Die "Bild" am 10. September, die Großbuchstaben schreien es in die Welt hinaus: "Sado-Maso Folter im TV. Tränen, Blut, Schreie". Sollte das Boulevardblatt neue Bilder aus dem Irak gefunden haben? Nein, es ging um die Sendung Big Brother vom Abend desselben Tages, die das "letzte Tabu" brechen würde. Also eingeschaltet, denn wir wollen natürlich wissen, warum sich "dieses Mädchen vor der TV-Kamera quälen lässt". Die Einschaltquoten dürften steil nach oben gegangen sein.
Die Antwort ist ziemlich einfach: Daniela, eine der Insassinnen von Big Brother 5, hatte sich ein Piercing gewünscht und erhalten. Und diesmal war die dreiste Lüge schon sprachlich offensichtlich. Denn "Folter" ist eine demütigende Gewaltanwendung, nicht selten mit Todesfolge. Ein Piercing aber ist, auch wenn es weh tut, ein freiwilliger Akt, über dessen Motive man spekulieren kann. "Bild" hat das Wort wahrscheinlich gewählt, weil es durch die US-Folterungen in Abu Ghraib aktuell ist, und der Artikel ist damit auch eine Verhöhnung dieser und aller Folteropfer.
Wir (und die meisten "Bild"-Leser) wissen, dass diese Zeitung lügt, verdreht, verhöhnt, in jeder Nummer Regeln des fairen Journalismus bricht. Und doch ist sie das wohl einflussreichste Presseorgan hierzulande.