Ausgabe Juni 2022

Kurzgefasst

Paul Mason: Das radikal Böse. Die unheimliche Wiederkehr des Faschismus, S. 41-50

Im Angesicht des Faschismus kann niemand neutral bleiben – das ist eine moralische Lehre, die heute wieder erschreckend aktuell geworden ist. Doch gerade der Marxismus hatte dem radikal Bösen, das Europa von Nazideutschland aus mit Grauen überzog, keine widerständige Moral entgegenzusetzen, kritisiert der Publizist Paul Mason. Diesen Fehler müsse die heutige Linke korrigieren. Nur mit einer Theorie des „radikal Bösen“ und einer globalen Moralphilosophie lasse sich der Faschismus besiegen.

Tatiana Zhurzhenko: Die erstarkte Nation. Krieg und Widerstand im ukrainischen Diskurs, S. 51-60

Seit dem 24. Februar leben die Menschen in der Ukraine in einer neuen Wirklichkeit. Wie aber wird der Krieg in der ukrainischen Öffentlichkeit gedeutet? Die Politikwissenschaftlerin Tatiana Zhurzhenko zeichnet den ukrainischen Diskurs um Krieg und Widerstand nach und stellt fest: Die ukrainische Nation könnte stärker, selbstbewusster und geeinter aus dem Krieg hervorgehen, wenn eines Tages die Konturen einer europäischen Nachkriegsordnung für die nächsten Jahrzehnte gezeichnet werden.

Wolfgang Zellner: Krieg bis zur Erschöpfung? Warum wir eine langfristige Strategie gegenüber Russland brauchen, S. 61-68

Der russische Krieg gegen die Ukraine geht in seinen vierten Monat und längst lassen sich Züge eines indirekt geführten Weltkriegs erkennen, analysiert der Friedensforscher Wolfgang Zellner. Doch wie könnte ein Ende oder auch nur eine Unterbrechung dieses Krieges aussehen? Sein Fazit: Wir müssen uns auf eine lang anhaltende, prekäre Phase zwischen heißem Krieg und instabilem Waffenstillstand einstellen. Vor allem aber sollten wir langfristige Strategien im Umgang mit Putins Russland entwickeln.

Nicole Deitelhoff: Zurück auf Null. Putins Krieg und die Europäische Sicherheitsordnung, S. 69-76

Seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine liegt die europäische Friedens- und Sicherheitsarchitektur in Trümmern. Doch am Nullpunkt angekommen, muss nicht alles umgeworfen und neu erfunden werden, so die Friedensforscherin Nicole Deitelhoff. Vielmehr gelte es, aus Fehlern zu lernen und eine kooperative Sicherheitsordnung 2.0 vorzubereiten.

Bernd Greiner: Die Logik der Erpressung. Von der Kuba-Krise zum Ukraine-Krieg, S. 77-82

Der Überfall auf die Ukraine gilt als Zeitenwende. Trotzdem zeigen sich mit Blick auf die Kuba-Krise 1962 aufschlussreiche Parallelen, so der Historiker Bernd Greiner: Rhetorische Abrüstung und der Verzicht auf Maximalforderungen sind unverzichtbar, um eine atomare Eskalation zu vermeiden.

Christoph Scherrer: Krieg und Abschottung: Das Ende der Globalisierung?, S. 83-89

Die Corona-Pandemie und der russische Angriff auf die Ukraine haben die wirtschaftliche Globalisierung zuletzt massiv gestört. Für den Politikwissenschaftler Christoph Scherrer steht fest: Die aktuelle Stagnation lässt sich nur im Spannungsfeld von Expansion und Abschottung denken.

Jens Kersten: Die dritte Revolution. Plädoyer für ein ökologisches Grundgesetz, S. 91-102

Angesichts der Klimakatastrophe ist auch im ökologischen Sinne dringend eine Zeitenwende nötig, mahnt der Jurist Jens Kersten. Doch dazu bedarf es nicht weniger als einer Revolution: Geboten ist die ökologische Transformation unserer Verfassungsordnung.

Horst Kahrs und Klaus Lederer: Überzeugung statt Empörung. Perspektiven für eine progressive Linke, S. 103-112

Nach ihren jüngsten Wahlschlappen droht die Linkspartei in der Bedeutungslosigkeit zu versinken. Der Sozialwissenschaftler Horst Kahrs und der Berliner Kultursenator Klaus Lederer sehen dennoch Raum für eine starke Linke – wenn sie Freiheit mit ökologischer Nachhaltigkeit verbindet und die Gleichheit aller Lebensentwürfe gegen autoritäre Tendenzen verteidigt.

Micha Brumlik und Gert Krell: Der neue Antisemitismusstreit. Teil 2: Vom Kampf um den Apartheidsbegriff zum BDS, S. 113-120

Ob Apartheids- oder Antisemitismusvorwürfe – der Streit um die Deutungshoheit im Nahostkonflikt wird scharf geführt. Im zweiten Teil ihres Beitrags analysieren der „Blätter“-Mitherausgeber Micha Brumlik und der Politikwissenschaftler Gert Krell die komplexen Verbindungen der Begriffe zum realen Konfliktgeschehen. Ihr Plädoyer: Wir müssen das Thema Antisemitismus zugleich ernster nehmen und sorgsamer mit ihm umgehen.

Aktuelle Ausgabe Oktober 2025

In der Oktober-Ausgabe wertet Seyla Benhabib das ungehemmte Agieren der israelischen Regierung in Gaza als Ausdruck einer neuen Ära der Straflosigkeit. Eva Illouz ergründet, warum ein Teil der progressiven Linken auf das Hamas-Massaker mit Gleichgültigkeit reagiert hat. Wolfgang Kraushaar analysiert, wie sich Gaza in eine derart mörderische Sackgasse verwandeln konnte und die Israelsolidarität hierzulande vielerorts ihren Kompass verloren hat. Anna Jikhareva erklärt, warum die Mehrheit der Ukrainer trotz dreieinhalb Jahren Vollinvasion nicht zur Kapitulation bereit ist. Jan Eijking fordert im 80. Jubiläumsjahr der Vereinten Nationen mutige Reformen zu deren Stärkung – gegen den drohenden Bedeutungsverlust. Bernd Greiner spürt den Ursprüngen des Trumpismus nach und warnt vor dessen Fortbestehen, auch ohne Trump. Andreas Fisahn sieht in den USA einen „Vampirkapitalismus“ heraufziehen. Und Johannes Geck zeigt, wie rechte und islamistische Rapper Menschenverachtung konsumierbar machen.

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