Steven Levitsky und Daniel Ziblatt: Trump vor dem Comeback? Wie das US-Wahlsystem die Tyrannei der Minderheit ermöglicht, S. 39-48
Selbst wenn Kamala Harris am 5. November die meisten Stimmen gewinnen sollte, könnte der Sieger der US-Präsidentschaftswahl am Ende Donald Trump heißen. Denn nicht alle Stimmen haben im US-Wahlsystem das gleiche Gewicht, analysieren die Politikwissenschaftler Steven Levitsky und Daniel Ziblatt. Vielmehr begünstigt dieses strukturell die Republikanische Partei und ermöglicht damit eine Herrschaft der Minderheit.
Timothy Snyder: Wir gegen die Welt. Was Putins Russland und die USA Donald Trumps gemeinsam haben, S. 49-54
Freiheit wird oft als bloße Abwesenheit von Einschränkungen verstanden, doch reicht das aus, um wirklich frei zu sein? Der Historiker Timothy Snyder zeigt, wie ein solch reduziertes Verständnis von Freiheit in Putins Russland und Trumps Amerika autoritäre Strukturen stärkt – und damit letztlich in Oligarchie, Faschismus und den Verlust der wahren Freiheit mündet.
René Wildangel: Israels Eskalation und das Versagen der Verbündeten. Wie jetzt eine diplomatische Lösung möglich wäre, S. 55-60
Als Israel seine Bodenoffensive im Südlibanon startete, fürchtete Premier Benjamin Netanjahu keinen ernsthaften Druck seitens seiner Verbündeten. Denn deren Bemühungen um einen Waffenstillstand beschränkten sich bisher auf höfliche Bitten, so der Historiker René Wildangel. Dabei sei eine diplomatische Lösung durchaus möglich – in Gaza wie im Libanon.
Tim Krüger und Janosch Tries: Drohnen als Exportschlager: Wie die Türkei den Krieg exportiert, S. 61-66
Seit Jahren führt die Türkei einen zerstörerischen Drohnenkrieg gegen die kurdische Selbstverwaltung in Nordsyrien und greift dabei auch zivile Infrastruktur an. Die dort verwendeten Waffensysteme türkischer Produktion kommen mittlerweile weltweit zum Einsatz, so die Journalisten Tim Krüger und Janosch Tries – nicht selten mit tödlichen Folgen für Zivilisten.
Klaus Naumann: Von der Kriegstüchtigkeit zur Gesamtverteidigung. Worum es in der Sicherheitsdebatte gehen sollte, S. 67-74
Die nordosteuropäischen Länder verfolgen bei Sicherheit, Vorsorge und Resilienz einen gesamtgesellschaftlichen Ansatz. Davon müsse man in Deutschland lernen, fordert „Blätter“-Mitherausgeber Klaus Naumann. Denn bisher bleibe die Zeitenwende hinter den Herausforderungen zurück.
Bernd Rother: Willy Brandt und die Ukraine. Warum sich das BSW zu Unrecht auf die Brandtsche Ostpolitik beruft, S. 75-84
Wird in Deutschland über Krieg oder Frieden gestritten, dann fällt mit hoher Wahrscheinlichkeit der Name Willy Brandt. Der Historiker Bernd Rother erklärt, warum sich das BSW zu Unrecht auf die Brandtsche Ostpolitik beruft, um so auf Kosten der Ukraine Verhandlungen mit Russland zu fordern. Der wirkliche Willy Brandt habe wenig zu tun mit dem Bild, das sich manche heute von ihm machen.
Reinhard Loske: Biologische Vielfalt als Menschheitsfrage. Warum Biodiversität kein »weiches Wohlfühlthema« ist, S. 85-92
Dass die Zerstörung der natürlichen Lebensgrundlagen uns als Menschen existenziell gefährdet, ist keine neue Erkenntnis. Dennoch wird der Naturschutz immer wieder anderen, vermeintlich wichtigeren Zielen untergeordnet. Der Nachhaltigkeitsforscher Reinhard Loske fordert, dem Erhalt der Biodiversität Priorität einzuräumen – und Naturschutz überall zu verankern.
Oliver Eberl: Selbstbestimmt oder postkolonial dominiert? Neukaledonien im Spannungsverhältnis von Geopolitik und Unabhängigkeit, S. 93-101
Neukaledonien ist für Frankreich nicht nur geopolitisch, sondern auch wirtschaftlich von Bedeutung. Allerdings kollidiert dieses Interesse mit den jahrzehntealten Unabhängigkeitsbestrebungen der dortigen Bevölkerung, so der Politikwissenschaftler Oliver Eberl. Ohne die Gewährung von mehr Autonomie lasse sich die Lage auf der Inselgruppe nicht beruhigen.
Annette Simon: »Bleiben will ich, wo ich nie gewesen bin«. Heimat als Sehnsuchtsort und Kampfbegriff, S. 103-112
Die Komplexität der deutschen Identität prägt die Beziehung zwischen Ost und West bis heute, 35 Jahre nach dem Fall der Mauer. Die Psychoanalytikerin Annette Simon reflektiert ihre eigene DDR-Erfahrung und erörtert die verschiedenen Bedeutungen des Begriffs „Heimat“. Ein gemeinsames Heimatverständnis erfordere, so ihre These, eine differenzierte Betrachtung der unterschiedlichen Lebensrealitäten von Ost- und Westdeutschen.
Olga Bubich: Vom KZ zum Luxushotel: Die Banalisierung der Gedenkkultur, S. 113-122
Lange wurde die Erinnerung an die Shoah von Zeitzeugen wachgehalten. Je weniger von ihnen noch leben, desto wichtiger sind Erinnerungsorte. Doch diese, so die Autorin Olga Bubich, sind oft in keinem angemessenen Zustand – oft siegen Profit und Unterhaltung über das Gedenken.