6.8. - U N O. Der Sicherheitsrat befaßt sich in New York erneut mit dem irakischen Einmarsch in Kuwait (vgl. "Blätter", 9/1990, S. 1030 und S. 1149 ff.) und verhängt wirtschaftliche und militärische Sanktionen gegen den Irak. Den Mitgliedstaaten der Weltorganisation wird die Einfuhr von Waren und Produkten aus dem Irak und dem besetzten Kuwait untersagt. Von den 15 Ratsmitgliedern enthalten sich Kuba und Jemen der Stimme . Der Rat äußert am 17.8. seine Besorgnis über die im Irak und in Kuwait festgehaltenen Ausländer und beauftragt UN-Generalsekretär Perez de Cuellar, "alle Schritte zu unternehmen, die er für angemessen hält". Eine weitere Resolution des Rates, die am 25.8. ebenfalls bei Stimmenthaltung Kubas und Jemens angenommen wird, gestattet den Kriegsflotten der UN-Mitgliedstaaten, im Golf verdächtige Schiffe anzuhalten und zu durchsuchen, um das Embargo gegen den Irak sicherzustellen. Die Resolution enthält jedoch keinen Hinweis auf die Anwendung von Gewalt. - Am 30.8. kommt Generalsekretär Perez in die jordanische Hauptstadt Amman, wo er am 31.8. Verhandlungen mit dem irakischen Außenminister Aziz über die Durchführung der Beschlüsse des Sicherheitsrates aufnimmt. Nach dem Treffen äußerte sich der Generalsekretär enttäuscht: die Gespräche seien zwar nützlich gewesen, jedoch ohne Erfolg geblieben.
- N a h e r O s t e n. Der NATO-Rat erörtert auf einer Sondersitzung in Brüssel die Lage nach der irakischen Invasion in Kuwait (vgl. "Blätter", 9/1990, S. 1030). In Presseberichten heißt es, es bestehe eine breite Übereinstimmung zwischen den Mitgliedstaaten, die militärischen Gegenaktionen untereinander abzustimmen. NATO-Generalsekretär Wörner unterbricht einen Urlaub in Kanada und trifft in Washington mit US-Präsident Bush zusammen. Am 7.8. dementiert der irakische Präsident Saddam Hussein gegenüber dem amerikanischen Geschäftsträger in Bagdad jede Angriffsabsicht gegen Saudiarabien. Hussein warnt vor einem militärischen Eingreifen äußerer Mächte in der Region und weist die Sanktionsbeschlüsse der Vereinten Nationen zurück. - Am 8.8. teilt Präsident Bush in einer Fernsehansprache die Entsendung weiterer Flotteneinheiten in das Krisengebiet sowie von Luftlandetruppen nach Saudiarabien mit. Die USA seien "der Sicherheit und Stabilität am Persischen Golf verpflichtet" und entschlossen, "das Leben amerikanischer Staatsbürger im Ausland zu schützen". Der Mitteilung des Präsidenten war ein Besuch von Verteidigungsminister Cheney bei König Fahd in Ried vorausgegangen. - Am 9.8. heißt es in einer in Moskau veröffentlichten Erklärung des Außenministeriums, die sowjetische Regierung rate angesichts der "dramatisch eskalierenden Entwicklung" von einseitigem Vorgehen ab und trete für eine kollektive Handlungsweise ein. Die irakischen Truppen müßten aus Kuwait abgezogen und die Souveränität des Emirates wieder hergestellt werden. - Am 10.8. vereinbaren die Staats- und Regierungschefs der Arabischen Liga auf einer Zusammenkunft in Kairo die Stationierung einer gemeinsamen Streitmacht in Saudiarabien. Eine entsprechende Resolution wird von 12 der 20 anwesenden Mitgliedstaaten befürwortet. Gegenstimmen kommen vom Irak, Libyen und der PLO, Stimmenthaltung u.a. von Algerien und Jemen. An der Konferenz nimmt zeitweise auch der im Exil lebende Emir von Kuwait As-Sabah teil. - Am 15.8. erklärt sich der Irak unerwartet bereit, den umstrittenen Grenzverlauf zum benachbarten Iran entsprechend dem Vertrag von Algier von 1975 anzuerkennen. Ab sofort würden die noch auf iranischem Territorium verbliebenen irakischen Truppen abgezogen und die iranischen Kriegsgefangenen freigelassen. Am gleichen Tag fordert Präsident Hussein zum Sturz des Königshauses und zur Befreiung der heiligen Stätten des Islam in Saudiarabien auf. - Am 16.8. gibt Präsident Bush den Befehl zu einer Seeblockade des Irak durch die im Golf anwesende US-Marine. Nötigenfalls solle auch Gewalt angewendet werden. - Am 24.8. appelliert der sowjetische Präsident Gorbatschow in einer persönlichen Botschaft an Präsident Hussein, unverzüglich die Forderungen des UN-Sicherheitsrates zu erfüllen. - Am 28.8. erklärt die irakische Regierung per Dekret das besetzte Kuwait zur 19. Provinz des Landes. In einer zweiten Anordnung werden bestimmte Grenzgebiete von der "Provinz Kuwait" abgetrennt und in den irakischen Bezirk von Basra eingegliedert. - Am 30.8. berichtet die "New York Times", in der amerikanischen Administration werde ein Plan über einen "Lastenausgleich" (burden sharing) für die Militäraktion im Nahen Osten ausgearbeitet. Finanzielle Beiträge erwarte man u.a. von Japan und der Bundesrepublik. - Am 5.9. empfängt Präsident Gorbatschow den irakischen Außenminister Aziz in Moskau zu einer Unterredung.
- P a k i s t a n. Präsident Ishaq Khan löst das Parlament auf und entläßt das Kabinett unter Premierministerin Benazir Bhutto (zum Amtsantritt vgl. "Blätter", 1/1989, S. 5), der er Korruption und politische Unfähigkeit vorwirft. Gleichzeitig wird der Ausnahmezustand verhängt. Die Regierung bezeichnet die Anordnungen des Präsidenten als verfassungswidrig.
6.-7.8. - S ü d a f r i k a. Delegationen der Regierung und des Afrikanischen Nationalkongresses (ANC) unter Leitung von Präsident de Klerk und ANC-Vizepräsident Mandela verhandeln in Pretoria über die Ausarbeitung einer neuen Verfassung. Der ANC erklärt sich bereit, mit sofortiger Wirkung den bewaffneten Kampf einzustellen, die Regierung sagt die Entlassung aller politischen Gefangenen bis zum 30. April 1991 zu. Der Ausnahmezustand in der Provinz Natal (vgl. "Blätter", 8/1990, S. 900) solle "sobald als möglich" aufgehoben werden.
7.8. - B R D / D D R. Zwischen den Regierungsparteien und der sozialdemokratischen Opposition beginnt in Bonn eine Serie von Spitzengesprächen, an denen auch Bundeskanzler Kohl und der SPDKanzlerkandidat Lafontaine teilnehmen. Themen sind der Einigungsvertrag zwischen beiden deutschen Staaten sowie der Termin für die ersten gesamtdeutschen Wahlen. Die SPD wendet sich erneut gegen die von CDU/CSU befürwortete Vorverlegung des Wahltermins auf Oktober d.J. (vgl. "Blätter", 9/1990, S. 1028). - Am 8.8. scheitert der am 2. August d.J. unterzeichnete Wahlvertrag zwischen beiden deutschen Staaten in der Volkskammer in Berlin an der erforderlichen Zwei-Drittel-Mehrheit. Die für den 9.8. im Bundestag vorgesehene abschließende Lesung des Vertrages wird daraufhin von der Tagesordnung abgesetzt. - Am 9.8. findet ein Antrag der Regierungskoalition auf Vorverlegung der Wahlen im Bundestag mit 254 gegen 186 Stimmen nicht die vorgeschriebene Zwei-DrittelMehrheit. Daraufhin empfiehlt das Bundeskabinett dem Bundespräsidenten' die Wahl zum Deutschen Bundestag für den 2. Dezember 1990 anzuordnen. - Am 22.8. ratifiziert die Volkskammer in Berlin den "Vertrag zur Vorbereitung und Durchführung der ersten gesamtdeutschen Wahl des Deutschen Bundestages". Die Entscheidung fällt mit 295 gegen 90 Stimmen bei 2 Enthaltungen, womit die Zwei-DrittelMehrheit erreicht ist. Der Bundestag billigt den Wahlvertrag am 23.8. ohne namentliche Abstimmung, als letzte parlamentarische Instanz stimmt der Bundesrat am 24.8. zu. - Am 23.8. beschließt die Volkskammer mit 294 gegen 62 Stimmen bei 7 Enthaltungen den Beitritt der DDR zum Geltungsbereich des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland gemäß Artikel 23 GG mit Wirkung vom 3. Oktober 1990. In dem Beschluß heißt es, die Volkskammer gehe davon aus, daß "die Beratungen zum Einigungsvertrag zu diesem Termin abgeschlossen sind" und die "Zwei-Plus-Vier-Verhandlungen einen Stand erreicht haben, der die außen- und sicherheitspolitischen Bedingungen der deutschen Einheit regelt". - Am 31.8. unterzeichnen Bundesminister Schäuble und DDR-Staatssekretär Krause in Berlin den " Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik über die Herstellung der Einheit Deutschlands" (Einigungsvertrag). Der Vertrag (Text in "Dokumente zum Zeitgeschehen"), dem umfangreiche Anlagen und zahlreiche Protokollnotizen beigegeben sind, wird anschließend den parlamentarischen Gremien beider Staaten zur Ratifizierung zugeleitet. 11.8. - F D P. Die Freien Demokraten der Bundesrepublik sowie die drei liberalen Parteien der DDR schließen sich in Hannover unter dem Namen "Freie Demokratische Partei/Die Liberalen" (FDP) zusammen. Die Partei steht unter der Leitung des FDP-Vorsitzenden Otto Graf Lambsdorff. Zu seinen Stellvertretern gehören Rainer Ortleb, bisher Vorsitzender des Bundes Freier Demokraten der DDR, und Rainer Menzel, bisher Vorsitzender der DDR-FDP. 13.8. - U d S S R. Präsident Gorbatschow erläßt ein Dekret, das die Rehabilitierung der Opfer der stalinistischen Unterdrückungen seit den 20er Jahren vorsieht. Alle den "bürgerlichen und sozialwirtschaftlichen Menschenrechten widersprechenden Repressionen" werden für ungesetzlich erklärt. - Am 30.8. begrüßt Gorbatschow die Souveränitätserklärungen der Unionsrepubliken als eine wichtige Errungenschaft der Perestroika und eine wichtige Voraussetzung für die Schaffung einer Union souveräner Staaten.
15.8. - D D R. Ministerpräsident de Maiziere (CDU) gibt auf einer Pressekonferenz die Entlassung von vier Kabinettsmitgliedern bekannt, darunter Finanzminister Walter Romberg (SPD) und der von der SPD nominierte parteilose Landwirtschaftsminister Peter Pollack. Die Fraktion der SPD in der Volkskammer beschließt daraufhin am 19.8., die "große Koalition" zu beenden (zur Regierungsbildung nach den Wahlen vom 18. März d.J. vgl. "Blätter", 6/1990, S. 644 f.). Alle SPD-Minister, darunter Außenminister Markus Meckel, legen am 20.8. ihre Ämter nieder. Das Außenministerium übernimmt zusätzlich Ministerpräsident de Maiziere. - Am 21.8. kommt es in der SPD-Fraktion der Volkskammer zu personellen Veränderungen: Der Fraktionsvorsitzende Richard Schröder tritt zurück, der ehemalige Parteivorsitzende Ibrahim Böhme verläßt die Fraktion.
22.8. - A b r ü s t u n g. Vor der in Genf tagenden 4. Überprüfungskonferenz des Vertrages über die Nichtverbreitung von Kernwaffen (Beginn 20.8.) gibt Bundesaußenminister Genscher eine Erklärung ab, in der der Verzicht auf atomare, biologische und chemische Waffen im Hinblick auf das vereinte Deutschland bekräftigt wird. Die Erklärung ist mit der Regierung der DDR abgestimmt.
27.-28.8. - K a m b o d s c h a. Die fünf ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrates (China, Frankreich, Großbritannien, UdSSR und USA) einigen sich auf einer weiteren vertraulichen Zusammenkunft in New York (vgl. "Blätter", 3/1990, S. 261) auf einen Rahmenplan zur Beilegung des Bürgerkrieges und die Abhaltung von freien Wahlen in Kambodscha unter Aufsicht der Vereinten Nationen. Während einer Übergangsperiode soll ein "Oberster Nationalrat" (Supreme National Council), bestehend aus Vertretern der verschiedenen Khmer-Fraktionen, die Regierungsgewalt ausüben und das Land nach außen vertreten, eine UN-Behörde (United Nations Transitional Authority in Cambodia/UNTAC soll die "Schlüsselministerien", u.a. Verteidigung und Auswärtiges, verwalten und den Abzug der fremden Truppen und Militärberater sowie einen Waffellstillstand zwischen den Bürgerkriegsparteien überwachen. Der Plan wird von den Regierungen in Hanoi und Phnom Penh begrüßt.
30.8. - K S Z E. Bei den in Wien geführten Verhandlungen über den Abbau konventioneller Streitkräfte und Rüstungen in Europa (VKSE), die im Rahmen des KSZE-Prozesses stattfinden, kündigt Bundesaußenminister Genscher die Verringerung der gesamtdeutschen Streitkräfte auf 370 000 Mann an (vgl. "Blätter", 9/1990, S. 1029). Davon würden nicht mehr als 345 000 Mann den Land- und Luftstreitkräften angehören. Die Erklärung des Bundesaußenministers wird als "bindend" bezeichnet und nach Vereinbarung mit der DDR-Regierung abgegeben.
1.9. - C h i n a / U d S S R. Die Außenminister Qian Qichen und Schewardnadse sprechen sich nach einer Begegnung in der chinesischen Provinzhauptstadt Harbin für die friedliche Beilegung der Krise am Persischen Golf aus. Ein weiteres Thema der Unterredung der beiden Minister ist die Kambodscha-Frage. Dazu heißt es in Presseberichten, dieser regionale Konflikt stehe "kurz vor einer Lösung".
- U S A / U d S S R. Präsident Bush kündigt vor der Presse an seinem Urlaubsort Kennebunkport ein Treffen mit Präsident Gorbatschow für den 9.9. in Helsinki an. Themen des Meinungsaustausches sollten internationale und bilaterale Probleme sein. In Presseberichten heißt es, die Begegnung sei angesichts der Golfkrise kurzfristig vereinbart worden.
4.9. - K o r e a. Erstmals seit der Teilung des Landes und dem Ende des Koreakrieges (1953) kommt es zu direkten Gesprächen zwischen den Regierungschefs von Nord- und Südkorea. Eine nordkoreanische Delegation unter Leitung von Ministerpräsident Yon Hyong Muk wird in der südkoreanischen Hauptstadt Seoul von Ministerpräsident Kang Young Hoon empfangen.
- C h i l e. Der am 11. September 1973 bei einem Militärputsch getötete Präsident Salvador Allende (vgl. "Blätter", 10/1973, S. 1030) erhält in Santiago ein Staatsbegräbnis. An der Zeremonie nehmen Präsident Aylwin sowie das gesamte Kabinett teil.