6.6. - S p a n i e n. Die sozialistische Arbeiterpartei (Partido Socialista Obrero Espanol/PSOE) unter Ministerpräsident Felipe Gonzalez verliert bei den Parlamentswahlen ihre absolute Mehrheit, bleibt jedoch stärkste Partei. Die Zahl der PSOE-Mandate im Kongreß (350 Abgeordnete) geht von 175 auf 159 zurück. Die wichtigste Oppositionspartei (Partido Popular/PP) kann die Zahl ihrer Mandate um 34 auf 141 erhöhen. In Presseberichten heißt es, Gonzalez könne im Parlament mit der Unterstützung der katalanischen und baskischen Regionalparteien rechnen.
8.-9.6. - E G. Die Außenminister der Mitgliedstaaten fordern auf einer Zusammenkunft in Luxemburg das Festhalten am Friedensplan der Vermittler Vance und Owen für Bosnien-Herzegowina. Die Errichtung von Schutzzonen durch die Vereinten Nationen (vgl. "Blätter", 7/1993, S. 772), so erklärt Owen, könne nur eine sehr kurzfristige Lösung sein. Nach einem Treffen der EG-Außenminister mit ihrem amerikanischen Kollegen Christopher am 9.6. heißt es, wichtigste Aufgabe sei jetzt, ein Ausbreiten des Kampfes auf den Kosovo sowie auf Mazedonien zu verhindern. - Vom 21.-22.6. findet unter der Präsidentschaft Dänemarks in Kopenhagen ein "Europäischer Rat" statt. Den Staats- und Regierungschefs liegt u.a. ein vom Präsidenten der EG-Kommission Delors (Frankreich) ausgearbeitetes Diskussionspapier ("Wege ins 21. Jahrhundert. Leitlinien für ein neues europäisches Wirtschaftsmodell") vor, das den Mitgliedstaaten eine aktivere Arbeitsmarktpolitik empfiehlt. In einem Beschluß werden Richtlinien für die Zusammenarbeit mit denjenigen Staaten festgelegt, die eine EG-Mitgliedschaft beantragt haben. Belgien übernimmt am 1.7. die EG-Präsidentschaft für das zweite Halbjahr 1993.
10.6. - N A T O. Der Nordatlantikrat hält in Athen eine Sitzung ab. In einem Kommuniqué heißt es, im Falle eines Angriffs auf die Schutztruppe der Vereinten Nationen in Bosnien-Herzegowina sei die Allianz bereit, ihre Luftstreitkräfte "sichernd einzusetzen". Im Anschluß an den NATO-Rat erörtert der Nordatlantische Kooperationsrat am 11.6. in der griechischen Hauptstadt den Bericht einer im Dezember v.J. eingesetzten Arbeitsgruppe (vgl. "Blätter", 2/1993, S. 133 f., der sich mit der gegenseitigen Zusammenarbeit bei der Friedenswahrung (Peacekeeping) befaßt und dazu detaillierte Vorschläge enthält. Ein Seminar des Kooperationsrates zum Thema "Peacekeeping" findet vom 30.6.-2.7. in Prag statt. Der Sprecher des gastgebenden tschechischen Verteidigungsministeriums berichtet, man habe ausführlich über die Möglichkeiten von Einsätzen der Allianz außerhalb des Territoriums ihrer Mitgliedstaaten gesprochen.
11.6. - K o r e a. Der stellvertretende nordkoreanische Außenminister Kang Sok Ju teilt in New York mit, seine Regierung habe entschieden, den Beschluß über den Austritt aus dem Vertrag über die Nichtverbreitung von Kernwaffen (vgl. "Blätter", 5/1993, S. 517 zunächst "einseitig zu suspendieren". Die nordkoreanische Entscheidung ist das Ergebnis amerikanisch-nordkoreanischer Verhandlungen am Sitz der Vereinten Nationen (2.-11.6.) Der Austritt wäre nach Ablauf der Kündigungsfrist (drei Monate) am 12.6. wirksam geworden.
11.-13.6. - F D P. Der 44. Bundesparteitag wählt in Münster Bundesaußenminister Klaus Kinkel zum neuen Parteivorsitzenden. Kinkel, der 545 von 622 abgegebenen Stimmen erhält, ist Nachfolger von Otto Graf Lambsdorff, der nicht mehr kandidiert hatte.
14.6. - K a m b o d s c h a. Die neugewählte Verfassunggebende Versammlung (120 Mitglieder) setzt in Phnom Penh Prinz Norodom Sihanouk als Staatsoberhaupt ein. Zunächst wird eine Resolution über die Absetzung Sihanouks nach dem Militärputsch im Jahre 1970 aufgehoben.
14.-25.6. - U N O. Unter Vorsitz des österreichischen Außenministers Mock findet in Wien die "Weltkonferenz über Menschenrechte" der Vereinten Nationen statt. Die Eröffnungsansprache vor den Vertretern von mehr als 180 Staaten hält UN-Generalsekretär Boutros-Ghali. Die Konferenz fordert am 23.6. die Aufhebung des Waffenembargos gegen die bosnischen Muslime; eine von den islamischen Staaten vorgelegte Erklärung wird mit 88 Stimmen bei 54 Enthaltungen, darunter die USA und die Mitglieder der EG, angenommen. Die russische Delegation stimmt als einzige gegen die Erklärung. In einem umfangreichen Schlußdokument empfiehlt die Konferenz der UN-Generalversammlung die Einsetzung eines Hochkommissars für Menschenrechte. Über die Schaffung eines Gerichtshofs für Menschenrechte nach dem Vorbild des Europarats wird keine Einigung erzielt. - Am 29.6. lehnt der Sicherheitsrat einen von fünf blockfreien Staaten eingebrachten Antrag ab, das im September 1991 gegen das ehemalige Jugoslawien verhängte Waffenembargo (vgl. "Blätter", 11/1991, S. 1284 f.) für die bosnischen Muslime aufzuheben. Für den Resolutionsentwurf stimmen die fünf Antragsteller sowie die USA. Die übrigen neuen Delegationen enthalten sich der Stimme. - Am 30.6. befürworten die USA in ihrer Antwort auf eine Umfrage des UN-Generalsekretärs zur Erweiterung des Sicherheitsrates einen ständigen Sitz für Japan und Deutschland. Der Status der bisherigen fünfständigen Ratsmitglieder (China, Frankreich, Großbritannien, Rußland, USA sollte unverändert bleiben. In der Stellungnahme der Bundesregierung heißt es, die Bundesrepublik Deutschland habe sich beim Beitritt zu den Vereinten Nationen zur Übernahme aller Rechte und Pflichten eines Mitglieds verpflichtet: "Die Bundesregierung ist bereit, Verantwortung auch im Rahmen einer ständigen Mitgliedschaft im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen zu übernehmen."
15.6. - G U S. Das Oberkommando der Streitkräfte der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten wird aufgelöst und durch einen "Vereinigten Stab für die Koordinierung der militärischen Zusammenarbeit in der GUS" ersetzt. Einen entsprechenden Beschluß fassen die Verteidigungsminister der Mitgliedstaaten auf einer Sitzung in Moskau.
16.6. - J u g o s l a w i e n. Die Präsidenten Milosevic (Serbien), Tudjman (Kroatien) und Izetbegovic (Bosnien-Herzegowina), treffen sich in Genf, um die Lage nach dem Scheitern des VanceOwen-Plans zu erörtern (vgl. "Blätter", 7/1993, S. 772 f.). Izetbegovic lehnt den Vorschlag einer Dreiteilung Bosniens ab und verläßt Genf noch am gleichen Tag aus Protest gegen die anhaltenden Angriffe auf belagerte Städte. Milosevic und Tudjman legen am 23.6. den Plan für eine bosnische "Konföderation von Republiken" vor, nach dem jede der drei künftigen Republiken eine eigene Verfassung erhalten soll. Für die Konföderation sind in einem "Verfassungsvertrag aller drei Republiken" gemeinsame Organe (Parlament und Ministerrat) vorgesehen, deren Vorsitz nach dem Rotationsprinzip wechselt. Milosevic und Tudjman fordern Izetbegovic zur Rückkehr an den Verhandlungstisch auf. Über die Haltung zu den serbisch-kroatischen Plänen kommt es zu Auseinandersetzungen innerhalb des bosnischen Staatspräsidiums.
- B u n d e s t a g. Bundeskanzler Kohl gibt vor dem Parlament eine Regierungserklärung über die deutsch-türkischen Beziehungen nach dem Mordanschlag von Solingen ab (vgl. "Blätter", 7/1993, S. 774). Kohl wendet sich dabei gegen die Forderung nach einer doppelten Staatsbürgerschaft für die ständig in der Bundesrepublik lebenden Ausländer: "Ich halte es persönlich weiterhin für richtig, Mehrstaatigkeit grundsätzlich zu vermeiden." 18.6. - K S Z E. Generalsekretär Höynck (zur Ernennung vgl. "Blätter", 6/1993, S. 646) bezeichnet in Saarbrücken die von Serben und Kroaten vorgeschlagene Aufteilung Bosnien-Herzegowinas als eine schwere Niederlage. Eine Zustimmung der KSZE könne es nur nach einer Verständigung aller beteiligten Parteien geben. Am 2.7. fordert der KSZE-Hochkommissar für Minderheiten, der Niederländer van der Stoel, die estnische Regierung auf, das vom Parlament beschlossene Ausländergesetz zurückzunehmen. In Presseberichten heißt es, das Gesetz diskriminiere die starke russische Minderheit, die mehr als 25% der Bevölkerung ausmacht.
23.6. - B u n d e s v e r f a s s u n g s g e r i c h t. Das Gericht weist den Antrag der SPD auf Erlaß einer Einstweiligen Anordnung gegen den Einsatz der Bundeswehr in Somalia zurück. In dem in Karlsruhe einstimmig ergangenen Urteil heißt es, bis zur Entscheidung in der Hauptsache dürfe die Fortführung der Operation entsprechend dem Beschluß der Bundesregierung vom 21. April d.J. (vgl. "Blätter", 6/1993, S. 645 f.) jedoch "nur aufrechterhalten und durchgeführt werden, wenn und soweit der Deutsche Bundestag dies beschließt". Die Bundesregierung sei gehalten, das Parlament laufend über den Fortgang der Maßnahme der Vereinten Nationen in Somalia sowie über die Einsatzbedingungen des deutschen Kontingents und die Erfüllung seines Auftrages zu unterrichten (vgl. "Dokumente zum Zeitgeschehen"). 25.6. - S P D. Ein Sonderparteitag der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands wählt in Essen den rheinland-pfälzischen Ministerpräsidenten Rudolf Scharping mit 362 gegen 54 Stimmen bei 40 Enthaltungen zum neuen Parteivorsitzenden. Scharping ist Nachfolger von Björn Engholm (zum Rücktritt vgl. "Blätter", 6/1993, S. 646). Die Wahl ist das Ergebnis einer Mitgliederbefragung über den neuen Parteivorsitzenden vom 13.6. (Beteiligung 56,6%), bei der 40,3% für Scharping, 33,2% für den niedersächsischen Ministerpräsidenten Gerhard Schröder und 26,5% für die Bundestagsabgeordnete Heidemarie Wieczorek-Zeul gestimmt hatten.
26.6. - U S A / I r a k. Amerikanische Marineeinheiten im Roten Meer und im Persischen Golf unternehmen einen nächtlichen Raketenangriff auf den Gebäudekomplex des irakischen Geheimdienstes in Bagdad. Präsident Clinton bezeichnet in einer Fernsehansprache den Angriff als einen Vergeltungsschlag für ein vom Irak geplantes Attentat gegen den früheren US-Präsidenten Bush während eines Besuches in Kuwait im April d.J. Der irakische UN-Botschafter Hamdoon spricht von einer illegalen Aggression.
30.6. - K u b a. Der stellvertretende Verteidigungsminister und Generalstabschef Ulises Rosales del Toro empfängt in Havanna vier Militärexperten aus den USA zu einem Meinungsaustausch. Der amerikanische Diplomat Wayne Smith, der seine Regierung von 1979 bis 1982 auf Kuba vertreten hatte, bezeichnet die Gespräche über militärische Themen von beiderseitigem Interesse als "geradeheraus, offen und nützlich".
1.7. - U S A. Verteidigungsminister Les Aspin kündigt in Washington die Verringerung der amerikanischen Streitkräfte in Europa von 168 000 auf 100 000 Mann bis zum Jahre 1996 an. In Verbindung damit sollten 92 militärische Anlagen ganz oder teilweise aufgegeben werden.
2.7. - S ü d a f r i k a. Die Allparteienkonferenz, der 26 Parteien und Gruppierungen angehören, einigt sich nach langen Verhandlungen in Johannesburg auf die Grundsätze einer neuen Verfassung. Die ersten Wahlen für eine Verfassunggebende Versammlung sollen am 27. April 1994 stattfinden. Präsident de Klerk und ANCFührer Mandela erhalten am amerikanischen Unabhängigkeitstag (4.7.), in Philadelphia aus den Händen von Präsident Clinton die Freiheits-Medaille.
3.7. - A b r ü s t u n g. US-Präsident Clinton schlägt vor, das im Juli d.J. auslaufende Moratorium für unterirdische Kernwaffenversuche bis zum September 1994 zu verlängern (vgl. "Blätter", 12/f992, S. 1413). Zustimmende Erklärungen kommen aus Moskau, London und Paris. Aus Peking heißt es, China sei im Grundsatz gegen Kernwaffen und werde bei seinen Tests Zurückhaltung üben.
4.7. - B u n d e s r e g i e r u n g. Bundesinnenminister Rudolf Seiters (CDU) tritt zurück und übernimmt damit die "politische Verantwortung" für einen umstrittenen Polizeieinsatz am 27.6. in Bad Kleinen (Mecklenburg Vorpommern). Bei der durch die Bundesanwaltschaft veranlaßten Aktion der Sondereinheit GSG-9 des Bundesgrenzschutzes und des Mobilen Einsatzkommandos des Bundeskriminalamtes (BKA) im Rahmen der Fahndung nach Terroristen waren der Verdächtigte Wolfgang Grams sowie der GSG-9-Beamte Michael Newrzella unter ungeklärten Umständen erschossen worden.
5.7. - T ü r k e i. Erstmals in der türkischen Geschichte tritt eine Frau an die Spitze der Regierung. Das Parlament (450 Abgeordnete) bestätigt in Ankara mit 247 gegen 184 Stimmen bei einer Enthaltung ein neues Koalitionskabinett aus Konservativen und Sozialdemokraten unter Ministerpräsidentin Tansu Ciller. Ein Sonderparteitag der regierenden Partei des Rechten Weges hatte die Wirtschaftswissenschaftlerin, die Nachfolgerin von Süleyman Demirel ist (vgl. "Blätter", 7/1993, S. 773), am 13.6. mit 993 von 1170 Stimmen zur Vorsitzenden gewählt.