer nicht die erforderlichen Maßnahmen, um diese abzuwenden. Verantwortlich dafür sind nicht zuletzt die Anstifter zu klimapolitischer Untätigkeit, so der Klimawissenschaftler Michael E. Mann. Mit „Brückentechnologien“, „sauberer Kohle“ und „Geoengineering“ wollen sie ihren eigenen Nutzen mehren – zu einem immens hohen Preis für alle anderen.
Steffen Mau: Mauern der Ungleichheit. Die Rückkehr der befestigten Grenzen, S. 61-70
Vor sechzig Jahren, am 13. August 1961, errichtete die DDR entlang der innerdeutschen Grenze eine Mauer. Ihr Fall im Herbst 1989 nährte die Hoffnung, dass militärisch gesicherte Grenzen künftig der Vergangenheit angehören würden, erinnert der Soziologe Steffen Mau. Doch diese Hoffnung wurde bitter enttäuscht: Mauern als „harte Grenzen“ liegen gegenwärtig wieder im Trend. Und sie wachsen gerade dort, wo die Ungleichheit benachbarter nationalstaatlicher Räume besonders groß ist.
Till van Rahden: Außer Rand und Band. Wie die Demokratie ihre Fassung bewahrt, S. 71-80
Lange galt die liberale Demokratie im Westen als eine Selbstverständlichkeit. Nun aber scheinen wir Zeugen einer Zeitenwende zu sein, bei der ihr Überleben auf dem Spiel steht. Anstatt auf die Existenzkrise unserer Demokratie zu starren, müsste aber die Frage lauten, was sie am Leben erhält, fordert der Historiker Till van Rahden: Doch für den notwendigen Streit um das gute Leben müssen wir uns auf die Spielregeln der Debatte einigen.
Thomas Greven: Staatskrise mit Ansage. Die US-Republikaner vor der autokratischen Wende, S. 81-90
Mehr als ein halbes Jahr nach dem Amtsantritt von Joe Biden scheinen die USA zur Normalität zurückgekehrt zu sein. Dieser Eindruck täuscht jedoch, warnt der Politikwissenschaftler Thomas Greven. Denn die Republikanische Partei hat sich weder vom Trumpismus befreit noch ihren rasanten Rechtsruck gebremst. Spätestens bei den nächsten Wahlen 2024 stellt sich daher die Frage: Sind die Republikaner bereit, für die Privilegien ihrer schrumpfenden Basis sogar die amerikanische Demokratie zu opfern?
Edmond Jäger: Politik als Kampf: Orbáns Strategie der Verfeindung, S. 91-95
Für große internationale Empörung sorgte jüngst ein ungarisches Gesetz, das queere Menschen diskriminiert. Das aber ist kein Einzelfall, so der Politikwissenschaftler Edmond Jäger. Vielmehr entspricht dies der Strategie von Premierminister Viktor Orbán: Gezielt beschwört er Feindbilder, um sich so die Unterstützung für sein zunehmend autoritäres Regime zu organisieren.
Charlotte Dany: Bürgerliche Antidemokraten. Max Otte und das »Neue Hambacher Fest«, S. 97-104
Das Hambacher Schloss ist einer der prominentesten Orte der frühen deutschen Demokratiebewegung. Ausgerechnet dort versammeln sich seit ein paar Jahren Neue Rechte und stellen sich in die Tradition von 1848. Das aber ist eine Anmaßung, kritisiert die Politikwissenschaftlerin Charlotte Dany. Denn was auf dem „Neuen Hambacher Fest“ als demokratisch präsentiert wird, hat mit Demokratie nichts gemein.
Micha Brumlik: Auschwitz als koloniales Verbrechen? Zur Debatte um A. Dirk Moses, S. 105-111
Der Historiker A. Dirk Moses kritisierte jüngst scharf das „heilige Trauma“ der Deutschen, wonach die Shoah ein singuläres Menschheitsverbrechen sei. Diese Sichtweise blende nicht zuletzt den geschichtlichen Zusammenhang zwischen dem Holocaust und den deutschen Kolonialverbrechen aus. Dem widerspricht „Blätter“-Mitherausgeber Micha Brumlik: Ebendiese Frage werde bereits seit langem differenziert diskutiert – und zwar ohne dabei die Leiderfahrungen der einen gegen die der anderen auszuspielen.
Werner Heinz: Boden und Wohnungen: Eldorado der Kapitalverwertung, S. 112-120
Ob in München, Hamburg oder Berlin: Vor allem in den Städten explodieren die Grundstücks- und Wohnungspreise, während bezahlbarer Wohnraum immer knapper wird. Doch die Interventionen der öffentlichen Hand greifen zu kurz, kritisiert der Planungswissenschaftler Werner Heinz. Nötig sei ein radikaler Politik- und Paradigmenwechsel, der an den Ursachen dieser Entwicklung ansetze: dem kapitalistischen Privateigentum an Grund und Boden sowie dessen profitorientierter Verwertung.