Ausgabe Mai 2021

Chronik des Monats März 2021

1.3. – UNO. Generalsekretär Guterrez ruft auf einer „Geberkonferenz“ zum Kampf gegen die humanitäre Krise im Jemen auf. Notwendig seien zunächst 3,85 Mrd. US-Dollar. – Am 11.3. kritisiert der Sicherheitsrat die Gewaltanwendung der Militärregierung in Myanmar. Der Erklärung stimmen alle 15 Mitglieder des Gremiums zu. – Am 15.3. hält der Rat aus Anlass des 10. Jahrestages des Bürgerkrieges in Syrien eine Sitzung ab.

        – SPD. Auf einer virtuellen Pressekonferenz stellen die beiden Vorsitzenden Esken und Walter-Borjans sowie Kanzlerkandidat und Bundesfinanzminister Scholz ihr „Zukunftsprogramm“ für die Bundestagswahl im September d.J. vor. Gefordert wird die stärkere Beteiligung hoher Vermögen an der Finanzierung der Staatsausgaben, eine Anhebung des Mindestlohns sowie die Ablösung von Hartz IV durch ein „Bürgergeld“. Im Kampf gegen den Klimawandel soll u.a. ein generelles Tempolimit auf Autobahnen eingeführt werden.

2.3. – Myanmar (Burma). Die Außenminister der ASEAN-Staaten (Association of Southeast Asian Nations), zu denen auch Myanmar gehört, fordern die Machthaber in Myanmar zu einem Ende der Gewaltanwendung auf und verlangen einen Dialog mit der Demokratiebewegung. Das Militär, das mit zunehmender Härte und dem Einsatz von scharfer Munition gegen friedliche Demonstranten vorgeht, verhängt am 14.3. das Kriegsrecht. Die Zahl der Toten und Verwundeten steigt von Tag zu Tag. Am Tag der Armee (27.3.) kündigt die Junta Neuwahlen nach Ende des Ausnahmezustandes an, ohne jedoch ein Datum zu nennen. Die Demonstranten seien Terroristen. Ein Beobachter der Vereinten Nationen bezeichnet das Vorgehen des Militärs als „Massenmord“.

        – USA/EU. Washington und Brüssel verhängen weitere Sanktionen gegen Russland. Anlass ist die Anwendung des verbotenen Kampfstoffs Nowitschok im Zusammenhang mit einem Anschlag auf den russischen Bürgerrechtler Alexej Nawalny (vgl. „Blätter“, 11/2020, S. 125). Die Sanktionen richten sich gegen sieben Personen im Umfeld von Präsident Putin.

3.3. – USA. Der neue Außenminister Antony Blinken hält eine Grundsatzrede, Titel: „Eine Außenpolitik für das amerikanische Volk“. Amerika, so der Minister, müsse Gestaltungswillen zeigen, weil sonst andere Kräfte die Oberhand gewinnen würden. Blinken zählt acht Tätigkeitsfelder auf. Zunächst gehe es um die Bekämpfung der Pandemie, dem müsse ein wirtschaftlicher Wiederaufschwung folgen, Hand in Hand mit dem Aufbau einer stabilen Weltwirtschaft. Weitere Prioritäten seien die Stärkung der Beziehungen zu Verbündeten und Partnern, die Bekämpfung der Klimaerwärmung und eine grüne Energie-Revolution. – Am 10.3., nach der Zustimmung der beiden Parlamentskammern, kann Präsident Biden das 1,9 Billionen-Dollar-Corona-Konjunkturpaket mit seiner Unterschrift in Kraft setzen. Es handele sich um ein „historisches Gesetz“, erklärt der Präsident, das der Mittelschicht und der arbeitenden Bevölkerung eine faire Chance gebe. Der Umfang des Konjunkturpakets entspricht fast zehn Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung der USA und umfasst u.a. Direktzahlungen für die meisten Steuerzahler, zusätzliche Hilfen für Familien, darunter ein Kindergeld. Mittel für Coronatests und die Impfkampagne werden bereitgestellt. – Am 24.3. schafft Virginia als 23. der 50 Bundesstaaten die Todesstrafe ab. Gouverneur Northam unterzeichnet ein Gesetz, das beide Parlamentskammern im Februar d.J. beschlossen hatten. Seit 1976 waren in Virginia 113 Hinrichtungen vollstreckt worden. – Am 25.3. gibt Biden die erste Pressekonferenz seiner Amtszeit und antwortet auf die Frage, ob er 2024 noch einmal antreten werde: „Das ist meine Erwartung.“ – Am 26.3. kündigt Präsident Biden für April d.J. einen digitalen Klimagipfel an. – Am 29.3. bezeichnet Außenminister Blinken die Vereinten Nationen als „Anker des multilateralen Systems“, das für die USA von entscheidender Bedeutung sei. Kein Land könne Themen wie die Corona-Pandemie oder die Klimakrise alleine angehen.

        – Bundesregierung. Das Bundesamt für Verfassungsschutz teilt den zuständigen Landesbehörden mit, seit dem 25. Februar d.J. werde die Alternative für Deutschland (AfD) als „Verdachtsfall“ eingestuft. Damit kann die Partei mit geheimdienstlichen Mitteln überwacht werden. Das Verwaltungsgericht Köln gibt am 5.3. einem Eilantrag der AfD statt. Die Behörde dürfe die Partei bis zur Entscheidung in der Hauptsache „nicht als Verdachtsfall einordnen, beobachten, behandeln, prüfen und/oder führen“.

        – EU. Die Abgeordneten der ungarischen Regierungspartei Fidesz verlassen die Fraktion der Europäischen Volkspartei (EVP) im Europäischen Parlament. Die größte Fraktion im Parlament hatte zuvor eine neue Geschäftsordnung angenommen, die es ermöglicht, künftig ganze Länderdelegationen zu suspendieren oder aus der Fraktion auszuschließen. Dies war bisher nur bei einzelnen Abgeordneten möglich. – Am 23.3. findet ein Online-Gespräch zum Thema „Die China-Strategie der EU, ein Drahtseilakt“ statt. Beide Seiten hatten sich im Dezember v.J. auf die Grundsätze eines umfassenden Investitionsabkommens geeinigt. – Am 25.3. beraten die 27 Staats- und Regierungschefs auf einem Videogipfel über die künftigen Beziehungen der Europäischen Union zur Türkei. Entscheidungen über mögliche Sanktionen sollen frühestens im Juni d.J. fallen. Die Gespräche mit Ankara sollen fortgesetzt werden. Auch ein „Dialog auf hoher Ebene“ wird erwogen. Der amerikanische Präsident Biden richtet eine Videobotschaft an die Teilnehmer.

        – IStGH. Die Chefanklägerin des Internationalen Strafgerichtshofs in Den Haag leitet offizielle Ermittlungen zu Kriegsverbrechen in den Palästinensergebieten ein. Untersucht werden sollen Vorfälle ab Mitte Juni 2014 während des Gaza-Krieges. Bei den Kämpfen wurden 2250 Palästinenser und mehr als 70 Israeli getötet. – Am 8.3. spricht der Gerichtshof Opfern schwerer Kriegsverbrechen im Kongo Entschädigungen in Höhe von 30 Mio. Dollar zu. Ehemalige Kindersoldaten und Opfer sexueller Gewalt des verurteilten ehemaligen Milizenführers Bosco Ntanganda hätten ein Recht auf Schadenersatz.

4.3. – China. Am Vorabend einer Tagung des Nationalen Volkskongresses, der höchsten Legislative der Volksrepublik China, kündigt ein Regierungssprecher Änderungen des Wahlsystems in der Sonderverwaltungszone Hongkong an. Angesichts der Ereignisse in der jüngeren Vergangenheit seien Änderungen nötig. – Vom 5.-11.3. versammeln sich in der Großen Halle des Volkes in Peking die 3000 Delegierten des Kongresses und verabschieden die Grundzüge des 14. Fünfjahrplans zur Entwicklung der Volkswirtschaft. Vorgesehen ist u.a. eine Erhöhung der Militärausgaben um sieben Prozent. Ein neues Wahlrecht mit dem Namen „Patrioten regieren Hongkong“ wird mit 2895 Stimmen bei einer Enthaltung angenommen. Beobachter erwarten eine deutliche Einengung der politischen Pluralität.

12.3. – Quad. „Ich freue mich sehr, mit Ihnen in den kommenden Jahren eng zusammenzuarbeiten.“ Mit diesen Worten eröffnet der amerikanische Präsident Biden ein virtuelles Gipfeltreffen des Quadrilateralen Sicherheitsdialogs. Erstmals hatte dieser Dialog, der von Beobachtern auch als „Asiatische Nato“ bezeichnet wird, im Jahr 2007 stattgefunden. Neben den USA gehören Indien, Australien und Japan zu den Teilnehmern. Der Gipfel verabschiedet eine gemeinsame Botschaft („Geist der Quad“).

        – Bundeswehr. Das Landgericht Leipzig verurteilt einen früheren Elitesoldaten wegen Verstößen gegen das Waffen- und Sprengstoffgesetz sowie gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz zu einer Bewährungsstrafe von zwei Jahren. Der damalige Oberstabsfeldwebel war im Mai v.J. festgenommen worden, nachdem in seinem Heimatort ein umfangreiches Waffenversteck entdeckt worden war: Sprengstoff, Tausende Schuss Munition, eine Kalaschnikow, dazu Nazi-Devotionalien und rechtsextreme Schriften. Die Staatsanwaltschaft hatte eine Haftstrafe gefordert.

14.3. – Baden-Württemberg. Die Grünen mit ihrem Spitzenkandidaten Ministerpräsident Winfried Kretschmann können ihre führende Position weiter ausbauen. Der Koalitionspartner, die Christdemokraten, muss Verluste hinnehmen. Starke Verluste verzeichnet auch die Alternative für Deutschland. Die Linke scheitert mit 3,6 Prozent erneut an der Fünfprozentklausel. Wahlbeteiligung: 63,8 (2016: 70,4) Prozent. Nach dem vorläufigen amtlichen Endergebnis entfallen auf die fünf im Landesparlament vertretenen Parteien (Angaben in Prozent): Grüne 32,6 (2016: 30,3), CDU 24,1 (27,0), SPD 11,0 (12,7), FDP 10,5 (8,3), AfD 9,7 (15,1). Zusammensetzung des neuen Landtags (154, bisher 143 Abgeordnete): Grüne 58 (bisher 47), CDU 42 (42), SPD 19 (19), FDP 18 (12), AfD 17 (23). (Zur Landtagswahl vom 13. März 2016 vgl. „Blätter“, 5/2016, S. 126.)

        – Rheinland-Pfalz. Die von Ministerpräsidentin Malu Dreyer geführte Koalition aus Sozialdemokraten, Grünen und Freien Demokraten kann ihre Mehrheit verteidigen. Die oppositionellen Christdemokraten verzeichnen Verluste, ebenso die Alternative für Deutschland. Die Linke scheitert mit 2,5 Prozent erneut an der Fünfprozentklausel, die Freien Wähler können erstmals in den Landtag einziehen. Wahlbeteiligung: 64,4 (2016: 70,4) Prozent. Nach dem vorläufigen amtlichen Endergebnis entfallen auf die sechs im Landesparlament vertretenen Parteien (Angaben in Prozent): SPD 35,7 (2016: 36,2), CDU 27,7 (31,8), Grüne 9,3 (5,3), AfD 8,3 (12,6), FDP 5,5 (6,2), Freie Wähler 5,4 (2,2). Zusammensetzung des neuen Landtags (101 Abgeordnete): SPD 39 (bisher 39), CDU 31 (35), Grüne 10 (6), AfD 9 (14), FDP 6 (7), Freie Wähler 6 (-). (Zur Landtagswahl vom 13. März 2016 vgl. „Blätter“, 5/2016, S. 126.)

16.3. – USA/Russland. Eine in den Medien verbreitete Äußerung von Präsident Biden führt zu Irritationen in den amerikanisch-russischen Beziehungen. Auf die Frage eines Journalisten, ob er denke, dass Präsident Putin ein „Killer“ sei, soll Biden geantwortet haben: „Das denke ich.“ Heftige Kritik kommt aus Moskau. Die russische Regierung ruft ihren Botschafter aus Washington zur Berichterstattung zurück.

18.3. – Afghanistankonflikt. Auf Einladung des Außenministeriums in Moskau verhandeln Diplomaten aus den USA, China, Russland und Pakistan mit Vertretern der afghanischen Regierung, der Taliban sowie verschiedener Repräsentanten weiterer afghanischer Kriegsparteien. Beobachter Katars und der Türkei sind anwesend. In einer vorbereiteten Erklärung werden die Konfliktparteien aufgerufen, die Gewalt einzudämmen und auf geplante „Frühjahrsoffensiven“ zu verzichten.

18./19.3. – China/USA. Die Außenminister Wang Yi und Blinken treffen sich in Anchorage (Alaska) zu einem Meinungsaustausch. Wang erklärt anschließend, die Gespräche seien „geradeheraus, offen und konstruktiv“ gewesen. Sie hätten das gegenseitige Verständnis verstärkt, obwohl noch große Differenzen bei bestimmten Fragen existierten. Nach den Einschränkungen des Wahlrechts in der Sonderverwaltungszone Hongkong hatten die USA Sanktionen gegen 24 weitere chinesische Politiker und Beamte verhängt.

20.3. – Türkei. Präsident Erdogan ordnet den Austritt der Türkei aus der Istanbul-Konvention des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt an. Eine offizielle Begründung wird nicht gegeben. In Ankara heißt es, die Konvention sei missbraucht worden, um die „Homosexualität zu normalisieren“.

23.-24.3. – Nato. Erstmals seit 2019 treffen die Außenminister der Allianz wieder persönlich in Brüssel zusammen. „Lieber Tony. Willkommen im Nato-Hauptquartier“, begrüßt Generalsekretär Stoltenberg den amerikanischen Ressortchef. Blinken erklärt, die USA wollten ihre Partnerschaft wieder aufbauen, „zuerst und vor allem mit unseren Nato-Verbündeten“. Blinken wiederholt gegenüber Bundesaußenminister Maas die Kritik am Bau der Ostsee-Pipeline Nord Stream 2.

24.3. – Nagorny Karabach. Vier Monate nach dem Ende der Kämpfe in der Konfliktregion im Südkaukasus (vgl. „Blätter“, 2/2021, S. 126) wird der Kriegszustand in Armenien aufgehoben. Das Parlament in Erewan fasst einen entsprechenden Beschluss.

27.3. – China/Iran. Zur Unterzeichnung eines Kooperationsabkommens zwischen beiden Ländern kommt der chinesische Außenminister Wang Yi nach Teheran. Der neue Vertrag hat eine Laufzeit von 25 Jahren.

30.3. – WHO. Die Weltgesundheitsorganisation legt den Bericht eines Expertenteams vor, das im Januar und Februar d.J. in der chinesischen Stadt Wuhan den Ursprung der weltweiten Corona-Pandemie untersucht hatte. Alle Hypothesen blieben bestehen und würden weiter verfolgt. Es sei „wahrscheinlich bis sehr wahrscheinlich“, dass das Virus von einem Tier über einen Zwischenwirt auf den Menschen übergesprungen sei. Die These, das Virus sei aus Versehen aus einem Viren-Labor entwichen, gelte als „extrem unwahrscheinlich“. In einer kritischen Stellungnahme aus Washington heißt es, die Untersuchung sei zu spät gestartet und von den chinesischen Behörden seien nicht alle erforderlichen Daten zur Verfügung gestellt worden. Der Forderung nach einer neuen Untersuchung schließen sich mehrere Staaten an.

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