7.11. - N a h e r O s t e n. Der PLO-Vorsitzende Arafat erörtert in Kairo mit dem ägyptischen Präsidenten Mubarak die arabischen Positionen für die Friedensverhandlungen mit Israel. Dabei kommen auch die palästinensisch-israelischen Meinungsverschiedenheiten über einen Truppenrückzug aus dem Gazastreifen und dem Gebiet von Jericho zur Sprache. - Am 8.11. trifft Arafat in Brüssel mit den Außenministern der Europäischen Union sowie mit Kommissionspräsident Delors zusammen. Die Kommission will im laufenden Haushaltsjahr 100 Mio. Dollar für Infrastrukturvorhaben in den autonomen palästinensischen Gebieten zur Verfügung stellen. Am 11.11. beschließt der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen in New York mit elf Stimmen bei vier Enthaltungen (darunter die VR China) eine Verschärfung der Wirtschaftssanktionen gegen Libyen (vgl. "Blätter" 6/1992, S. 645). Der Beschluß, der am 1.12. in Kraft treten soll, betrifft die Sperrung der libyschen Auslandsguthaben sowie das Verbot der Lieferung von Ausrüstungen für die Erdölindustrie. Der Rat reagiert damit auf die anhaltende Weigerung der Regierung in Tripolis, zwei libysche Staatsbürger auszuliefern, die der Teilnahme an Bombenanschlägen in verschiedenen Ländern in den Jahren 1988 und 1989 beschuldigt werden. Der Generalsekretär der Arabischen Liga, Abdel Miguid, bedauert den Ratsbeschluß und erklärt am 12.11., man habe der Liga nicht genügend Zeit eingeräumt, um alle Mittel der Kompromißsuche auszuschöpfen.
8.11. - E U. Nach Inkrafttreten des Vertrages über die Europäische Union (vgl. "Blätter", 12/1993, S. 1224) werden in Brüssel die künftigen Bezeichnungen für die einzelnen Organe festgelegt: Rat der Europäischen Union, Europäische Kommission, Europäisches Parlament, Europäischer Gerichtshof. In einer Mitteilung heißt es dazu, bei juristischen und offiziellen Texten bleibe jedoch die Bezeichnung "Kommission der Europäischen Gemeinschaften" bestehen.
Ö s t e r r e i c h / R u ß l a n d. Der russische Ministerpräsident Tschernomyrdin teilt auf einer Pressekonferenz in Wien mit, Präsident Jelzin habe in einer Botschaft an den österreichischen Bundeskanzler Vranitzky den Abschluß eines Grundlagenvertrages vorgeschlagen, der die Basis für die künftige Zusammenarbeit beider Länder in Politik und Wirtschaft bilden solle. Das neue Rußland betrachte sich voll und ganz als Rechtsnachfolger der früheren Sowjetunion und werde alle eingegangenen internationalen Verpflichtungen einhalten. Tschernomyrdin erwähnt in diesem Zusammenhang auch den im Jahre 1955 abgeschlossenen, Staatsvertrag betreffend die Wiederherstellung eines unabhängigen und demokratischen Österreich. Vranitzky erklärt auf der gleichen Pressekonferenz, Österreich wolle seine Neutralität nicht 'überstürzt' aufgeben. 12.11. - W E U. Bundesaußenminister Kinkel und der französische Außenminister Juppe befürworten nach Gesprächen mit ihrem polnischen Amtskollegen Olechowski in Warschau (11.-12.11.) "den Wunsch Polens und anderer zentraleuropäischer Staaten" nach einem "Assoziierungsstatus" innerhalb der Westeuropäischen Union. "Durch diesen Assoziierungsstatus", so heißt es in einer "Gemeinsamen Erklärung", solle "eine weitreichende Teilnahme an den Tätigkeiten der WEU möglich werden".
14.11. - P u e r t o R i c o. Die Bevölkerung entscheidet sich in einem Referendum für die Beibehaltung des Status ihrer Insel als assoziierter Freistaat der USA und gegen die volle Angliederung als 51. Staat der Vereinigten Staaten. Für den Status quo werden 48,4% der Stimmen, für die Integrationslösung 46,2% der Stimmen abgegeben; rund 4% der Stimmen votieren für die völlige Unabhängigkeit.
15.11. U N O. Generalsekretär Boutros Ghali erläutert in einem Bericht an den Sicherheitsrat die Aufgaben der UN-Friedenstruppe in Somalia (UNOSOM) und wendet sich gegen den vollständigen Abzug aus dem ostafrikanischen Land. Mit einer Truppenstärke von rund 30 000 Mann könne man die Entwaffnung der Bürgerkriegsparteien im Süden Mogadiscios notfalls erzwingen. Eine Stärke von rund 18 500 Mann reiche lediglich zur Selbstverteidigung aus, mit 5000 Mann sei nur die Sicherung der Flugplätze und Seehäfen möglich. - Am 17.11. hält das von den Vereinten Nationen eingesetzte Internationale Tribunal zur Verfolgung von Kriegsverbrechen im ehemaligen Jugoslawien (vgl. "Blätter", 10/1993, S. 1163) im Friedenspalast von Den Haag seine konstituierende Sitzung ab. Das Gericht (elf Mitglieder) wählt Antonie Cassese (Italien) zum Präsidenten und Elizabeth Odio Benito (Costa Rica) zur Vizepräsidentin. Chefankläger ist Ramon Escovar-Salom (Venezuela).
15.-20.11. - C h i n a / B R D. Bundeskanzler Kohl stattet der Volksrepublik China einen offiziellen Besuch ab, wo er mit Ministerpräsident Li Peng, Staatsoberhaupt Jiang Zemin und dem Parlamentsvorsitzenden Qiao Shi zusammentrifft. Kohl, der von einer umfangreichen Wirtschaftsdelegation begleitet wird, erklärt am 17.11. vor der Presse in Peking, die Bundesrepublik wolle im Rahmen ihrer Asien-Konzeption mittel- und langfristig ihre "Chancen in diesem Raum der Welt nutzen": "Die Volksrepublik China ist hierbei von zentraler Bedeutung."
16.11. - U N O / K S Z E. Die Generalversammlung der Vereinten Nationen billigt in New York eine Vereinbarung zwischen der Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE) und dem Sekretariat der Vereinten Nationen über gegenseitige Zusammenarbeit. In der Debatte erklärt UN-Generalsekretär Boutros Ghali, die Übernahme von Verpflichtungen durch regionale Einrichtungen (regional bodies) könne die schwere Bürde der Vereinten Nationen erheblich erleichtern.
16.-19.11. - S P D. Die Sozialdemokratische Partei Deutschlands hält in Wiesbaden einen Parteitag ab. Die Delegierten verabschieden ein Wirtschaftsprogramm sowie einen Beschluß über die "Perspektiven einer neuen Außen- und Sicherheitspolitik". Der seit Juni d.J. amtierende Parteivorsitzende Rudolf Scharping wird mit 361 gegen 54 Stimmen in seiner Funktion bestätigt.
17.11. - S ü d a f r i k a. Die Führer von 21 Organisationen und Parteien einigen sich in Johannisburg auf den Text einer Interimsverfassung. Die Verfassung soll in Kraft bleiben, bis das am 27. April 1994 zu wählende Parlament ein neues Grundgesetz ausgearbeitet hat.
18.11. - U k r a i n e. Das Parlament ratifiziert mit 254 gegen neun Stimmen den am 31. Juli 1991 in Moskau unterzeichneten amerikanisch-sowjetischen Vertrag über die Reduzierung von strategischen Rüstungen (Strategie Arms Reduction Treaty/START I, vgl. "Blätter", 9/1991, S. 1030). Die entsprechende Resolution nimmt die 46 in der Ukraine stationierten Interkontinentalraketen vom Typ SS-24 von START I ausdrücklich aus: "Alle Atomwaffen auf dem Territorium der Ukraine sind Eigentum der ukrainischen Regierung." Präsident Krawtschuk vertritt in einer Stellungnahme die Ansicht, der Beschluß des Parlaments gehe auf mangelndes Verständnis des Westens für die Regierung in Kiew zurück. - S P D. Ministerpräsident Bildt erklärt in einer Rede vor dem Außenpolitischen Institut u.a., Schweden könne seine bisher strikte Neutralitätspolitik bei einem militärischen Konflikt im benachbarten Baltikum nicht zwangsläufig beibehalten. Es sei schwer, sich vorzustellen, daß Schweden sich in einem solchen Fall "auf eine Neutralität nach den Regeln des Völkerrechts zurückzieht".
18.-20.11. - A P E C. In Seattle (USA) findet ein Treffen der Staats- und Regierungschefs des Forums für asiatisch-pazifische wirtschaftliche Zusammenarbeit (Asia Pacific Economic Cooperation/APEC) statt, dem 15 Länder der Region, darunter die USA, Japan, Kanada, die VR China und auch Taiwan angehören. In einer Abschlußerklärung heißt es u.a. in der Zeit nach dem Kalten Krieg biete sich die Chance einer neuen Wirtschaftsgrundlage für den asiatisch-pazifischen Raum: An der Schwelle zum 21. Jahrhundert wird unsere dynamische Region, die 40% der Weltbevölkerung und 50% ihres Bruttosozialprodukts ausmacht, ... eine wichtige Rollein der Weltwirtschaft spielen." Am Rande des Treffens kommt es zu einem Meinungsaustausch zwischen dem amerikanischen Präsidenten Clinton und dem chinesischen Staats- und Parteichef Jiang Zemin
22.11. - R u ß l a n d / B R D. Bundeskanzler Kohl unterbricht den Rückflug aus der Volksrepublik China in Moskau, um ein Gespräch mit dem russischen Präsidenten führen. Vor Journalisten erklärt der Bundeskanzler, er wolle mit seinem kurzen Besuch "für die Reformpolitik von Boris Jelzin demonstrieren."
25.11. - N A T O. Der Direktor des Auslandsaufklärungsdienstes, Jewgeni Pilmakow, legt in Moskau einen Bericht über "Die Perspektive der Erweiterung der NATO und die Interessen Rußlands" vor. Primakow erklärt dazu auf einer Pressekonferenz, "gleichzeitig mit der geplanten Erweiterung des NATO-Blocks" müsse es zu "einer Änderung des Charakters dieses Blockes" kommen. An die Stelle eines strategischen Bündnisses aus der Zeit des Kalten Krieges müsse ein kollektiver Sicherheitsmechanismus treten. Anderenfalls sei Rußland gezwungen, "sämtliche Defensivkonzepte grundlegend umzudeuten, die operativen Pläne zu ändern, die Streitkräfte umzubilden und zu verlegen". Das erneuerte Rußland habe Anspruch darauf, daß seine Meinung berücksichtigt wird". - Am 2.12. bereiten die NATO-Außenminister auf ihrer Herbsttagung in Brüssel das für den 10. und 11. Januar 1994 geplante Gipfeltreffen des Bündnisses vor. Kontrovers wird eine "Osterweiterung" der Allianz diskutiert. Die amerikanische Delegation unterbreitet einen Vorschlag, der im Rahmen einer "Partnerschaft für den Frieden" eine engere Zusammenarbeit mit den osteuropäischen Staaten vorsieht. In Presseberichten heißt es, eine Aufnahme neuer Mitglieder komme in absehbarer Zeit nicht in Frage. - Am 3.12. tagt in der belgischen Hauptstadt der Nordatlantische Kooperationsrat, der sich ebenfalls mit dem Wunsch verschiedener osteuropäischer Staaten nach einer Mitgliedschaft in der NATO befaßt. Der russische Außenminister Kosyrew vertritt die Auffassung, der Kooperationsrat müsse institutionalisiert und enger mit den KSZE-Strukturen verbunden werden, um damit eine paneuropäische Auslichtung zu erhalten.
26.11. - I r a k. Die Regierung stimmt in einem Schreiben an den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen formell der langfristigen Überwachung ihres Waffenarsenals zu, Die Zustimmung ist Voraussetzung für die Aufhebung der nach dem Ende des Golfkrieges gegen den Irak verhängten UN-Sanktionen.
B R D / T ü r k e i. Das Bundesinnenministerium ordnet das Verbot der Kurdischen Arbeiterpartei (PKK) und weiterer 35 Teilorganisationen an. Noch am gleichen Tag durchsucht die Polizei Vereins-, Geschäfts- und Wohnräume in elf Bundesländern. Zur Begründung heißt es in Bonn, die PKK verletze mit ihren Aktivitäten die deutschen Strafgesetze und gefährde die innere Sicherheit und öffentliche Ordnung. Die türkische Regierung begrüßt das Verbot. Aus Ankara wird am 27.11. gemeldet, die türkische Armee habe am Berg Ararat an der Grenze zum Iran mit einer großen Offensive gegen die verbotene PKK begonnen.
27.11. - G r o ß b r i t a n n i e n / I r l a n d. Die Regierung bestätigt Zeitungsberichte über Geheimkontakte zu der als "Terrororganisation" bezeichneten Irisch-Republikanischen Armee (IRA). Es handele sich dabei nicht um Verhandlungen, sondern um bloße "Kontakte", die mit Wissen von Nordirlandminister Mayhew über Mittelsmänner geführt worden seien. In London wird am 1.12. der Text von insgesamt 21 zwischen beiden Seiten ausgetauschten Botschaften veröffentlicht. Premierminister Major, der Verbindungen zur IRA stets bestritten hatte, erklärt am 2.12. im Unterhaus, es wäre unverantwortlich gewesen, auf Signale der IRA nicht zu reagieren. Am 3.12. erörtert Major in Dublin mit dem irischen Premierminister Reynolds einen "Friedensplan" zur Beilegung der politischen und institutionellen Krise in Nordirland.
30.11.-1.12. - K S Z E. Die Außenminister der 52 Mitgliedstaaten der Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE) kommen in Rom zu einer Ratstagung zusammen. Im Mittelpunkt stehen die Bemühungen um ein verbessertes KSZE-Krisenmanagement. Der Ausschuß Hoher Beamter (AHB) erhält den Auftrag, bis März 1994 Einzelheiten auszuarbeiten.
2.12. - S a c h s e n - A n h a l t. Der Landtag wählt den bisherigen Vorsitzenden der CDU-Fraktion, Christoph Bergner, zum neuen Ministerpräsidenten. Bergner ist Nachfolger des am 28.11. mit seinem Kabinett zurückgetretenen Ministerpräsidenten Werner Münch (CDU; zum Amtsantritt vgl. "Blätter", 8/1991, S. 902). Münch und einigen weiteren Kabinettsmitgliedem aus dem Westen waren nach Feststellung des Landesrechnungshofes überhöhte Gehälter auf der Grundlage unzulässiger Berechnungen gezahlt worden. Bergner erhält bei seiner Wahl 60 von insgesamt 106 Stimmen.