1.9. – UNO. Generalsekretär Guterres beklagt eine humanitäre Katastrophe in Afghanistan. Es drohe der vollständige Zusammenbruch. Die Weltgesundheitsorganisation (World Health Organisation/WHO), eine Sonderorganisation der Vereinten Nationen, eröffnet in Berlin ein Frühwarnzentrum für Pandemien. – Am 13.9. werden auf einer Geberkonferenz der Vereinten Nationen in Genf Mittel von rund einer Mrd. US-Dollar für humanitäre Hilfe in Afghanistan zugesagt. Die künftige Zusammenarbeit mit dem Taliban-Regime, so heißt es, werde aber von deren Umgang mit ausländischen Helfern, Frauen, Kindern und Minderheiten abhängen. – Am 14.9. beginnt in New York unter Vorsitz von Abdulla Shahid (Malediven) die 76. Generalversammlung der Vereinten Nationen. Guterres richtet einen dramatischen Appell an das Plenum. Die Welt müsse aufwachen, sie befinde sich am Abgrund und bewege sich weiter in die falsche Richtung. Zu den Krisen, welche die Welt bedrohten wie noch nie in ihrer Geschichte, zähle der Klimawandel. Erster Redner der Generaldebatte am 21.9. ist der Vertreter des Gastlandes, Amerikas Präsident Biden. Zu den weiteren Rednern gehören die Bundespräsidenten Deutschlands und Österreichs, Steinmeier und van der Bellen.
– USA/Ukraine. Präsident Biden empfängt im Weißen Haus seinen ukrainischen Amtskollegen Selenskyj. Gleichzeitig wird in Washington ein neues „Sicherheitshilfspaket“ für die Ukraine im Umfang von 60 Mio. Dollar (51 Mio. Euro) angekündigt, darunter die Lieferung weiterer Rüstungsgüter. „Die Vereinigten Staaten bekennen sich weiterhin entschieden zur Souveränität und territorialen Integrität der Ukraine angesichts der russischen Aggression“, erklärt Biden.
2.-3.9. – EU. Unter Vorsitz Sloweniens kommen die Außen- und Verteidigungsminister der Union zusammen. Die Minister formulieren fünf Bedingungen für die künftige Zusammenarbeit mit den neuen Machthabern in Afghanistan (vgl. „Blätter“, 10/2021, S. 125), darunter Menschenrechte, Reise- und Pressefreiheit. – Am 7.9. beantragt die EU-Kommission beim Europäischen Gerichtshof ein Bußgeld gegen Polen. Die dortige Regierung habe jüngste Urteile des Gerichts „nicht vollständig umgesetzt“. – Am 13.9. besucht Bundeskanzlerin Merkel Serbien und trifft sich am 14.9. in der albanischen Hauptstadt Tirana mit Ministerpräsident Rama sowie den Regierungschefs von Bosnien-Herzegowina, Kosovo, Montenegro und Nord-Mazedonien. Die sechs Staaten des Westbalkan streben die Mitgliedschaft in der Europäischen Union an. Albanien, Nord-Mazedonien und Serbien hatten Ende Juli d.J. die Schaffung einer Freihandelszone vereinbart. Die Personenkontrollen zwischen diesen drei Staaten sollen bis 2023 wegfallen. In Presseberichten ist von einer „Mini-Schengen-Zone“ für den Balkan die Rede. – Am 15.9. hält Kommissionspräsidentin von der Leyen im EU-Parlament in Straßburg die jährliche „Rede zur Lage der Europäischen Union“ und erläutert die Ziele des im Juli d.J. vorgelegten Klimafahrplans (vgl. „Blätter“, 9/2021, S. 126). Zu den weiteren Themen gehören die Bewältigung der Corona-Pandemie, die Migration sowie die Rechtsstaatlichkeit innerhalb der Union. Nach dem Afghanistan-Debakel des Westens solle der Aufbau der Verteidigungsunion forciert und ein gemeinsames Lage- und Analysezentrum eingerichtet werden. – Am 29.9. appelliert Kommissionsvizepräsident Schinas an die Mitgliedstaaten und das Europäische Parlament, das beschlossene Paket für Migration und Asyl nachdrücklich zu verfolgen. Vom anhaltenden Druck im zentralen Mittelmeerraum, über die sich verschlechternde Lage in Afghanistan bis hin zum neuen Druck an unseren östlichen Grenzen zeigten all diese Entwicklungen, wie dringend wir „einen tragfähigen europäischen Asyl- und Migrationsrahmen benötigen“.
6.9. – Afghanistan. Ein Sprecher der Taliban verkündet den endgültigen Sieg. Als letzte sei die Provinz Pandschir gefallen, damit kontrolliere man das ganze Land. Der Staat erhält am 7.9. den Namen „Islamisches Emirat Afghanistan“, ein Emir werde sicherstellen, dass die Regierungsgeschäfte im Rahmen des islamischen Rechts geführt werden. Die Ministerliste enthält entgegen früherer Ankündigungen ausschließlich Namen von ranghohen Taliban-Vertretern, angeführt von Mullah Mohammad Hassan Akhund, Frauen sind nicht vertreten. Das Ministerium für Frauen in Kabul heißt künftig „Ministerium zur Verbreitung von Tugend und Verhinderung von Untugend“. Ein Sprecher nennt die neue Regierung eine „diverse Gruppe“, man hoffe auf internationale Anerkennung. Regeln für die Universitäten, die am 12.9. bekannt werden, sehen einen Unterricht getrennt nach Geschlechtern vor. Es gelten islamische Kleidungsvorschriften.
6./8.9. – Frankreich/BRD. Präsident Macron empfängt in Paris die Kanzlerkandidaten von SPD und CDU, Vizekanzler Scholz und NRW-Ministerpräsident Laschet, zu getrennten vertraulichen Unterredungen. Die Besuche finden im Vorfeld der Bundestagswahlen vom 26.9. statt.
8.9. – BRD/USA. Bundesaußenminister Maas trifft mit seinem amerikanischen Kollegen Blinken zusammen. Das Gespräch, bei dem es vor allem um die Lage in Afghanistan geht, findet auf dem US-Luftwaffenstützpunkt Ramstein in Rheinland-Pfalz statt. Beide Minister befürworten ein abgestimmtes Vorgehen gegenüber den Taliban.
9.9. – USA/China. Zum zweiten Mal seit seinem Amtsantritt führt Präsident Biden ein Telefongespräch mit dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping. In einer Mitteilung des Weißen Hauses ist von einer „breiten, strategischen Diskussion“ die Rede. Man habe „über Bereiche diskutiert, wo unsere Interessen aufeinandertreffen, und über Bereiche, wo unsere Interessen, Werte und Perspektiven auseinandergehen“.
– Russland/Belarus. Die Präsidenten Putin und Lukaschenko vereinbaren in Moskau weitere Schritte zur Bildung eines einheitlichen Wirtschaftsraums darunter die Angleichung der Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik. Eine politische Integration werde vorerst nicht angestrebt, heißt es auf einer gemeinsamen Pressekonferenz.
11.9. – USA. New York gedenkt des Anschlags vom 11. September 2001, als Terroristen zwei Flugzeuge in die Twin Towers steuerten und diese zum Einsturz brachten. Fast 3000 Menschen kamen dabei ums Leben. Zu den Anwesenden gehören neben Präsident Biden die früheren Präsidenten Obama und Clinton.
– Spanien. Wenige Tage vor neuen Gesprächen zwischen der Zentralregierung und der katalanischen Regionalregierung demonstrieren Zehntausende in Barcelona für Kataloniens Unabhängigkeit. Sprecher fordern Selbstbestimmung und die Abspaltung der Region von Spanien.
13.9. – Naher Osten. Der israelische Ministerpräsident Bennett trifft sich im ägyptischen Küstenort Sharm al-Sheikh mit Präsident al-Sisi. Bennett erklärt anschließend, die Begegnung sei wichtig und gut gewesen, beide Seiten hätten „die Grundlage für tiefe Beziehungen“ gelegt.
16.9. – Sachsen-Anhalt. Nach der Wahl des Landesparlaments im Juni d.J. (zum Ergebnis vgl. „Blätter“, 8/2021, S. 125) wählt der Landtag Reiner Haseloff erneut zum Ministerpräsidenten. Haseloff steht an der Spitze einer Koalition von Christdemokraten und Sozialdemokraten. Die Entscheidung fällt erst im zweiten Wahlgang mit 53 gegen 43 Stimmen bei einer Enthaltung. Im ersten Wahlgang hatte Haseloff die nötige Mehrheit von 49 Stimmen knapp verfehlt.
– Indo-Pazifik-Allianz. Der australische Premierminister Morrison kündigt in einem Fernsehinterview überraschend ein Dreierbündnis an, dem die USA, Großbritannien und Australien angehören sollen. Es gehe darum, Stabilität und Sicherheit im indopazifischen Raum zu stärken. Vorgesehen ist u.a., Australien beim Bau von U-Booten mit Nuklearantrieb zu unterstützen. Heftige Kritik kommt aus Paris, nachdem Australien ein geplantes U-Boot-Geschäft mit Frankreich abgesagt hatte. Das französische Außenministerium ruft seine Botschafter aus Washington und Canberra zur Berichterstattung zurück. US-Präsident Biden bezeichnet das neue Bündnis als „historischen Schritt“. Die Zukunft der ganzen Welt hänge „von einer freien und offenen indopazifischen Region ab“. – Am 21.9. vereinbaren der französische Präsident Macron und Indiens Premierminister Modi in einem Telefongespräch ein gemeinsames Vorgehen im Indopazifik, um regionale Stabilität und Rechtsstaatlichkeit zu fördern und jede Form von Vormachtstellung zu vermeiden. Frankreich wolle zur strategischen Unabhängigkeit Indiens beitragen, die Wirtschaftsbeziehungen sollten ausgebaut werden.
17.-19.9. – Russland. Bei landesweiten Wahlen wird die Zusammensetzung der Staatsduma (Unterhaus) festgelegt. Nach Angaben der amtlichen Wahlkommission liegt die dem Kreml nahestehende Partei „Einiges Russland“ mit 49,6 Prozent klar in Führung, gefolgt von den Kommunisten mit 19,5 Prozent. Die Wahlbeteiligung wird offiziell mit 45 Prozent angegeben. Die Opposition hatte Vorbereitung, Verlauf und Auszählung der Wahlen kritisiert und insbesondere die digitale Stimmabgabe als neues Manipulationsinstrument der Behörden benannt.
22.9. – Corona-Pandemie. Zum Auftakt eines virtuellen Corona-Gipfels in Washington kündigt Präsident Biden an, seine Regierung werde weitere 500 Mio. Impfdosen für ärmere Länder zur Verfügung stellen. Die Spende von insgesamt 1,1 Mrd. Impfdosen sei an keinerlei Bedingungen geknüpft.
26.9. – Bundestagswahl. Bei der Wahl zum 20. Deutschen Bundestag (Wahlperiode 2021-2025) können die Sozialdemokraten die Christdemokraten als stärkste Kraft ablösen. Die Linke bleibt unter der Fünfprozentklausel, verfügt aber über drei Direktmandate und kann mit Fraktionsstärke in das Parlament einziehen. Der Südschleswigsche Wählerverband (SSW) ist als Partei der dänischen Minderheit mit einem Mandat vertreten. Die Wahlbeteiligung liegt bei 76,6 (2017: 76,2) Prozent. Nach dem vorläufigen amtlichen Endergebnis entfallen auf die im Parlament vertretenen Parteien (Angaben in Prozent, bezogen auf die Zweitstimmen): CDU/CSU 24,1 (2017: 33), SPD 25,7 (20,5), AfD 10,3 (12,6), FDP 11,5 (10,7), Linke 4,9 (9,2), Grüne 14,8 (8,9). Zusammensetzung des neuen Bundestages (736, bisher 709 Abgeordnete): CDU/CSU 197 (2017: 246), davon CSU 45 (46), SPD 206 (153), AfD 83 (94), FDP 92 (80), Die Linke 39 (69), Grüne 118 (67), SSW 1 (-). (Zur Wahl des 19. Deutschen Bundestages vom 24.9.2017 vgl. Chronik in „Blätter“, 11/2017, S. 127.)
– Berlin. Bei der Wahl zum Abgeordnetenhaus (Landesparlament) kann die bisherige Koalition von Sozialdemokraten, Grünen und Linken ihre Mehrheit behaupten, der Stimmenanteil der Alternative für Deutschland geht stark zurück. Die Wahlbeteiligung liegt bei 75,4 (2016: 66,9) Prozent. Nach dem vorläufigen amtlichen Endergebnis entfallen auf die sechs im Landesparlament vertretenen Parteien (Angaben in Prozent): SPD 21,4 (2016: 21,6), Grüne 18,9 (15,2), CDU 18,0 (17,6), Linke 14,1 (15,6), AfD 8,0 (14,2), FDP 7,1 (6,7). Zusammensetzung des neuen Abgeordnetenhauses (147, bisher 160 Abgeordnete): SPD 36 (2016: 38), Grüne 32 (27), CDU 30 (31), Linke 24 (27), AfD 13 (25), FDP 12 (12). Der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) hatte schon vor der Wahl angekündigt, er werde für dieses Amt nicht mehr zur Verfügung stehen. (Zur Wahl des Abgeordnetenhauses vom 18.9.2016 vgl. Chronik in „Blätter“, 11/2016, S. 127.) Bei einem gleichzeitig stattfindenden Volksentscheid befürworten 56,4 Prozent der Teilnehmer die Enteignung großer Wohnungskonzerne. Die entsprechenden Wohnungsbestände sollen „vergesellschaftet“ und in eine Anstalt öffentlichen Rechts übergeführt werden. Den bisherigen Eigentümern stehe eine „Entschädigung deutlich unter Verkehrswert“ zu. Das Votum ist rechtlich nicht bindend, aber ein Auftrag an die künftige Landesregierung (Senat) und das neue Abgeordnetenhaus.
– Mecklenburg-Vorpommern. Bei den Landtagswahlen können die Sozialdemokraten von Ministerpräsidentin Manuela Schwesig ihre führende Stellung erheblich ausbauen. An zweiter Stelle liegt trotz Stimmenverlusten weiterhin die Alternative für Deutschland (AfD). Grüne und Freie Demokraten überwinden die Fünfprozentklausel und sind wieder im Landtag vertreten. Die Wahlbeteiligung steigt auf 70,8 (2016: 61,6) Prozent. Nach dem amtlichen Endergebnis entfallen auf die sechs im Landesparlament vertretenen Parteien (Angaben in Prozent): SPD 39,6 (2016: 30,6), AfD 16,7 (20,8), CDU 13,3 (19,0), Die Linke 9,9 (13,2), Grüne 6,3 (4,8), FDP 5,8 (3,0). Zusammensetzung des neuen Landtages (79, bisher 71 Abgeordnete): SPD 34 (2016: 26), AfD 14 (18), CDU 12 (16), Linke 9 (11), Grüne 5 (-), FDP 5 (-). (Zur Landtagswahl vom 4.9.2016 vgl. Chronik in „Blätter“, 11/2016, S.125.)
27.9. – IStGH. Der Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs in Den Haag, Karim Khan (Großbritannien), kündigt Ermittlungen gegen die Taliban und die Terrorgruppe IS wegen möglicher Kriegsverbrechen in Afghanistan an. Er habe bereits einen richterlichen Beschluss beantragt.
28.9. – Korea. Die Demokratische Volksrepublik Korea (Nordkorea) testet eine neu entwickelte Überschallrakete. Nordkoreas UN-Botschafter weist in New York Kritik zurück. Sein Land habe das unbestrittene Recht, Waffensysteme jeglicher Art zu entwickeln ebenso wie die USA und Südkorea.